Website-Icon News4teachers

Institut der deutschen Wirtschaft zeigt auf: Investitionen in Kinder rechnen sich für den Staat – durch spätere Steuereinnahmen

Anzeige

KÖLN. Ein Gutachten des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt auf, dass Investitionen in Kinder nicht nur sozial- und bildungspolitisch, sondern auch aus ökonomischer Sicht sinnvoll sind. Das im Auftrag des Deutschen Komitees für UNICEF erstellte Papier betont, dass entsprechende Ausgaben langfristig hohe fiskalische Erträge für den Staat generieren können und für die Zukunft Deutschlands von entscheidender Bedeutung sind. Die Stiftung „Kinder forschen“ fordert mit Blick darauf nun ein Startchancen-Programm auch für Kitas.

Investitionen sorgen für Entwicklung. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Das Gutachten des IW stellt die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung von Investitionen in die Entwicklung von Kindern in den Mittelpunkt. Es betont, dass Ausgaben in diesem Bereich nicht nur kurzfristige Vorteile bringen, sondern die langfristige Leistungsfähigkeit und Stabilität der Gesellschaft sichern können. Kinder sind demnach nicht nur zukünftige Erwerbstätige, sondern auch Träger von sozialen Werten und Normen, die die Gesellschaft nachhaltig prägen.

Das Gutachten hebt hervor, dass sich Investitionen in Kinder vor allem durch die Steigerung ihrer Produktivität im Erwachsenenalter rechnen. Diese erhöhte Produktivität führt zu höheren Steuereinnahmen und damit zu positiven Effekten für die öffentlichen Haushalte. Drei zentrale Bereiche stehen hierbei im Fokus: Bildung, Gesundheit und Sozialisation. „Bildung, also der Erwerb und Erhalt von Kompetenzen, Gesundheit im Sinne der physischen und psychischen Leistungsfähigkeit sowie Sozialisation, insbesondere durch den Erwerb von Werten wie Kollegialität und Durchhaltevermögen, sind entscheidend für die positive Entwicklung von Kindern“, so das Gutachten.

Anzeige

„Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gewinnen Investitionen in die Entwicklung von Kindern für die Entwicklung Deutschlands zunehmend an Bedeutung“

Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland in diesen Bereichen nur mittelmäßig ab. So liegt das Land laut der aktuellen PISA-Studie sowohl beim durchschnittlichen Leistungsniveau als auch bei den Anteilen der Risikogruppen mit besonders niedrigen Leistungen im Mittelfeld der OECD-Länder. Auch bei der Jugenddelinquenz und dem Anteil adipöser Heranwachsender, die als Indikatoren für Sozialisation und Gesundheit betrachtet werden, zeigt sich ein ähnliches Bild. Das Gutachten verweist dabei auf Länder wie Kanada und Dänemark, die dank eines starken Vorschulsystems und einer klassischen Ganztagsschule in der Förderung von Kindern erfolgreicher sind.

Ein zentraler Punkt des Gutachtens ist die kompensatorische Bildungsarbeit, insbesondere für Kinder aus bildungsfernen und fremdsprachigen Familien. Hier sieht das IW erheblichen Verbesserungsbedarf in Deutschland. „Schulen und Betreuungseinrichtungen können diese Aufgabe ohne zusätzliche personelle Ressourcen nicht sinnvoll leisten, wenn ein größerer Teil der Kinder betroffen ist“, heißt es in dem Bericht. Die Experten empfehlen daher, die Mittelvergabe an Schulen und Betreuungseinrichtungen stärker nach der Sozialstruktur der betreuten Kinder zu differenzieren. Auch ergänzende Zuschüsse für Einrichtungen mit einem hohen Anteil bildungsferner und fremdsprachiger Kinder seien sinnvoll.

Das Gutachten verweist in diesem Zusammenhang auf das Startchancen-Programm, das genau solche Förderungen vorsieht. Es zeigt, dass sich diese Investitionen langfristig auszahlen. Eine Modellrechnung des IW verdeutlicht, dass bereits eine nur teilweise Erreichung der Bildungsziele des Programms zu einem positiven gesamtfiskalischen Effekt von 56,3 Milliarden Euro führen würde – bei vorgesehenen Ausgaben von 20 Milliarden Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren. Sollte das Programm auf 40 Prozent der Schulen ausgeweitet werden, würde der Nettoeffekt sogar auf 102,4 Milliarden Euro steigen. „Eine Ausweitung des Startchancen-Programms auf mehr Kinder lohnt sich damit nicht nur sozial- oder bildungspolitisch, sondern auch aus ökonomischer und fiskalischer Sicht“, so das Fazit der IW-Experten.

Das Gutachten betont ausdrücklich, dass der verwendete Begriff der „Investitionen in Kinder“ nicht dazu dienen soll, Kinder zu einem Anlageobjekt zu machen. Vielmehr soll er unterstreichen, dass staatliche Ausgaben in diesem Bereich langfristig wirken und die Zukunft des Landes positiv beeinflussen können. „Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gewinnen Investitionen in die Entwicklung von Kindern für die langfristige wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung Deutschlands zunehmend an Bedeutung“, heißt es im Fazit des Gutachtens.

Gleichzeitig weist das IW darauf hin, dass die staatlichen Ausgaben für Schulen und Betreuungseinrichtungen in Deutschland im internationalen Vergleich nur mittelmäßig sind. Dies spiegele sich auch in den Ergebnissen der PISA-Studien wider, in denen deutsche Schülerinnen und Schüler ebenfalls nur mittelmäßige Leistungen erzielen. „Möchte man die Situation der Kinder in Deutschland nachhaltig verbessern, sollte man gezielt bei spezifischen Problemlagen ansetzen“, raten die Experten.

Besondere Aufmerksamkeit müsse dabei der kompensatorischen Bildungsarbeit für Kinder aus bildungsfernen und fremdsprachigen Elternhäusern zukommen. Diese Kinder benötigen laut dem Gutachten in vielen Fällen zusätzliche Unterstützung, die ohne zusätzliche Ressourcen nicht im regulären Schul- und Betreuungsalltag integriert werden kann. Das IW schlägt vor, die Zuweisung von Mitteln an Schulen und Betreuungseinrichtungen anhand eines Sozialindexes zu organisieren, der die Zahl der bildungsfernen und fremdsprachigen Kinder berücksichtigt und von den Bundesländern einheitlich erfasst werden sollte.

Das Gutachten schließt mit der Empfehlung, Investitionen in die Entwicklung von Kindern nicht ausschließlich auf den Bildungsbereich zu beschränken. Auch die gesundheitliche Entwicklung der Kinder, sowohl physisch als auch psychisch, sowie ihre Sozialisation seien für ihre langfristigen Perspektiven am Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft von großer Bedeutung. „Nur durch eine ganzheitliche Förderung können die langfristigen Chancen und Perspektiven der Kinder in Deutschland nachhaltig verbessert werden“, lautet das Fazit des IW.

„Kinder sind unsere Zukunft. Und weil wir in diesem Land eindeutig mehr Zukunft brauchen, sollten wir mehr in diese investieren“

Die Stiftung „Kinder forschen“, die sich für gute frühe Bildung in den MINT-Bereichen engagiert, begrüßt das Papier. „Die Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zu den positiven Effekten des Startchancen-Programms sind wichtig, denn sie geben uns allen Rückenwind, die seit Langem fordern, dass Bildung ganz oben auf der Prioritätenliste der Politik stehen muss. Sie bestätigen nochmals, was Expertinnen und Experten sagen: Investitionen in Bildung lohnen sich. Und es zeigt sich, dass im Bildungsbereich etwas bewegt werden kann, wenn viele gemeinsam an einem Strang ziehen“, sagt Vorstandsvorsitzender Tobias Ernst – und fordert ein Startchancen-Programm nun auch für Kitas.

Ernst: „Kinder sind unsere Zukunft. Und weil wir in diesem Land eindeutig mehr Zukunft brauchen, sollten wir mehr in diese investieren. Mit dem Startchancen-Programm werden benachteiligte Kinder bedarfsgerecht gefördert. Folgerichtig wäre es nun, dass wir das Gute und Wirksame noch besser machen und bereits in der Kita mit der bedarfsgerechten Förderung beginnen. Denn die Grundlage dafür, dass Kinder die Regelstandards in Mathematik und Deutsch in der Schule erreichen, werden schon in der Kita gelegt. Kitas mit einem hohen Anteil benachteiligter Kinder haben den gleichen Bedarf an zusätzlicher Unterstützung für gute Bildungsarbeit wie die Schulen vor Ort.“ News4teachers / mit Material der dpa

Hier geht es zum vollständigen Gutachten.

Deutschland: Bildungsausgaben stagnieren – auf relativ niedrigem Niveau

 

Anzeige
Die mobile Version verlassen