Mobbing gegen homosexuelle Lehrkräfte: Queer-Beauftragter nimmt Schulleitungen in die Pflicht

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BERLIN. Der Fall eines homosexuellen Pädagogen, der von Mobbing durch Schüler an seiner Schule berichtet, macht Schlagzeilen. Nun schaltet sich der Berliner Queer-Beauftragte ein.

Alfonso Pantisano ist Queer-Beauftragter des Berliner Senats – und gehört dem Bundesvorstand des Verbands Queere Vielfalt an. Foto: LSVD / Fionn Grosse

In den Fall eines mutmaßlich wegen seiner Homosexualität gemobbten Lehrers an einer Grundschule (News4teachers berichtete) hat sich nun der Berliner Queer-Beauftragte Alfonso Pantisano eingeschaltet. «Ich bin mit dem betroffenen Lehrer der Carl-Bolle-Grundschule im Austausch», sagte er. «Ich habe auch einen Gesprächstermin mit der Schulleitung und der Gesamtelternvertretung angefragt.»

An der Schule soll ein homosexueller Lehrer nach eigenen Angaben von Schülern aus muslimischen Familien monatelang beschimpft, beleidigt und gemobbt worden sein. Schüler hätten über ihn gesagt, «Schwul ist ekelhaft» oder er werde «in der Hölle landen», sagte er jüngst der «Süddeutschen Zeitung». Er beklagte auch mangelnde Unterstützung durch Schulleitung und Schulaufsicht. Die «Märkische Oderzeitung» hatte im Februar darüber berichtet.

Ablehnung und Akzeptanz

«Die Phänomene an Schulen sind vielfältig», sagte Pantisano über den Einzelfall hinausblickend. «Es gibt Lehrerinnen und Lehrer, die auf Ablehnung und Angst treffen.» Es gebe aber auch immer mehr Akzeptanz und Unterstützung queerer Lehrkräfte bei Kolleginnen und Kollegen oder Eltern.

«Viel hängt von Schulleitungen und Elternvertretungen ab», so Pantisano. «Wenn Schülerinnen und Schüler homophob auftreten, hat das sehr oft mit den Erziehungsberechtigten zu tun. Hier müssen alle Seiten angesprochen werden.»

Pantisano nimmt Schulleitungen in die Pflicht

Grundsätzlich gelte: «Alle Schulleitungen müssen ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen und alles dafür tun, dass die Kolleginnen und Kollegen sicher zur Arbeit und auch wieder nach Hause kommen», sagte Pantisano. «Alle Schulleitungen müssen sicherstellen, dass sowohl das Kollegium als auch Eltern und Schülerinnen und Schüler die klare Ansage bekommen, dass Vielfalt an der Schule akzeptiert und gelebt wird. Wenn sie das nicht tun, ist das im Jahr 2025 ein Problem.»

Anlaufstellen unterstützen

Sollten Schulleitungen Unterstützung brauchen, dann gebe es in Berlin sehr viele Möglichkeiten dazu, so Pantisano. «Dort können auch Eltern, Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler lernen, wie sie sorgfältig und umsichtig mit solchen Situationen und ihrem Umfeld umgehen. Und sie können lernen, dass Vielfalt keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung ist.»

Pantisano fügte hinzu: «Die traurige Erkenntnis ist, dass queere Menschen in jeder Lebenslage diskriminiert werden. Anderseits gibt es inzwischen viel Akzeptanz von queerem Leben in der Gesellschaft.» Pantisanos genaue Amtsbezeichnung lautet Ansprechperson der Landesregierung Berlin für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. News4teachers / mit Material der dpa

Mobbing gegen schwulen Lehrer: Queerfeindlichkeit in Schulen “vehementer”

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Unfassbar
4 Monate zuvor

Ich würde die Eltern in die Pflicht nehmen, die ihre Kinder so erzogen haben.

AvL
4 Monate zuvor
Antwortet  Unfassbar

Ja, aber diese speziellen Eltern, wie alle religiösen
Fundamentalisten aller Religionsgemeinschaften werden
Sie nicht mehr ändern können in ihrer Einstellung.
Es wird Ihnen nur über die Schulen, den Kindergarten
und über Sozialarbeit gelingen eine Änderung der
heranwachsenden Jugendlich zu bewirken.

Teacher Andi
4 Monate zuvor
Antwortet  AvL

Die Schulen können gar nichts ausrichten, wenn im Elternhaus eine mittelalterliche Einstellung vermittelt wird. Jedes Kind hört auf die Eltern, leider. Wir werden dieses Problem nicht mehr loswerden.

Walter Hasenbrot
4 Monate zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Selbstverständlich können Schulen etwas ausrichten, indem sie offensiv und schon bevor Dinge verfallen, ein Klima der Toleranz schaffen. Dadurch fällt es auch Schülern schwerer, sich intolerant zu verhalten, die zuhause etwas anderes lernen.

Und außerdem lernen Schüler in der Schule auch sonst Dinge, die sie zuhause nicht lernen. Zumindest die Unentschlossenen und die Mitläufer können Schulen erreichen.

Sandkatze
4 Monate zuvor
Antwortet  Unfassbar

Das finde ich so unsagbar unsinnig. Dann passiert wieder gar nichts. Und wir warten darauf, dass die nächste Generation es anders macht. Und bis dahin?

Walter Hasenbrot
4 Monate zuvor
Antwortet  Unfassbar

Für die Gestaltung des pädagogischen Umfelds an Schulen und für das Wohlergehen der Lehrkräfte ist die Schulleitung verantwortlich. Sie darf sich vor dieser Verantwortung nicht drücken oder die Schuld bei den Opfern suchen.

Dass zur Gestaltung des pädagogischen Umfelds unter anderem auch Gespräche in Eltern gehören steht auf einem anderen Blatt. Aber bei einigen Usern hier lässt sich eine reflexartige Abwehr von Verantwortung erkennen, wenn es völlig zu Recht heißt, dass Lehrer und Schulleitungen Verantwortung ( nicht Schuld) für das tragen, was an Schulen passiert.

Diese Verantwortung reflexartig abzuwehren, ist ein Zeichen von Unprofessionalität.

Brennpunktschule
4 Monate zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Verantwortung abwehren ist nicht das richtige Wort.

Man kann Verantwortung aber nur für etwas übernehmen, wo einem auch Einflussmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Ehrlich – eine arme Schulleitung mit einer Mini-Stundenentlastung soll alles machen?
Na klar, kein Problem.

Schulleitungen arbeiten sowieso locker 60 Stunden pro Woche, sind erheblich unterbezahlt und haben de facto keine Machtmittel in der Hand – weder gegen Lehrkräfte, noch gegen SuS, und schon gar nicht gegen Eltern.

Aber verantwortlich sind sie für alles – vom Klopapier über die Sauberkeit, Sicherheit im Chemielabor, die Unterrichtsqualität und erste Hilfe, … Eben halt für alles, was an der Schule passiert.

Natürlich gibt es Projekte zur Toleranz, Demokratieförderung, Gewaltprävention usw.

Und wenn das nicht ausreicht? Versuche doch mal gerne, eine wirklich einschneidende Ordnungsmaßnahme gegen einen Schüler gegen die Bezirksregierung durchzusetzen. Da stößt man sich einmal die Hörner ab, danach lässt man das sein weil es eh nichts bringt.

Walter Hasenbrot
4 Monate zuvor
Antwortet  Brennpunktschule

Wer diese Verantwortung nicht übernehmen will, darf sich nicht auf eine Schulleitungsstelle bewerben. Die Verantwortung gehört zum Job.

Brennpunktschule
4 Monate zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Viel Spaß bei der Suche nach Schulleitungen.
93,21 % der Schulleitungen in NRW sind besetzt. Die meisten Schulleitungsstellen fehlen an Grundschulen.

Zu sagen “Ihr seid ja selbst so blöd, diesen Job zu machen”, hilft glaube ich niemandem weiter. Rational kann man nur jedem Menschen davon abraten Schulleitung zu machen.
OK, Masochisten ohne Privatleben, für die ist es passend.

Die Arbeitsbedingungen sind irrwitzig. Das Gehalt nicht im entferntesten angemessen.Der riesigen Verantwortung steht ein geringer Gestaltungsspielraum gegenüber.

Das ist so, als würde einer Lehrkraft gesagt werden: “Du bist jetzt für drei Klassen gleichzeitig verantwortlich. Diese befinden sich an entgegengesetzten Enden des Gebäudes. In allen Klassen befinden sich Förderschüler mit Förderbedarf E.”

Das kann zwar gesagt werden, zu Recht ist aber die Lehrkraft dann NICHT verantwortlich, sollten Schüler zu schaden kommen.

Walter Hasenbrot
4 Monate zuvor
Antwortet  Brennpunktschule

Wir brauchen keine Schulleitungen, die sich an entscheidender Stelle vor der Verantwortung, die sie aus eigenem Antrieb übernommen haben, drücken.

wombatlover
4 Monate zuvor

Mich würde ganz ernsthaft interessieren, was die Schulleitung denn tun soll? Die Sozialisationsinstanzen außerhalb der Schule werden bei den meisten dieser Schüler einen so starken Einfluss haben, dass sie maximal aufhören werden, innerhalb der Schule zu mobben, mehr aber auch nicht.
Wir sehen doch, dass bei links- oder rechtsextremen Jugendlichen der Einfluss der Schule minimal ist. Auch bei christlichen Sekten, die die Gleichberechtigung von Mann und Frau vielleicht in 300 Jahren akzeptieren, ist unser Einfluss gering. Wenn man sich ein bisschen mit Sozialisation befasst, weiß man auch, warum das so ist.
Natürlich könnte man die Schüler auch jedes halbe Jahr von der Schule an die nächste Schule verweisen. Da treffen sie dann auf jemanden, der schwul aussieht, trans sein könnte, Regenbogensocken trägt oder sonst was. Dann geht das wieder los. Aller Schulen verweisen kann man sie nicht, da es die Schulpflicht gibt.
Ich bin momentan in dieser Hinsicht sehr pessimistisch. Der Täter aus Berlin war nach Medienberichten erst kurz an dieser Schule, beim Täter im Ruhrgebiet sah man keinen Grund für eine Unterbringung, also ist er wieder zuhause. Da überleben zwei Kinder durch Zufall und man sieht keinen Grund für eine Unterbringung des einen Täters außerhalb des Elternhauses.

Walter Hasenbrot
4 Monate zuvor
Antwortet  wombatlover

Die Schulleitung kan zum Beispiel Ordnungsmaßnahmen gegen mobbende Schüler verhängen. Sie kann schulweit Projektowochen oder andere Lerngelegenheiten zm Thema Toleranz organisieren. Sie kann der betroffenen Lehrkraft signalisieren, dass sie hiner ihr steht. Sie kann Eltern zum Gespräch einbestellen.

Das wäre schon einmal eine Menge, was die Schulleitung tun kann.

Lululu
4 Monate zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Alle Möglichkeiten wie Projekte oder Gespröche sind Erziehungsmaßnahmen, die nichts helfen. Elterngespräche werden nicht ernst- oder wahrgenommen. Ordnungsmaßnahmen geben auch nichts weiter her als die Suspendierung für max. zwei Wochen. Ansonsten ist noch das Anzeigen eine Möglichkeit, aber dann passiert auch nicht viel, wenn die Lernenden unter 14 Jahre alt sind.

Als eine Lehrkraft, die bereits seit fast zehn Jahren aktiv durch Unterricht, Projekte und Arbeit mit außerschulischen Trägern Demokratiebildung mit besonderem Augenmerk auf den Kampf (!) gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit betreibt, sage ich: Ich gebe auf!

Es muss einen breiten gesellschaftlichen Konsens geben, dass Gewalt und Hass nicht geduldet werden, jedoch ist das nicht der aktuelle Zeitgeist.

Walter Hasenbrot
4 Monate zuvor
Antwortet  Lululu

Zu einem breiten gesellschaftlichen Konsens gehören auch die Schulen.

Sie können diesen Konsens nicht fordern, aber sich selbst ausklinken.

Abgesehen davon ist es nicht wahr, dass Projekte und Gespräche nichts bringen. Viele lassen sich dadurch erreichen, man stärkt auch die, die sich anständig verhalten. Man darf aber nicht erwarten, dass man alle erreichten auch die schweren Fälle sich auf wundersame Weise wandeln.

Wenn eine Schule aufhört, sich aktiv für Toleranz einzusetzen, signalisiert sie auch den Unentschlossenen, dass Mobbing und Intoleranz OK sind.

LULULU
4 Monate zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Vielleicht muss ich es beispielhafter formulieren: Projekttage etc. geben Impulse. Sie sind eine nette Idee, jedoch mit begrenzter Wirkkraft, wenn sie nicht weiterentwickelt werden. Daran scheitert es fundamental.
Das hat verschiedene Gründe, hier ein Beispiel von vielen: Wer Mathe unterrichtet, wird im Unterricht tendenziell weniger mit Extremismus konfrontiert werden als die Gewi-Lehrkraft. So kann es leicht passieren (Erlebnis aus meiner jetzigen Schule), dass sich die Gewi-Lehrkräfte abrackern, während die Mathelehrkräfte nicht mal das Problem sehen. Auf Konferenzen und Co wird das Problem so lange wie möglich kleingeredet und die Gewi-Lehrkräfte werden wegen ihrer häufigen Projektarbeit, die zu Unterrichtsausfall in anderen Fächern führt, kritisiert. Das geht ein paar Jahre so, bis selbst die anderen Lehrkräfte merken, dass es ein Extremismusproblem gibt. Dann wird verwundert geschaut und ggf. passiert etwas, z.B. die Forderung, dass die Gewi-Lehrkräfte sich darum kümmern sollen, der Mathe-Fachbereich hätte weder Zeit noch Kompetenzen. Bis zu diesem Punkt sind die Gewi-Lehrkräfte aber mit ihrer Kraft am Ende. Wenn dann also nicht mehr so viel passiert, dann sind wieder die Lehrkräfte schuld, die seit Jahren auf die Probleme hinweisen.
….an diesem Punkt steige ich dann aus.

Überdies: Es gibt nur eine Hand voll gute Träger, die Projekte anbieten. Folglich bleiben Konzeption, Durchführung, Evaluation und Weiterentwicklung wieder an den engagierten Lehrkräften kleben. Das bedeutet einen unglaublichen Zeitaufwand. Für einen Projekttag benötige ich in der Planung etwas doppelt/dreifach so lange wie für einen “normalen Unterrichtstag”.

dickebank
4 Monate zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Es gibt Schulleitungen, die möchte ich gar nicht hinter mir stehen haben. – Ich hätte nämlich Angst, die würden auch noch schubsen. Da steht man dann doch lieber mit dem Rücken zu einer Wand und ist so besser geschützt.

Sandkatze
4 Monate zuvor

Es muss klare, schnelle Sanktionen geben. Die gibt es leider meistens nicht.

Realist
4 Monate zuvor

Der Dienstherr ist jetzt in der Pflicht, dem Kollegen ein sicheres Arbeitsumfeld zu ermöglichen. Bin einmal gepsannt, wie er das realisieren wird…

Das Übliche “Der Lehrer ist selber schuld, wenn es in seinem Unterricht oder an seiner Schule nicht klappt” zieht diesmal offensichtlich nicht. Läppiische Verweise auf PDF-Handreichungen auch nicht…

Palim
4 Monate zuvor

Warum kann man sich dann nicht mit aller Kraft und allem Vermögen hinter die Schulleitung stellen und sie unterstützen?
Wo sind die Fürsprechenden für die Opfer?
Wo ist die Hilfe für Lehrkräfte, die Hilfe benötigen, fachlich und rechtlich?
Wo ist die Landesschulbehörde, die Sorge dafür tragen muss, dass ihre Lehrkräfte geschützt und unterstütz werden? Warum wird diese Verantwortung allein der Schulleitung zugedacht? Hat die Schulleitung in Berlin dafür Befugnisse, um dies sicherstellen zu können?

Hat die Ansprechperson der Landesregierung andere Befugnisse, als auf die Schulleitung zu verweisen? Kann sie auch auf die Landesregierung zeigen, die den Schulen Unterstützung zukommen lassen kann?

Realist
4 Monate zuvor
Antwortet  Palim

Poltik ist das Geschäft der Verantwortungsdelegation…

Rainer Zufall
4 Monate zuvor

Traurig, aber vielleicht sehen wir wie zuvor bei den Rechtsextremen einen kleinen Ruck, dass Schulen aktiver werden – vorausgesetzt die Schilderungen der Lehrkraft entsprechen den Tatsachen.