BAYREUTH. Schülerinnen und Schülern nicht nur Wissen, sondern auch Haltung zu vermitteln – darum geht es Tina Bergen und Marc Brückner. Die beiden Lehrkräfte wurden in diesem Jahr mit dem Deutschen Lehrkräftepreis in der Kategorie „Unterricht innovativ“ ausgezeichnet. Anlass dafür: ihr fächerübergreifendes Projekt zur historischen und aktuellen Migrationspolitik. Im Interview erzählen sie, warum sie das Thema Einwanderung für so zentral halten, warum aus Ihrer Sicht klassische Prüfungsformate für nachhaltiges Lernen oft wenig taugen – und wieso sie selbst Lehrkräfte geworden sind.

News4teachers: Warum ist es Ihnen wichtig, dass Schülerinnen und Schüler Verständnis für Migration entwickeln?
Tina Bergen: Wir kommen an dem Thema gar nicht mehr vorbei. Migration ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig, und davor die Augen zu verschließen, halte ich für ziemlich weltfremd. Es gibt Migrationsbewegungen aufgrund von Konfessionen, Krieg oder schlechten Arbeitsbedingungen. Wir sind in Deutschland auch auf Migrant*innen angewiesen. Am Ende hat das Ganze auch mit Menschlichkeit und Nächstenliebe zu tun, dass wir selbstverständlich Asylsuchende aufnehmen, wenn sie aus Kriegsgebieten kommen.
Die Kinder und Jugendlichen sind damit konfrontiert: Sie erleben den Ukrainekrieg hautnah, und auch der Nahostkonflikt, der erneut aufgeflammt ist, ist ihnen sehr präsent. Deshalb müssen wir sie dafür sensibilisieren und unbedingt dieses Narrativ beenden, dass Migrant*innen Schmarotzer seien, die nach Deutschland kommen, um Geld abzugreifen.
Die Schüler*innen müssen sich mit Migrationsbewegungen so auseinandersetzen, dass sie auch die Persönlichkeiten dahinter wahrnehmen. Ich glaube, nur so funktioniert eine gemeinschaftliche Demokratie – indem wir erkennen, dass wir uns als Menschen gegenseitig helfen, unterstützen und gemeinsam das Beste erreichen wollen.
Marc Brückner: Genau das verhindert dieses Schubladendenken. Einfach mal aufbrechen, dieses Denken in Schwarz-Weiß: Jeder Migrant will nur unser Geld, will unser Sozialsystem ausnutzen und bringt selbst nichts ein. Das ist einfach falsch. Unsere Schüler*innen können jetzt auch mit aktuellen Gegebenheiten wie dem Familiennachzug umgehen: Was bedeutet es, wenn eine Regierung sagt: Wir wollen keinen Familiennachzug mehr? Welche Auswirkungen hat das auf die Menschen, die jetzt kommen? Durch diese praktischen Beispiele fangen die Jugendlichen an, darüber nachzudenken, welche Konsequenzen neue Gesetze oder Forderungen zum Thema tatsächlich haben. Das hätten sie vorher nie verstanden, weil alle ihre Familien hier in Deutschland leben.
Die Bewerbungsphase für den „Deutschen Lehrkräftepreis – Unterricht innovativ“ 2025 läuft. Machen Sie mit! Empfehlen Sie (als ehemaliger Schüler bzw. ehemalige Schülerin) Ihre frühere Lehrkraft! Würdigen Sie (als Kollegium) Ihre tolle Schulleitung! Oder bewerben Sie sich (als Lehrkräfte-Team) mit Ihrem innovativen Unterrichtskonzept!
Gesucht werden engagierte Lehrkräfte, Lehrkräfte-Teams und vorbildliche Schulleitungen aller deutschen Schulformen (auch im Ausland). Schülerinnen und Schüler der Abschlussjahrgänge 2024/2025, Lehrkräfte-Teams und Kollegien können ihre Vorschläge bzw. Bewerbungen unter www.lehrkraeftepreis.de bis zum 30.6.2025 einreichen.
Über die Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträger des „Deutschen Lehrkräftepreises – Unterricht innovativ“ entscheidet nach einer intensiven Gutachterphase eine hochkarätig besetzte Jury unter Vorsitz von Prof. Dr. David-S. Di Fuccia (Universität Kassel). Die Träger des Wettbewerbs, der Deutsche Philologenverband und die Heraeus Bildungsstiftung, wollen mit der Auszeichnung die Leistungen von Lehrkräften und Schulleitungen würdigen und in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung rücken.
News4teachers: Wie ist die Idee zum Projekt „Einwanderungsland Deutschland?! Historische Migrationsbewegungen und deren Folgen für die aktuelle Bevölkerung sowie die Zukunft der EU“ entstanden?
Tina Bergen: Ich war im Arbeitskreis für Schulentwicklung dabei, und wir haben dort diskutiert, dass wir in der Mittelstufe die Schülerinnen und Schüler möglicherweise etwas zu stark fordern. Wenn wir verlangen, dass sie sich im schlimmsten Fall für den nächsten Tag auf sechs Einzelfächer vorbereiten müssen, wird das schnell zu viel. Aus dieser Diskussion heraus entstand die Idee, mehr Doppelstunden einzuführen. Daraus entwickelte sich der Gedanke, wie schön es doch wäre, wenn sich Schülerinnen und Schüler über mehrere Stunden hinweg mit einem Thema beschäftigen dürften und dieses aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Mit diesem Ideenpool im Kopf bin ich ins Lehrerzimmer gegangen und habe mich neben Marc Brückner gesetzt.
Marc Brückner: Dann haben wir geschaut, wo wir im Lehrplan Inhalte finden, über die sich unsere beiden Fächer sinnvoll verknüpfen lassen. Wir hatten zuvor schon eine doppelstündige fächerübergreifende Sequenz gemacht. Dabei haben wir gemerkt, wie sehr es den Kindern hilft, wenn sie ein Thema aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Tina Bergen hatte in der 11. Klasse das Thema Migrationsbewegungen, und ich hatte im Lehrplan in meiner 11. Klasse ebenfalls Inhalte zur Lebensgestaltung innerhalb der Europäischen Union mit Blick auf aktuelle Entwicklungen.
Es war für die Jugendlichen ein guter Ansatz, sich einmal in die Perspektive eines Migranten hineinzuversetzen, weil sie oft gar keine Vorstellung davon haben: Wo kommt jemand an, welche Wege kann er finden, wie ist es überhaupt, in einem neuen Land Fuß zu fassen?
Und welche äußeren Einflüsse wirken dabei mit? Wenn gewisse Parteien – ob in Deutschland, Italien oder Frankreich – sehr einseitige Haltungen gegenüber Ausländer*innen vertreten, betrifft das jeden Migranten. Unser Gedanke war es von historischen Migrationsbewegungen ausgehend, die Gegenwart zu beleuchten und dann den Ausblick in die Zukunft zu gestalten.
News4teachers: Gab es eventuelle Bedenken seitens Ihrer Schule oder Hürden bei der Umsetzung, die überwunden werden mussten?
Tina Bergen: Da die Projektidee aus dem Arbeitskreis entstand, in dem ich mitgewirkt habe, erhielten wir dafür insgesamt eine sehr positive Rückendeckung. Wir durften uns ausprobieren und das Halbjahr so gestalten, wie wir es für richtig hielten. Gerade in Bezug auf die Prüfungsformate hat das zu vielen Diskussionen geführt, weil wir von der klassischen Ex abgewichen sind und auch gemeinsame Noten vergeben haben. Unsere Stunden wurden direkt hintereinandergelegt, sodass die Jugendlichen montags unseren fächerübergreifenden Unterricht am Stück hatten.
Marc Brückner: Uns wurde im Vorfeld signalisiert, dass wir volle Rückendeckung von der Schulleitung bekommen, auch wenn die Noten am Ende nicht so ausfallen würden, wie es sich die Kinder oder ihre Eltern gewünscht hätten. Nach dieser Unterrichtssequenz wussten alle sehr genau, was sie geleistet hatten – oder eben auch nicht. Es war insgesamt deutlich entspannter als bei einer Schulaufgabe oder Ex, bei der oft über jeden halben Punkt diskutiert wird. Das war bei uns nicht der Fall. Wir haben den Arbeitsprozess der Schülerinnen und Schüler kontinuierlich mitreflektiert. Durch sogenannte Meilensteine haben wir regelmäßig überprüft, wie der Arbeitsprozess verläuft, und konnten sehr konkrete Rückmeldungen geben. Dadurch haben die Schülerinnen und Schüler auch schnell erkannt, ob sie mehr arbeiten mussten oder ob sie schlichtweg zu wenig eingebracht haben.
„Sich drei Stunden lang mit einem Problem auseinanderzusetzen und es zu lösen, ist ein ganz anderer Arbeitsaufwand, als sich ein- oder zweimal im Halbjahr eine Stunde lang auf eine Ex vorzubereiten“
News4teachers: Wie ist das zehnwöchige Projekt bei der Schülerschaft angekommen?
Tina Bergen: Wir haben natürlich die starken Schüler*innen, die in klassischen Exen und Abfragen regelmäßig ihre Einsen bekommen. Diese reflektierten Jugendlichen haben aber durchaus festgestellt, dass die Arbeit im Projekt sehr anstrengend war. Sich drei Stunden lang mit einem Problem auseinanderzusetzen und es zu lösen, ist ein ganz anderer Arbeitsaufwand, als sich ein- oder zweimal im Halbjahr eine Stunde lang auf eine Ex vorzubereiten. Allerdings haben die Jugendlichen uns auch die Rückmeldung gegeben, dass sie sich jetzt fit und sicher in ihrem Wissensbereich fühlen. Sie waren der Meinung, dass sie die erarbeiteten Kompetenzen wie etwa das Analysieren von Quellen oder das Lesen von Rechtsparagrafen, auch auf andere Migrationsbewegungen anwenden könnten. Natürlich gab es auch schwächere Schüler*innen, die sich in diesem Projekt eher zurückgelehnt haben. Diese haben dann auch entsprechend schlechtere Noten erhalten. Trotzdem fanden sie das Projekt als solches toll.
Marc Brückner: Diese Schüler*innen sind es normalerweise gewohnt, 45 Minuten lang von einer Lehrkraft durch Gruppen- oder Einzelarbeit „bespaßt“ zu werden. Aber dieses Projekt war etwas ganz anderes: ein sehr langer Zeitraum und ein großes Vorhaben. Da konnte man sich in der Gruppe nicht zurückziehen. Außerdem haben sich die Gruppenmitglieder gegenseitig bewertet. Die Schülerinnen und Schüler konnten auch Noten für die anderen aus ihrer Gruppe vergeben.
News4teachers: Was denken Sie, welche Erkenntnisse haben die Schüler*innen aus der Unterrichtseinheit gezogen?
Marc Brückner: Die Schüler*innen können historische Migrationsbewegungen nun auf aktuelle Migrationsbewegungen übertragen. Wenn man zum Beispiel auf die Flüchtlinge aus der Ukraine schaut, können sie das jetzt viel besser einordnen als vorher. Selbst unsere besonders leistungsstarken Schülerinnen und Schüler haben da noch einen deutlichen Wissenszuwachs erlebt.
Das ist allerdings nur der fachliche Aspekt. Den größten Zugewinn hatten die Schülerinnen und Schüler im Bereich der Zusammenarbeit in Gruppen. Dazu gehört beispielsweise das gemeinsame Arbeiten, das Lösen von Konflikten, das Sich-Abstimmen, das Konfrontiertwerden mit anderen Meinungen, das Vertreten der eigenen Haltung, aber auch das Eingestehen von Fehlern. Das sind genau die Dinge, die Schüler*innen langfristig im Berufsleben brauchen.
Tina Bergen: Neben der Vorbereitung auf das Berufsleben konnten wir auch einen starken Bezug zur aktuellen Lebensrealität der Jugendlichen herstellen. Wir hoffen, dass die Schülerinnen und Schüler aus dem Unterricht gegangen sind und sich jetzt tatsächlich mit Politik auseinandersetzen. Was bedeutet Migrationspolitik? Welche Folgen hat sie? Welche Parolen werden politisch geschwungen, die aber gar nicht haltbar sind – etwa in Bezug auf den Fachkräftemangel? All diese Fragen haben die Schülerinnen und Schüler im Projekt reflektiert. Oft kamen sie zu dem Schluss, dass unsere Gesellschaft auf Migrant*innen angewiesen ist. Und dass Parteien, die lautstark propagieren, man wolle keine Migrant*innen im Land, letztlich Positionen vertreten, die in der Realität kaum umsetzbar sind.
„Wissensvermittlung hat nichts damit zu tun, ob es sich um Geschichte, Wirtschaft, Sport oder Deutsch handelt, sondern es geht darum, Wissen zu verknüpfen“
News4teachers: Weshalb war Ihnen die fächerübergreifende Realisierung des Projektes wichtig? Wo sehen Sie die thematischen Schnittstellen?
Tina Bergen: Meine Migrationsbewegungen enden nun mal historisch. Wenn ich mich an die klassische Struktur von 45 Minuten halte, bleibt am Ende vielleicht noch Zeit für fünf Minuten, um zu fragen, wie das heute aussieht. Dieses vertiefte Verständnis hätte ich im Fach Geschichte alleine nicht erreichen können. Dafür brauchte ich Marc Brückner als Fachmann im Bereich Wirtschaft. So konnten wir im gemeinsamen Unterricht der Frage nachgehen, wie sich die Wirtschaft durch Migrationsbewegungen verändert.
Marc Brückner: Wenn die Kinder und Jugendlichen immer nur ihr eigenes Leben innerhalb der Europäischen Union reflektieren, ist das relativ starr vorgegeben. Sie haben kaum Vergleichsbeispiele außer sich selbst. Wenn man sich aber mit echten oder fiktiven Personen auseinandersetzen muss, die nach Deutschland gekommen sind, hier leben und in die Europäische Union eingegliedert wurden, dann erweitert sich das Wissensspektrum deutlich.
Das Fächerübergreifende halten wir generell in vielen Fächern für sinnvoller, weil Kinder und Jugendliche immer nur in Schachteln denken. Wissensvermittlung hat nichts damit zu tun, ob es sich um Geschichte, Wirtschaft, Sport oder Deutsch handelt, sondern es geht darum, Wissen zu verknüpfen. Wir haben in den ersten Stunden – als wir noch getrennt unterrichteten, aber unsere Stunden thematisch und methodisch abgestimmt waren – zum Beispiel in Stunde 1 mit einer historischen Karte gearbeitet. Exakt diese Karte wurde dann in Stunde 2 in Wirtschaft und Recht erneut verwendet, um damit den Protektionismus zu thematisieren. Ein Großteil der Schüler*innen hat gar nicht wahrgenommen, dass sie diese Karte schon einmal gesehen hatten. Das zeigt zwei Dinge: Zum einen schließen sie gedanklich mit einem Fach ab, wenn der Gong ertönt und der Lehrerwechsel stattfindet. Zum anderen nehmen sie aus einer normalen Unterrichtsstunde extrem wenig mit.
News4teachers: Wird aus Ihrer Sicht das Thema Zu- und Abwanderung sowie dessen Folgen für die Gesellschaft an deutschen Schulen zu wenig behandelt? Was könnten aus Ihrer Sicht Gründe dafür sein und wie kann Abhilfe geschaffen werden?
Marc Brückner: Wir wurden im Rahmen des Deutschen Lehrkräftepreises von Schülervertreter*innen aus anderen Bundesländern angesprochen. Dabei ist mir aufgefallen, dass Migration in sehr vielen Lehrplänen in unterschiedlichen Fächern vorkommt. Die Frage ist nur: Wie kann man es am besten und am geschicktesten umsetzen?
Wenn ich mir den Fall von Tina Bergen anschaue, die in der 11. Klasse nur einstündig unterrichtet und dort Migration thematisiert, glaube ich nicht, dass aufgrund der Einstündigkeit viel bei den Schüler*innen hängen bleibt. Aber wenn man das Thema mit etwas anderem verknüpft, kann man deutlich mehr herausholen und es für die Schülerschaft gewinnbringender gestalten.
News4teachers: Aus welcher Motivation heraus sind Sie Lehrkräfte geworden?
Tina Bergen: Ich habe nicht den klassischen Weg zum Abitur genommen, sondern den zweiten Bildungsweg eingeschlagen. Dabei hatte ich das Glück, auf großartige Lehrkräfte zu treffen. In diesem Zusammenhang wuchs in mir der Wunsch, selbst diese Nähe und Begeisterung für bestimmte Fächer bei Schülerinnen und Schülern wecken zu können. Das war letztlich meine Grundmotivation: Ich wollte es genauso gut machen wie die Lehrerinnen und Lehrer, die für mich echte Vorbilder waren.
Marc Brückner: Ich war ein extrem schlechter Schüler, hatte vor allem Angst vor dem Unterricht und auch vor vielen Lehrkräften. Da ich grundsätzlich aber gerne unterrichte und anderen etwas beibringe, habe ich beschlossen, selbst Lehrer zu werden. Ich wollte versuchen, das System zu verändern und zu verbessern, damit Schülerinnen und Schüler weniger Angst und mehr Freude am Unterricht haben.
News4teachers: Warum haben Sie sich für Geschichte und Deutsch bzw. Wirtschaft und Recht als Unterrichtsfächer entschieden?
Tina Bergen: Geschichte hatte für mich immer einen starken Bezug zur Gegenwart. Wenn wir die Geschichte nicht verstehen, können wir auch die Gegenwart nicht begreifen. Schon damals als Schülerin hatte ich mich für den Leistungskurs Geschichte entschieden. Ich habe große Freude an diesem Fach – ich erzähle auch gerne Geschichten. Daher bin ich überzeugt, dass Schülerinnen und Schüler Geschichte verstehen müssen, um sich in ihrer Lebenswelt zurechtzufinden. Eine große Freude macht mir im Fach Deutsch besonders der Literaturunterricht.
Marc Brückner: Ich habe Sport und Wirtschaft studiert. Sport mochte ich schon immer und war auch gut darin. Daher war für mich schnell klar, dass ich dieses Fach unterrichten möchte. Wirtschaft war in der Schule für mich das interessanteste Fach, weil es den größten Lebensbezug hatte. Ich konnte viele Dinge aus dem Alltag im Unterricht wiedererkennen, und das hat mich als Jugendlicher bzw. junger Erwachsener sehr angesprochen.
News4teachers: Was bedeutet es für Sie beide, dass Sie in diesem Jahr mit dem Deutschen Lehrkräftepreis in der Kategorie „Unterricht innovativ“ ausgezeichnet wurden?
Marc Brückner: Was für den Fußballer der Ballon d’Or ist oder für Schauspieler der Oscar, ist für Lehrer der Deutsche Lehrkräftepreis. Aus meiner Sicht ist das die höchste Auszeichnung, die man bekommen kann.
News4teachers: Welche Chancen für Ihre zukünftige Arbeit erhoffen Sie sich durch den Preis?
Marc Brückner: Ich glaube nicht, dass sich an meiner Motivation für guten Unterricht etwas ändern wird. Ich kann die Materialien, die ich zusammen mit Tina Bergen erarbeitet habe, auch für andere Unterrichtseinheiten verwenden. Ich freue mich einfach über die Wertschätzung meiner Arbeit durch den Preis.
Tina Bergen: Schule funktioniert allzu oft in vorgegebenen Strukturen und dieser fachübergreifende Unterricht klappt nur, wenn sich die Kolleg*innen untereinander gut verstehen. Uns beide verbindet die gleiche Intention, für die Schüler*innen etwas verändern zu wollen. Wir würden uns wünschen, dass es mehr fächerübergreifenden Unterricht und neue Prüfungsformate gibt. Außerdem wäre es schön, wenn wieder mehr auf das einzelne Kind geachtet würde und nicht nur darauf, den Kindern und Jugendlichen nach Lehrplan Wissen einzutrichtern. Nina Odenius, Agentur für Bildungsjournalismus, führte das Interview.
Das Projekt „Einwanderungsland Deutschland?! Historische Migrationsbewegungen und deren Folgen für die aktuelle Bevölkerung sowie die Zukunft der EU“ führten Tina Bergen und Marc Brückner fächerübergreifend mit zwei Klassen aus der Jahrgangsstufe elf am Gymnasium Christian-Ernestinum Bayreuth durch. Die Unterrichtseinheit in den Fächern Geschichte und Wirtschaft/Recht erstreckte sich über einen Zeitraum von zehn Wochen und umfasste mehrere Etappen – angefangen von der Planung und Einführung, über die Vermittlung fachlicher Grundlagen bis zur Präsentation der Schülerprodukte sowie der Projektevaluation durch die Schülerinnen und Schüler.
Ziel der Unterrichtseinheit war die Untersuchung historischer Migrationsbewegungen und deren Folgen für die aktuelle Bevölkerung und die Zukunft der EU. Auch aktuelle Ereignisse wie der Nahostkonflikt oder der Krieg in der Ukraine wurden thematisiert. Als Prüfungsform konnten die Schüler*innen frei zwischen einem Zeitzeugeninterview als Podcast, der Erstellung eines Brettspiels oder der Produktion eines Hörspiels wählen. Außerdem war eine Präsentation von maximal 2:30 Minuten Bestandteil des Leistungsnachweises jeder Schülergruppe. Weitere Infos zum Projekt gibt es hier.
Oh, ein Interview mit normalen Lehrern an einer normalen Schule! Cool!
(Ja, OK, Lehrerpreisträger, aber lassen wir mal gelten.)
Und wenn dann irgendwann auch mal so ein Interview käme, bei dem ich nicht denke: Komisch, die große Mehrheit der Kollegen sieht das aber ganz anders… das wäre natürlich ein Träumchen.
Ich drücke die Daumen.
Ja, so dachte ich auch beim Lesen und drücke fest die Daumen mit.
Mich erinnern solche Interviews immer an einen Besuch eines Politikers in der Schule. Da putzt sich die Bude besonders auf Hochglanz und natürlich wird die politische Prominenz nicht in die Klasse mit all den schwerwiegenden Fällen gesetzt. Da schaut man nach den nettesten und mustergültigsten Schülern.
Ich hab noch keine Schule erlebt, die nicht den Allerwertesten des Bürgermeisters gepudert hätte.
Das dem Lehrkräftepreis zugrunde liegende Unterrichtskonzept wurde von Schulpraktiker*innen begutachtet und anschließend von einer Jury gekürt.
Es ist ziemlich schäbig, die beiden Lehrkräfte in einem anonymen Forum ohne den leisesten Anhaltspunkt für Kritik öffentlich herabzuwürdigen.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Oh, das genaue Gegenteil ist der Fall. Ich würdige alle Lehrkräfte da draußen, die sich täglich abmühen und den Spagat schaffen, zwischen allen Schülerniveaus und bildungspolitischen Irrwegen die besten Möglichkeiten rauszuholen. Das bezieht die beiden Preisträger natürlich mit ein.
Ich bin im Thema “Lehrkräftepreis” nicht so drin, aber die meisten Preise scheinen an Leute zu gehen, die ein weniger schwieriges Schülerklientel haben. In der Oberstufe lässt es sich nunmal anders arbeiten als an einer Grundschule, wo die Lehrkraft vom Förderschüler bis zum Gymnasiasten alles abbilden muss und die Basiskompetenzen legt.
Krass, dass Kooperation, Kommunikation und Kollaboration offensichtlich die Ausnahme ist!
Ich wünsche mir solche Lehrkräfte für meine Kinder!!!