
Bis zum Herbst sollen alle Schulen in Nordrhein-Westfalen altersgerechte Regeln für die Handy-Nutzung verbindlich in ihre Schulordnung aufnehmen. Ein zu hoher Medienkonsum beeinträchtige die Konzentration im Unterricht und das soziale Miteinander in den Pausen, begründete Schulministerin Dorothee Feller (CDU) die Aufforderung.
Handy-Verbot an Grundschulen empfohlen
Für Grundschulen sowie Förderschulen der Primarstufe gibt das Schulministerium die Empfehlung, die private Nutzung von Handys und Smartwatches auf dem Schulgelände und im Gebäude grundsätzlich nicht zu erlauben. In Ausnahmefällen, etwa zur notwendigen Kommunikation mit Eltern oder aus medizinischen Gründen, sollen Sonderregelungen möglich bleiben.
Für die Jüngsten müsse Schule ein besonderer Schutzraum sein, in dem sie sich ohne Ablenkung auf das Lernen und das gemeinsame Miteinander konzentrieren könnten, unterstrich Feller in Düsseldorf. «Die Nutzung eines Handys zu privaten Zwecken ist dafür nicht erforderlich.»
Keine bundeseinheitlichen Standards
Bislang gestalten die rund 5.500 Schulen in NRW den Umgang mit Handys in eigener Verantwortung. Bei einer Bildungsministerkonferenz in Berlin hatten sich die Bundesländer in der vergangenen Woche nicht auf einheitliche Standards verständigt. Immer mehr Länder kündigten in den vergangenen Tagen aber eine restriktivere Gangart an.
Um die NRW-Schulen mit dem neuen verbindlichen Regelwerk zu unterstützen, werde das Ministerium erstmals eine exemplarische Handy-Ordnung und Leitlinien zur Verfügung stellen, teilte die Behörde mit. In den Abstimmungsprozess sollten alle am Schulleben Beteiligten einbezogen werden: neben Schülern, Lehrern, Eltern etwa auch Sozialarbeiter. «Die endgültige Entscheidung über die Schulordnung trifft die Schulkonferenz.»
Klare Regeln seien unter anderem zu folgenden Aspekten zu treffen:
- Handy-Nutzung im Schulgebäude, auf dem Schulhof, im Unterricht, in den Pausen und Freistunden
- Festlegung von Handy- und handyfreien Zonen
- Maßnahmen bei Regelverstößen
- Kommunikationswege mit den Eltern für Notfälle.
«Demokratie erlernt man nicht allein aus dem Schulbuch – sie muss gelebt werden», unterstrich Feller. «Wenn Schülerinnen und Schüler aktiv an der Gestaltung der Handyregeln mitwirken, lernen sie, unterschiedliche Perspektiven abzuwägen, Kompromisse zu finden und Verantwortung für gemeinsame Entscheidungen zu übernehmen.» Gleichzeitig setzten sie sich kritisch mit der eigenen Handy-Nutzung und ihrem Medienverhalten auseinander.
Unter Beobachtung: Ministerium behält sich Korrekturen vor
Das Schulministerium werde genau beobachten, wie die neuen Vorgaben umgesetzt würden, welche Wirkung sie entfalteten und ob nachgesteuert werden müsse, betonte Feller. «Klar ist für mich, dass wir das Thema nicht auf die lange Bank schieben dürfen. Deswegen handeln wir jetzt.»
«Es wäre hilfreicher gewesen, wenn das Land durch einen Erlass des Schulministeriums feste Regelungen getroffen hätte, die dann durch die Schulen bei Bedarf hätten angepasst werden können», monierte die schulpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Dilek Engin. Stattdessen müssten nun die Schulleitungen vor Ort in kleinteiliger Arbeit Konzepte erarbeiten und diese dann auf den unterschiedlichen Ebenen der Lehrkräftekonferenzen und Schüler- und Elternversammlungen diskutieren. So verschiebe die Ministerin Verantwortung.
«Wir begrüßen, dass das Schulministerium auf die Eigenverantwortung der Schulen setzt», erklärte hingegen Stefan Behlau, Vorsitzender des VBE NRW. «Allerdings halten wir es in Zeiten des massiven Personalmangels für nicht zielführend, Schulen mit unnötigem Zeitdruck zu belasten. Die Handlungsempfehlungen können Schulen dabei unterstützen, Lösungen zu entwickeln, die der Lebensrealität junger Menschen gerecht werden und gleichzeitig klare Regeln bieten. Medienkompetenz lässt sich nicht durch Verbote vermitteln, sondern durch konsequente, praxisnahe Bildung. Mit Blick auf die oftmals unzureichende technische Ausstattung wäre ein generelles Handyverbot ein Schritt in die falsche Richtung.»
Der VBE fordert, Schulen nicht nur pädagogisch, sondern auch mit ausreichender Ausstattung und professionellem technischen Support zu unterstützen, damit der verantwortungsvolle Umgang mit digitalen Medien nachhaltig gefördert werden könne.
Vorstöße aus Baden-Württemberg und Hessen hatten im Vorfeld der Bildungsministerkonferenz neue Bewegung in das Thema gebracht. Hessen will vom nächsten Schuljahr 2025/2026 an die private Nutzung von Handys in Schulen grundsätzlich verbieten. Auch Baden-Württemberg hat eine schulgesetzliche Regelung mit klaren Leitplanken für den Umgang mit Smartphones an Schulen angekündigt. Im Saarland wird ein Handy-Verbot an Grundschulen eingeführt. News4teachers / mit Material der dpa