STUTTGART. Der Streit um die Extrawürste für Baden-Württemberg und Bayern bei der Sommerferien-Regelung kocht weiter hoch. Baden-Württembergs Regierungschef Kretschmann (Grüne) will daran nichts ändern. Warum eigentlich nicht, fragt die GEW – und fordert gleich ein komplett anderes System.
Seit Jahren starten die Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg und Bayern als bundesweit letzte in die Sommerferien – eine Regelung, an der andere Bundesländer nun rütteln. Keinen Änderungsbedarf sieht Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Man sehe keinen Grund an den bis 2030 bereits festgelegten Ferienterminen etwas zu ändern, sagte der Grünen-Politiker in Stuttgart.
Zuvor hatte schon Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) dem Vorstoß, der zunächst aus Nordrhein-Westfalen kam, eine Absage erteilt. „Wir haben unseren Ferienrhythmus, der ist sozusagen fest in der DNA der Bayern drin“, befand er.
Lehrkräfte aus Baden-Württemberg können sich allerdings durchaus einen anderen Modus vorstellen. Die Landes-GEW zeigt sich offen für eine andere Sommerferien-Regelung. Für die jetzige, nach der 14 Länder rotieren und Baden-Württemberg wie auch Bayern außen vor bleiben und immer als letzte in die Ferien starten, gebe es keine sachlichen oder pädagogischen Argumente, sondern lediglich historisch gewachsene Gründe, sagte GEW-Sprecher Matthias Schneider.
«Es ist ein heißes Eisen, es ist eine schwierige Gemengelage und da wird sich niemand aus dem Fenster hängen»
Er schlug eine sogenannte Trimesterlösung vor, mit einem langen Ferienblock im Sommer und weiteren, kürzeren Blöcken um Weihnachten herum und im April/Mai herum. Dafür müssten dann aber auch andere Ferien verlegt beziehungsweise von Feiertagen entkoppelt werden. «Das wäre ein völliges Umkrempeln des bisherigen Systems», sagte er. Es könne aber ein Modell sein, als Vorschlag.
Tatsächlich gibt es Schulsysteme (etwa das britische), in denen das Schuljahr in drei Teile gegliedert ist. Die Vorteile: Die Lernphasen sind klarer strukturiert. Drei etwa gleich lange Unterrichtsperioden mit Erholungsphasen dazwischen helfen, Überlastungen zu vermeiden.
Die jährlich wiederkehrende Debatte werde jedoch erfahrungsgemäß zu nichts führen, meinte Schneider. «Es ist ein heißes Eisen, es ist eine schwierige Gemengelage und da wird sich niemand aus dem Fenster hängen.» Vor allem Tourismusverbände und auch Kirchen hätten sich oftmals gegen eine Änderung ausgesprochen.
Im Südwesten und Bayern sind die Sommerferien jedes Jahr von Ende Juli oder Anfang August an bis recht weit in den September hinein. Damit starten die Schülerinnen und Schüler dort als bundesweit letzte in die «großen Ferien». Die Debatte hatte Fahrt aufgenommen, nachdem Nordrhein-Westfalens Bildungsministerin Dorothee Feller eine Änderung der Sommerferienregelung gefordert hatte.
«Ich lade jeden ein, mal bei 35 Grad im Klassenzimmer zu sitzen»
«Ich bin da leidenschaftslos», sagte der Vorstand des Landeselternbeirates Baden-Württemberg, Sebastian Kölsch. Allerdings verstehe er das Ansinnen von NRW nicht so ganz. «Denn dann müsste man ja davon ausgehen, dass ein späterer Beginn immer von Vorteil ist», sagte er. Das sei aber nicht der Fall. So sei es für die Schüler im Südwesten nicht optimal gewesen, bei der Hitzewelle vor zwei Wochen noch im Klassenzimmer sitzen zu müssen. Auch das Argument mit der günstigeren Nebensaison im September ziehe aus seiner Sicht nicht. «Es fährt ja nicht jeder auf den letzten Drücker in den Sommerurlaub.»
Außerdem nutzten die 14 Bundesländer, die an der Rotation teilnehmen, ihren Spielraum für die Sommerferien nicht in vollem Umfang: Grundsätzlich könne zwischen Ende Juni und Ende Juli für den Beginn der Sommerferien rotiert werden. Hessen, Saarland und Rheinland-Pfalz etwa, die gemeinsam Ferien machten, seien beispielsweise im Jahr 2018 am 25. Juni in die Sommerferien gestartet, im Jahr 2022 am 25. Juli – nur drei Tage früher als Baden-Württemberg in dem besagten Jahr.
Es seien aber – soweit planbar – auch klimatische Bedingungen zu berücksichtigen. Baden-Württemberg sei nun einmal eines der Bundesländer mit den höchsten Temperaturen im August und Ferien seien in diesem Zeitraum einfach sinnvoll für Schulkinder. Kölsch: «Ich lade jeden ein, mal bei 35 Grad im Klassenzimmer zu sitzen.»
Die Sommerferien werden von der Kultusministerkonferenz festgelegt. Eine Änderung wäre frühestens zum Schuljahr 2030/31 möglich. News4teachers / mit Material der dpa