Kompetenzorientiert statt notenfixiert – Wie die Kinder der Montessori Schule Kitzingen ihre Stärken kennenlernen

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KITZINGEN. Sommerferienzeit ist Zeugniszeit – auch an der Montessori Schule Kitzingen. Noten gibt es hier allerdings keine, stattdessen setzen die Lehrkräfte auf umfangreiches Feedback. Im Fokus: die Entwicklung der einzelnen Schülerinnen und Schüler.

„Die Zeit vor den Sommerferien ist für uns kein Leerlauf“, sagt Julia Wittauer, Leiterin der Montessori Schule Kitzingen.
Foto: Montessori Schule Kitzingen/Manja Taskin

Die letzten Wochen vor den Zeugnissen ist die Stimmung an der Montessori Schule Kitzingen gut. Nichts lässt erkennen, dass vor den Kindern sechs Wochen Ferien liegen. Statt Leistungseinbruch herrscht weiterhin eine konzentrierte Lernatmosphäre. „Die Zeit vor den Sommerferien ist für uns kein Leerlauf. Unsere Kinder arbeiten bis zum letzten Schultag engagiert an ihren Themen und stecken sich neue Ziele“, erzählt Schulleiterin Julia Wittauer.

Zwar stehen auch an der Montessori-Schule Zeugnisse an, wichtiger für die Kinder sind allerdings ihre Halbjahres-Feedbackgespräche zu ihrem Lernstand, die den Zeugnissen vorausgehen. Dabei reflektieren sie gemeinsam mit ihren Lehrkräften, wie sie sich entwickelt und ob sie ihre zum Halbjahr festgelegten Lernziele erreicht haben – ehrlich, interessiert, ohne Angst. „Die Kinder kommen von sich aus auf uns zu und wollen wissen, wann sie an der Reihe sind“, sagt Wittauer.

Rückschläge sind Lerngelegenheiten

Und wenn ein Ziel mal nicht erreicht wurde? Dann ist das keine Katastrophe. „Die Kinder realisieren im Rahmen der Reflektion, was sie alles gelernt haben. Rückschläge lassen sich dadurch besser verkraften. Dann heißt es: ‚Das habe ich noch nicht geschafft – aber ich übe weiter‘“, so Wittauer. Für viele Kinder seien diese Rückmeldungen motivierender als jede Note, denn der Fokus liegt nicht auf dem Urteil, sondern auf dem Prozess.

Deshalb weicht auch das Zeugnis von der Norm ab. Anstelle eines Text- oder Notenzeugnisses erhalten die Schülerinnen und Schüler der Montessori Schule Kitzingen ihre „Informationen zum Entwicklungs- und Lernstand“. Das 20- bis 25-seitenlange Dokument gibt detailliert Auskunft, wie sich ein Kind im Laufe des Schuljahres individuell entwickelt hat, in allen Fächern sowie hinsichtlich seines Arbeits- und Sozialverhaltens. Im Mittelpunkt stehen dabei die Kompetenzen, die die Schülerinnen und Schüler bayernweit erreichen sollen. „Eltern und Kinder erhalten so ein differenziertes Bild: Wo steht mein Kind, wo stehe ich gerade? Welche Kompetenzen sind gefestigt, welche noch im Aufbau?“

Gezielte Beobachtungen bilden die Grundlage

Porträt Julia Wittauer, Schulleiterin der Montessori Schule Kitzingen.
Julia Wittauer ist Schulleiterin der Montessori Schule Kitzingen. Foto: Montessori Schule Kitzingen/Manja Taskin

Die Grundlage für diese Beurteilung bilden keine Prüfungen oder Tests, sondern die Beobachtungen der Lehrkräfte im Rahmen des Unterrichts, erklärt Schulleiterin Wittauer. „Wenn ich beobachte, wie ein Kind arbeitet, kann ich viele Fähigkeiten erkennen. Welche Fragen stellt es? Wie arbeitet es mit dem Material? Das sagt ganz viel darüber aus, wo das Kind in seinem Lernprozess steht.“

Unterstützung bei diesem Vorgehen erhalten die Lehrkräfte der Montessori Schule Kitzingen durch ein digitales Dokumentationstool, in dem sie ihre Beobachtungen festhalten. „Wir machen uns im Unterricht handschriftliche Notizen, die wir nachmittags in das System übertragen“, so Wittauer. Der Vorteil der Software: Sie listet die in Bayern pro Jahrgang zu erreichenden Kompetenzen auf. Das Kollegium arbeitet dadurch transparent mit einheitlichen Kriterien, die vor allem Junglehrkräften Hilfestellung bieten, wohin sie in Lernsituationen ihre Aufmerksamkeit richten sollten. Außerdem: „Mit nur wenigen Klicks, können wir die gesammelten Informationen aufrufen und feststellen, in welchen Bereichen ein Kind zusätzliche Förderung oder neue Herausforderungen braucht“ – jederzeit.

Keine Noten, aber Leistungsanspruch

Der Verzicht auf Noten ist allerdings nicht gleichzusetzen mit einem Verzicht auf Leistung. Neben den umfangreicheren Lernentwicklungsgesprächen zum Halbjahr erhalten die Kinder regelmäßig mündliches Feedback zu ihrem Lernstand. „Wir nehmen uns im Alltag ganz oft Zeit dafür“, betont Wittauer. Anlässe gibt es genug, beispielsweise wenn in der Freiarbeit auffällt, dass ein Kind den eingeführten Rechenweg noch nicht sicher beherrscht. „Dann bitte ich es, mir zu erklären, wie es vorgegangen ist, damit wir dem Problem auf die Spur kommen.“ Wichtig dabei: „Fingerspitzengefühl, damit die Kinder nach dem Feedback auch motiviert sind, weiter zu lernen“.

Zusätzlich geben die Lehrkräfte den Schülerinnen und Schülern ab dem zweiten Halbjahr des dritten Schuljahres gezielt Aufgaben, um zu prüfen, inwiefern sie ein Thema verinnerlicht haben. Ähnlich einem Test bekommen die Kinder ein Zeitlimit und die Vorgabe, ohne Hilfe zu arbeiten. Der Unterschied zu Prüfungen an Regelschulen: Es gibt keine festen Termine für diese Art der Lernstandskontrolle und keine Noten. „Wir gehen individuell auf die Kinder zu, wenn wir das Gefühl haben, dass sie bereit dafür sind“, sagt Schulleiterin Wittauer. Im Anschluss erhalten die Kinder konkrete Rückmeldungen, was sie gut gemacht haben und worauf sie mehr achten müssen.

Die Montessori Schule Kitzingen hat sich bewusst für einen Schulalltag ohne Noten entschieden. Denn „eine Note ist nur eine Momentaufnahme – sie sagt wenig über die tatsächlichen Fähigkeiten eines Kindes aus“, so Julia Wittauer. Statt sich selbst über Noten zu definieren, sollen die Kinder lernen, sich realistisch einzuschätzen. Was kann ich gut? Wo brauche ich noch Unterstützung? „Sie erfahren immer mehr über ihre Stärken und Schwächen und entwickeln schließlich ein tiefes Verständnis für ihre Fähigkeiten.“

Dies ist eine Pressemeldung der Montessori Kitzingen gGmbH.

Leistung ohne Noten? Wie eine Montessori-Schule mit digitalen Mitteln Transparenz schafft

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1 Kommentar
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Naaaja
2 Monate zuvor

Von mir aus kann die Grundschule ohne Noten sein. Aber irgendeinen Zeitpunkt muss man aussuchen, an dem man Kinder daran heranführt, dass im Leben eben sehr oft “Momentaufnahmen” gefordert werden. Bei der Führerscheinprüfung, beim TMS, beim Bewerbungsgespräch, beim Einstellungstest… ist es völlig egal, ob ein anderer Moment besser gewesen wäre für den Teilnehmer.

Es ist kein Weltuntergang, auch mal bei einem Test (welcher Art auch immer) zu scheitern, das gehört zum Leben dazu und das sollte man vermitteln.
Egal wie schrecklich es ist, irgendwann wird die eigene Leistung mit der Leistung anderer Menschen verglichen werden. Und daran wird sich auch niemals etwas ändern.

Außerdem wird auch ohne Ziffernnoten verglichen. Auch einem 8-jährigen/ seinen Eltern fällt eben auf, wenn er/ sie sich den Zehnerübergang ganz toll erarbeitet hat, während die anderen Kinder ganz toll das Einmaleins rechnen.