„Geistige Verzwergung“: Massive Kritik aus Deutschland an Trumps Attacke auf Harvard

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WASHINGTON. Eine Bundesrichterin hat dem Vorhaben der Regierung von US-Präsident Trump, ausländische Studierende von der Eliteuniversität Harvard auszuschließen, vorerst einen Riegel vorgeschoben. Eine von der Richterin verhängte vorläufige einstweilige Verfügung hindert die Regierung daran, der Universität zu verbieten, weiterhin über ein spezielles Bundesprogramm Studierende aus dem Ausland aufzunehmen. Die Empörung über das Vorgehen der US-Regierung ist gleichwohl groß.

Vergeltungsaktion: US-Präsident Donald Trump. Foto: Shutterstock / Joshua Sukoff

Die Universität hatte nur wenige Stunden vor der Entscheidung der Richterin Klage gegen den Schritt der US-Regierung vor einem Bundesgericht eingereicht. Darin warf sie der Regierung von US-Präsident Donald Trump vor, die Hochschule mit einer rechtswidrigen Vergeltungsmaßnahme unter Druck setzen zu wollen. Richterin Allison D. Burroughs kam zu dem Schluss, dass die Eliteuniversität nachgewiesen habe, dass die Anordnung der Regierung einen «unmittelbaren und irreparablen Schaden» für Harvard bedeute. Burroughs hatte nach der Einreichung der Klage sofort eine Anhörung angeordnet.

Die Entscheidung der Richterin dürfte allerdings nur der erste Schritt in einem langen Rechtsstreit sein. Es handelt sich hierbei nicht um ein finales Urteil. Ob sich die Trump-Regierung an die Anordnung hält, gilt nicht nur deshalb als ungewiss. «In anderen Fällen hatte sich die Regierung über Gerichtsentscheidungen hinweggesetzt, selbst über solche des Obersten US-Gerichts. Rechtsexperten warnen deshalb vor einer Aushöhlung der Gewaltenteilung und einer Verfassungskrise in den USA», so schreibt etwa der «Spiegel».

International stößt das Vorgehen der US-Regierung auf scharfe Kritik – auch in Deutschland.  Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Walter Rosenthal, warf den USA einen «massiven Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit» vor. Das Vorgehen der US-Regierung sei «sehr besorgniserregend«, sagte Rosenthal der Nachrichtenagentur AFP. «Der freie Zugang zu akademischen Institutionen ist Kern des Selbstverständnisses wissenschaftlicher Einrichtungen.»

«Ich hoffe sehr, dass die US-Regierung diese Entscheidung auch wieder rückgängig machen wird, weil sie wirklich fatal ist»

Bundesforschungsministerin Dorothee Bär (CSU) nannte die Entscheidung aus Washington fatal. «Das ist vor allem für die junge Generation eine ganz dramatische Entwicklung», sagte Bär in Brüssel am Rande einer Sitzung der EU-Forschungsminister. «Ich hoffe sehr, dass die US-Regierung diese Entscheidung auch wieder rückgängig machen wird, weil sie wirklich fatal ist.» Man sei in Europa jetzt langsam der alleinige Hotspot der Wissenschaftsfreiheit.

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer sprach von einem «schweren Schlag» und erklärte: «Der uneingeschränkte internationale Austausch gehört zum Wesenskern der Kunstfreiheit und des Fortschritts in Kunst und Kultur. Ohne ihn droht eine geistige Verzwergung, die uns alle ärmer macht.» Die Bundesregierung setze weiter auf Austausch und Diskurs.

Das Auswärtige Amt in Berlin kündigte Gespräche mit den USA darüber an, welche Auswirkungen die angekündigte Abweisung von Ausländern an der Universität auf deutsche Studierende haben werde. Man nehme das als dringende Angelegenheit wahr und werde die Erwartung zum Ausdruck bringen, dass deren Belange und Interessen angemessen berücksichtigt würden, sagte ein Sprecher. In Harvard ist demnach eine dreistellige Anzahl Deutscher eingeschrieben, genauere Zahlen nannte der Sprecher nicht. Zwischen 8.000 und 9.000 Deutsche studieren einer Übersicht des Statistischen Bundesamts zufolge jedes Jahr insgesamt in den USA.

Das US-Heimatschutzministerium hatte am Donnerstag angekündigt, Harvard die Genehmigung für die Aufnahme ausländischer Studierender zu entziehen. Ausländer, die dort eingeschrieben sind, müssten an eine andere Universität wechseln oder verlören ihren Aufenthaltsstatus (News4tachers berichtete). Nach Angaben von Harvard sind an der Universität in Cambridge an der US-Ostküste aktuell rund 6.800 Menschen aus anderen Ländern eingeschrieben.

Der Schritt der US-Regierung hat eine längere Vorgeschichte und ist Teil eines anhaltenden Konflikts zwischen verschiedenen Universitäten und der Regierung von Präsident Donald Trump. Diese begründet ihr Vorgehen mit propalästinensischen Protesten an den Hochschulen. Harvard geht laut Heimatschutzministerium nicht entschieden genug gegen Antisemitismus auf dem Campus vor. Tatsächlich dürfte die Regierung die Proteste gegen Israels Vorgehen im Gaza-Streifen lediglich als Vorwand nutzen, um politisch unliebsame Institutionen unter Druck zu setzen. Insbesondere als links geltende Universitäten geraten zunehmend ins Visier geraten – etwa wegen Programmen zur Förderung von Vielfalt und Chancengleichheit, die auf den Abbau historischer Benachteiligung von Schwarzen, Frauen und anderen marginalisierten Gruppen abzielen.

«Wir wollen jetzt kämpfen um die internationalen Talente, die nach anderen Standorten suchen als etwa in den USA»

Der Schritt der US-Regierung gegen die weltweit renommierte Universität löste bei Ex-Gesundheitsminister, Harvard-Absolvent und -Gastdozent Karl Lauterbach Kopfschütteln aus. Er sagte der «Rheinischen Post», die Angriffe der Trump-Regierung seien «forschungspolitischer Suizid».  «Wenn ausgerechnet die wichtigsten und leistungsstärksten Universitäten absichtlich geschwächt werden, legt man die Axt an bei einem der bedeutendsten Pfeiler für die amerikanische Wirtschaft», fügte der SPD-Politiker hinzu.

Unzählige Unternehmen in den USA profitierten von dem Wissen, das Harvard-Absolventen mitbrächten. «Viele ausländische Harvard-Absolventen bleiben ja in den USA nach dem Studium», sagte Lauterbach, der seit dieser Woche den Forschungsausschuss des Bundestages leitet.

Vor dem Hintergrund der Ereignisse wird in Deutschland nun verstärkt über die mögliche Anwerbung ausländischer Nachwuchswissenschaftler diskutiert. Die Regierungspartner Union und SPD hatten schon in ihrem Koalitionsvertrag ein «1.000-Köpfe Programm» zur Gewinnung internationaler Talente vereinbart. Darauf verwies Forschungsministerin Bär.

Für Studierende und Forschende aus dem Ausland müssten Deutschland und Europa «ein sicherer Hafen» sein, sagte die CSU-Politikerin. Auch die EU-Kommission plant ein 500-Millionen-Euro-Paket, das unter anderem Stipendien für Spitzenforscher finanzieren soll. Zwar könne man vielleicht nicht «eins zu eins» Gehälter wie in den USA bieten. Dafür sei das Leben in Deutschland deutlich günstiger – und dass Forschende hier frei forschen und lehren könnten, sei «unbezahlbar», sagte Bär.

Der CDU-Forschungs- und Digitalpolitiker Thomas Jarzombek – inzwischen Staatssekretär im neuen Bundesdigitalministerium – sagte, gerade im Bereich Künstliche Intelligenz und Digitalisierung böten deutsche Hochschulen und außeruniversitäre Einrichtungen Top-Bedingungen. «Wir wollen jetzt kämpfen um die internationalen Talente, die nach anderen Standorten suchen als etwa in den USA.»

Die für das Thema zuständige stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Misbah Khan, forderte von der Bundesregierung ein «ambitioniertes Anwerbeprogramm». «Deutschland hat jetzt die Aufgabe, mit seinen starken und freien Hochschulen den Wegfall der USA als Bildungsstandort zu kompensieren», sagte sie. News4teachers / mit Material der dpa

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Rainer Zufall
4 Monate zuvor

Trump bekämpft derzeit die NGO für Frieden (ich meine von Reagan eingeführt?) und plant, jährlich 300 000 Kinder unbehandelt krepieren zu lassen.

Ja, Daumendrück für Harvard, aber ich mache mir derzeit weniger Sorgen um die Menschen dort, die sich die Studiengebühren leisten können 🙁

AvL
4 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Es geht um die Verteidigung der Freiheit des Einzelnen in einem wunderbaren Land der Freiheit. Widerstand gegen Trump: Harvard-Präsident Alan Garber ist ein Vorbild

AvL
4 Monate zuvor

Es ist unglaublich, mit wieviel negativer Energie dieser geistige Zwerg zu Werke geht,
um seinen Feldzug gegen die freie, internationale Wissenschaft fortzuführen, und seine
Intoleranz gegen anders Denkende auszuleben pflegt.
Der Schaden , den er den USA zufügt ist unermesslich, das Vertrauen gegenüber anderen Universitäten wird ebenso von dieser willkürlichen Einstellung untergraben werden.
Harvard vs. Trump: Was ausländische Studierende sagen – ZDFheute
Uni klagt: Scharfe Kritik an Trumps Harvard-Attacke – news.ORF.at
Trump-Administration verbietet Harvard die Aufnahme von Ausländern | Euronews

AvL
4 Monate zuvor

Die Trump-Administration zeigt immer wieder, wie auch hier gegen die Universität Harvard, dass diese Administration bewusst sich gegen woke Frauen, Farbige, Quere und Homosexuelle richtet.
So wurde im Februar 2025 der schwarze Generalstabschef Charles Q. Brown entlassen. Zudem entließ Verteidigungsminister Pete Hegsheth die Marine-Oberbefehlshaberin Lisa Franchetti, welche die erste Frau auf diesem Posten war.
Trump nannte keine Gründe für die Entlassung Browns, der erst seit Oktober 2023 im Amt war und dessen reguläre Amtszeit vier Jahre betragen hätte. Hegseth hatte im November für den Rauswurf Browns plädiert. Er begründete dies mit den sogenannten DEI-Programmen in der Armee, mit denen Angehörige von Minderheiten sowie Frauen gefördert und geschützt werden. “Jeder, der an diesem DEI-woken-Scheiß beteiligt ist, muss gehen”, sagte Hegseth damals. Im Januar sagte er dann aber, dass er sich als Pentagonchef darauf freue, mit Brown zusammenzuarbeiten.
Führungsaustausch in US-Armee: Trump entlässt Generalstabschef Brown | STERN.de
JD Vance hat im März 2025 die Chefin der US-Militärbasis Colonel Susannah Meyers ihres Kommandos auf der Pituffik Space Base enthoben.
Nach Vance-Besuch: Pentagon feuert Kommandantin von Grönland-Basis

AvL
4 Monate zuvor

Mich würde einmal interessieren, was Trump und sein Anhang von schwulen Tieren halten. Die sind nachweislich vorhanden, und deren Verhalten hat es wohl schon immer gegeben. Homosexualität im Tierreich – [GEO]

AvL
4 Monate zuvor
Antwortet  AvL

Ich frage einmal naiv nach. Werden schwule und andersfarbige Kamele, Elefanten etc. auch in andere Staaten abgeschoben ?

Ureinwohner Nordost
4 Monate zuvor
Antwortet  AvL

Es ist ein kleiner aber feiner Unterschied ob ich seit Jahrzehnten homosexuelle Stockentenpaare beobachte oder in der Staatsführung bei menschengemachten Einheiten.
Dass es Homosexualität im Tierreich gibt… kein Zweifel. (Ob ererbt oder erworben? egal) Die sind nicht am Fortpflanzungsgeschehen beteiligt und stören deshalb nicht in der Evolution.

AvL
4 Monate zuvor

Solange mich andere Mitmenschen nicht in meinen Freiheitsräumen einschränken, solange sollte ich deren Eigenarten tolerieren. Der alte Fritz, Friedrich der Große, König in Preußen, war toleranter als manch ein heutiger Mitmensch sich gegenüber anderen verhält. Niemals hätte dieser die freien Wissenschaften behindert oder in ihrer Entwicklung beeinträchtigt.

AvL
4 Monate zuvor

Ihre Aussage “Homosexuell veranlagt zu sein, stört die Evolution ” ist
haltlos, da es auch in der Tierwelt weit verbreitet ist, siehe obige Quelle, denn diese Form der Sexualität betrifft alle Tierarten.
Eher würden kulturelle Zwänge dazu beitragen, dass durch Zwangsheirat sich derartiges Sexualverhalten durchzusetzen verstünde, wenn es allein genetisch bedingt wäre, was wir aber gar nicht wissen.
Und “heilbar” ist Homosexualität auch nicht, da es keine Krankheit ist, sondern ein Abweichen vom statistischen Durchschnitt sexueller Orientierung.
Homosexualität: Diskriminierung gibt es noch immer – Deutsches Ärzteblatt

Ureinwohner Nordost
4 Monate zuvor
Antwortet  AvL

Habe ich auch nicht geschrieben.

“… und stören deshalb NICHT in der Evolution.”

AvL
3 Monate zuvor

Die gezeigten Beispiele zeigen aber auch, dass diese Säugetiere sich mit andersgeschlechtlichen Tieren der selben Art paaren.

AvL
14 Tage zuvor

Das kommt dabei heraus , wenn von Trick, Truck und Track, hier der US-Präsident Donald Trump, vor den Vereinten Nationen die Existenz des Klimawandels öffentlich anzweifeln, . dieser sei der „größte Betrug, der jemals an der Welt begangen wurde“, und weiter sagte der Republikaner Trump während seiner Rede bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung „All diese Vorhersagen der Vereinten Nationen – und vieler anderer – waren falsch“, behauptete er. Damit bleibt Trump auch in seiner zweiten Amtszeit bei seiner bisherigen Haltung, die wissenschaftlichen Erkenntnissen entgegensteht.
Trump nennt Klimawandel den „größten Betrug“ und sieht düstere Zukunft für Europa

US-Präsident Trump hat die Einnahme des Schmerzmittels Paracetamol in der Schwangerschaft mit Autismus in Verbindung gebracht und von Hepatitis-Impfungen für Babys abgeraten. Mediziner reagieren mit scharfem Widerspruch.
US-Präsident Trump gibt unbelegte Gesundheitsempfehlungen | tagesschau.de

AvL
14 Tage zuvor

Das “Intelligenz”, also das, was ein entsprechender Test misst, nicht vor irrationalem Denken schützt, wurde bereits von Keith Stanovich durch Studien nachgewiesen.
Daniel Kahnemann und Amos Tversky lieferten mit ihren Tests an Versuchspersonen in ihren Versuchen zur Urteils- und Entscheidungsfindung von Menschen den Einfluss des Unterbewusstsein, dem Frontobasal-Hirn, nach, wie dieses Hirnareal Einfluss auf irrationale Entscheidungen von Menschen nimmt. Dabei treten immer wieder fundamentale Fehler auf, Kurzschlüsse, die den Prinzipien der Wahrscheinlichkeit und Logik zuwiderlaufen. Solche Missgeschicke einer unterbewussten Entscheidungsfindung zu überwinden, ist für rationales Denken und Handeln jedoch essenziell. Derartige systematische Fehlurteile, zu denen uns einfache Faustregeln, Heuristiken ,verleiten, sind weder dem Zufall noch bloßer Unaufmerksamkeit geschuldet, sondern verraten etwas über unsere Art zu denken. Ein einfaches Beispiel: Welche Stadt ist größer, Rom oder Chongqing? Weil die meisten die italienische Hauptstadt kennen, tippen sie auf diese. Das chinesische Chongqing hat aber gut doppelt so viele Einwohner. Was uns geläufig ist, halten wir meist für bedeutsamer. 
Sie kaufen eine Kirsche und einen Apfel, beide kosten zusammen 1,10 Euro, der Apfel kostet 1,00 Euro mehr als die Kirsche, Wieviel kostet jede Frucht ? Unser Unterbewusstsein verleitet uns zur einfachen Lösung : Apfel 1,00 Euro, Kirsche 0,10 Euro.
Allerdings ist diese Entscheidung falsch, weil beide dann nur um 0,90 Euro differieren.
Richtig wären 0,05 Euro und 1,05 Euro.
Intelligenz schützt nicht vor Irrationalität – Spektrum der Wissenschaft

AvL
14 Tage zuvor

P.S Keith Stanovich konnte in seinen Studien auch nachweisen, dass das Erlernen automatisierten Lesen unabhängig von IQ-Test erfolgt. Der Unterschied in der Lerngeschwindigkeit liegt in der Kapazität des Arbeitsspeicher, dem Thalamus, und dessen Fähigkeit sich zu fokussieren begründet.

AvL
14 Tage zuvor

“Geistige Verzwergung” ist schon der passende Ausdruck für derartige irrationale Entscheidungsfindungen, siehe Trump und andere irrlichternde Entscheidungsträger, die in ihren Entscheidungsfindungen allein vom Unterbewusstsein gesteuert werden, die sich rationalem, wissenschaftlichen Denken verschließen und nachhaltig widersetzen, und so rein der Befriedigung unterbewusster Gewohnheiten und der Abwehr irrationaler Ängste vor wirtschaftlicher Verarmung dienen. Man erklärt wissenschaftlich nachgewiesene Fakten als Lüge, neudeutsch Fake-News.