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(Ost-)Deutschland gehen die Kinder aus – was tun mit den Kita-Fachkräften?

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ERFURT. Ostdeutschland geht der Nachwuchs aus – und das hat Folgen. Beispiel Thüringen: Immer weniger Kinder kommen dort in die Kindergärten. Etliche Kommunen planen Kita-Schließungen oder bauen Plätze ab. Wandern Fachkräfte von dort in den Westen ab?

Job bald weg? (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Hat Thüringen bald zu viel Fachpersonal in den Kindergärten des Landes? Angesichts sinkender Kinderzahlen stellen Kommunen und andere Träger teils ihre Einrichtungen auf den Prüfstand oder planen eine Reduzierung der Wochenarbeitsstunden beim Personal.

Im Altenburger Land schließen zum Ende des Kita-Jahres Ende Juli drei Einrichtungen, betroffen sind zwei kommunale und eine in freier Trägerschaft. «In einigen Einrichtungen wird es nicht ausbleiben, dass Personal abgebaut werden muss», heißt es auf Anfrage aus dem Landratsamt. Um Entlassungen zu vermeiden, arbeiteten Kita-Träger vor allem mit einer Reduzierung der Wochenarbeitszeitstunden.

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Kreis rechnet mit 1.000 freien Kita-Plätzen 2026

Auch die Stadt Weimar plant den Abbau von rund 500 Plätzen in den Kitas. Das soll auch durch die Schließung von Einrichtungen erfolgen. Hintergrund sind geringe Geburtenzahlen. Der Saale-Holzland-Kreis rechnet damit, zum 1. Juli 2026 rund 1.000 freie Kita-Plätze zu haben. Eine Einrichtung soll zum 1. August schließen. Die Stadt Eisenach rechnet mit zurückgehenden Kinderzahlen bis mindestens zum Jahr 2030. Dementsprechend werde auch der Personalbedarf zurückgehen, heißt es auf Anfrage. Dies könne «zunächst durch Verringerung der Wochenarbeitszeit bei den pädagogischen Fachkräften sowie durch Nichtnachbesetzung von Stellen bei Renteneintritt o.ä. abgefangen werden».

Minister: Kein flächendeckender Personalüberschuss

«Ja, Ostdeutschland hat ein Demografieproblem», sagte Bildungsminister Christian Tischner. In den 1990er Jahren seien viele 20- bis 30-Jährige in westdeutsche Bundesländer abgewandert, andere wiederum hätten weniger Kinder bekommen, «weil es eine unsichere Zeit war». «Mit dieser historischen Situation muss jedes Land umgehen, auch wir in Thüringen», sagte er.

Dennoch gebe es keinen flächendeckenden Personalüberschuss in den Kindergärten. Man beobachte die Lage aber. Er könne jungen Menschen weiterhin empfehlen, den Beruf der Erzieherin oder des Erziehers zu ergreifen – zumal auch im Kindergartenbereich ein Generationenwechsel stattfinde und Fachkräfte in Rente gingen.

Weniger Kinder pro Fachkraft

Der Rückgang der Kinderzahlen zeichnet sich schon seit Jahren ab. Im vergangenen Jahr beschloss der Thüringer Landtag, die Betreuungsqualität in den Kindergärten zu verbessern, indem er den Personalschlüssel veränderte. So muss sich eine Fachkraft um weniger Kinder gleichzeitig kümmern. Dies sollte zugleich dabei helfen, die sinkenden Kinderzahlen abzufedern und den Trägern ermöglichen, ihr Fachpersonal zu halten. Nach Angaben einiger Kommunen hat das Instrument geholfen, die Folgen der sinkenden Kinderzahlen abzufedern. Aber möglicherweise reicht das noch nicht.

Weniger Gehalt durch Reduzierung der Arbeitszeit

Nach Ansicht der Landesvorsitzenden der Bildungsgewerkschaft GEW, Kathrin Vitzthum, müsste an dieser Schraube weitergedreht werden. Sie warnte vor einer Abwanderung von Fachpersonal in westdeutsche Nachbarländer. «Wir wissen ja, dass es in den westlichen Bundesländern einen enormen Fachkräftebedarf gibt im Bereich der Kindergärten», sagte sie in Erfurt. Ihre Befürchtung: Lenkt die Politik nicht ein und passt den Personalschlüssel an, könnten sich Erzieherinnen und Erzieher in Hessen, Niedersachsen oder Bayern nach Jobs umsehen. «Dann würden wir ganz viele Beschäftigte an den Randgebieten des Landes auf Dauer verlieren», sagte Vitzthum.

Vor allem freie Träger von Kindergärten arbeiten laut Vitzthum mit sogenannten Sockel-Arbeitsverträgen. Bedeutet: Wird weniger Personal benötigt, können die Erzieherinnen und Erzieher bei den Arbeitswochenstunden auf einen Sockel zurückfallen – beispielsweise 20 Stunden. Das wäre dann eine Art unfreiwillige Teilzeit-Lösung. Vitzthum sagte, das sei ein massiver Eingriff in das Gehalt der Beschäftigten. «Es wird Erzieherinnen geben, die sagen: Das kann ich mir nicht mehr leisten.»

Nach Angaben des Ministeriums wird der neue Personalschlüssel noch nicht flächendeckend eingehalten. Fachkräfte würden in den Kindergärten weiterhin gebraucht. Von Stefan Hantzschmann, dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert: 

Rechnungshof: Sanierungsstau an Schulen löst sich auf – wegen der Demografie

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19 Kommentare
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Gelbe Tulpe
4 Monate zuvor

Fragt sich halt nur, ab wann es dann zu viele Erzieher im Westen gibt. Das geht schnell.

Rainer Zufall
4 Monate zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Jup. Davon ist fest auszugehen, noch schneller natürlich, wenn wir die Migration bekämpfen

dickebank
4 Monate zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Vollendeter Geschlechtsakt in wenigen Sekunden!

Schlaubi
4 Monate zuvor

Man könnte den Personen ja anbieten als Lehrkräfte in der Grundschule bzw. als Schulassistierende zu arbeiten. Damit hält das Land sein Personal und verschiebt es nur. Gleichzeitig kann man die Grundschulen entlasten.

vhh
4 Monate zuvor
Antwortet  Schlaubi

Natürlich, Grundschule kann bekanntlich jede/r und Schulassistenz entspricht genau der Qualifikation.

Alex
4 Monate zuvor
Antwortet  vhh

Na ja, wenn Grundschullehrer in MV demnächst auch in Klasse 5 und 6 arbeiten sollen, wird doch ein Erzieher locker-flockig mit einer 1. Klasse fertig – denkt der KuMi. Außerdem kann Grundschule doch angeblich sowieso jeder…

potschemutschka
4 Monate zuvor
Antwortet  Alex

In Berlin und Brandenburg arbeiten alle GS-Lehrer auch in Klasse 5/6!

Marie
4 Monate zuvor
Antwortet  potschemutschka

Dort wird ein Grundschullehrer aber auch bis Klasse 6 ausgebildet.

LULULU
4 Monate zuvor
Antwortet  Schlaubi

Das haben wir bereits im Schulamt vorgeschlagen. Antwort: Das würde 8-10 Jahre dauern, die notwendigen VV zu erstellen und zu implementieren.

Des Weiteren soll es aufgrund des Haushalts in BB keine Neueinstellungen in den Schuldienst, also auch Assistenzen usw., geben.

LULULU
4 Monate zuvor
Antwortet  Schlaubi

Anmerkung: Wie hatten keine Einstellung als Lehrkraft (da wäre ich dagegen), sondern als pädagogische Unterstützung vorgeschlagen.

Rainer Zufall
4 Monate zuvor

“Ja, Ostdeutschland hat ein Demografieproblem”
Ja, seltsam…
https://www.insuedthueringen.de/inhalt.verschaerfte-regeln-thueringen-schiebt-mehr-auslaender-ab.f6ede873-c897-405f-9083-c288d14bf99b.html

Aber hey, die USA und Ungarn machen es vor: Abtreibungsverbote und Familienkampagnen für die “richtigen” Menschen im großen Stil!
Verschlingt nur Geld und ist zum Scheitern verurteilt, aber immerhin Planungssicherheit 😀

Wir wissen sogar schon, wohin die Reise geht:
https://www.focus.de/panorama/aus-aller-welt/bello-statt-baby-suedkorea-verkauft-mehr-hunde-als-kinderwaegen_3e1eaf24-fc6c-41f9-9f3b-2cdf7ca5e8e6.html

potschemutschka
4 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

🙂 Was tun Sie persönlich für Verbesserung des Demographie-Problems? Wieviele Kinder haben Sie?
Sorry, Übergriffige Frage!

Rainer Zufall
4 Monate zuvor
Antwortet  potschemutschka

“Übergriffige Frage!”

Jup.

dickebank
4 Monate zuvor

Entlassen, schließlich müssen die Personalkosten verringert werden. Und um das sozialverträglich zu gestalten, müssen natürlich die Jüngeren mit der kürzesten Betriebsangehörigkeit zuerst gehen – bei denen sind nämlich die Abfindungen deutlich niedriger als bei den älteren mit langer betriebszugehörigkeit. Schließlich muss sich das ja auch betriebswirtschaftlich rechnen. – Und kommse mich jetzt nich mit die Volkswirtschaft und gesellschaftspolitische Verantwortung!

Achtung Triggerwarnung:
Der Beitrag kann Spuren von Sarkasmus enthalten!

Fräulein Rottenmeier
4 Monate zuvor
Antwortet  dickebank

So wurde es doch all die Jahre gehandhabt. Ich habe das von 2006 bis 2010 mitbekommen, wie sich das Personalkarussell in unserer Kita jährlich gedreht hat.

dickebank
4 Monate zuvor

Best practice eben. Die HR-Manager setzen eben auf bewährte Rezepte.

Alese20
4 Monate zuvor

Spinn ich oder schreien nicht alle nach besserer Qualität in Kitas, damit alle Kinder gut vorbereitet in die Grundschule kommen? Wie kommt man da auf die bekloppte Idee, Personal zu entlassen, anstatt nun endlich die anderen gut mit Personal auszustatten oder in den Grundschulen anzustellen. Da fällt einem nichts mehr zu ein.. Kopfschütteln..

Mona
4 Monate zuvor

Was im Osten ohne größere Reibungsverluste klappt, wird auch im Westen folgen. Wem als EoE immer noch nicht klar ist, dass man nur als spottbillige Verschiebeware der Politik mit beliebiger Belastbarkeit und Entbehrlichkeit dient, ist nicht mehr zu helfen.

Raus aus diesem inhaltlich inzwischen sinnentleerten Beruf, in dem jede Wertschätzung der eigenen Person fehlt und der nur noch durch die Ausbeutung des eigenen Idealismus funktioniert.

Kritischer Dad*NRW
3 Monate zuvor

Die (künftige) Elterngeneration wird ausgedünnt mit der Folge: Es kommen weniger Kinder zur Welt und die Bevölkerung überaltert.
Ich vermisse nach drei Wochen altem Thema einfach die Pro-Ost-Kommentare, die uns endlich erklären was denn da – wo alles besser war – schiefgelaufen sein könnte …

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