Kruzifix-Verbot in Gymnasium rechtskräftig – Kultusministerin: Einzelfall-Entscheidung

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MÜNCHEN. Das Urteil zu einem Kruzifix in einem bayerischen Gymnasium ist endgültig: Die Schule hätte das Kreuz entfernen müssen. Doch konkrete Folgen hat die Entscheidung vorerst nicht.

Das Rätseln beginnt: Wie groß darf’s denn sein? (Symbolbild) Illustration: Shutterstock

Das Urteil, wonach ein großes Kruzifix im Eingangsbereich eines staatlichen Gymnasiums hätte abgehängt werden müssen, ist rechtskräftig. «Eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde nicht eingelegt», teilte ein Gerichtssprecher auf Anfrage mit. In der Entscheidung vom 8. Juli hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die Schule das Kreuz hätte entfernen müssen – so, wie es zwei Schülerinnen gefordert hatten.

Denn die Konfrontation mit dem 1,50 Meter großen Kruzifix mit einem gekreuzigten Jesus als religiösem Symbol sei ein Eingriff in die verfassungsrechtlich verbürgte negative Glaubensfreiheit. «Die Klägerinnen waren wegen der Schulpflicht zwangsweise und immer wiederkehrend sowie im Hinblick auf dessen Positionierung ohne (zumutbare) Ausweichmöglichkeit mit dem Kruzifix konfrontiert», hieß es in dem Urteil.

Vorerst keine konkreten Folgen aus dem Urteil

Konkrete Folgen hat das Urteil erst einmal nicht: Staatskanzlei wie Kultusministerium betonten, es handele sich um eine Einzelfallentscheidung. Die beiden Schülerinnen haben das Gymnasium in Wolnzach im oberbayerischen Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm nach ihrem Abitur zudem bereits verlassen.

Dennoch wolle sie sich intensiv mit der Begründung des Urteils auseinandersetzen, kündigte Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) an. Sie betonte aber zugleich: «Das Kreuz ist nicht nur ein religiöses Symbol, sondern steht auch für die Achtung von Menschenwürde, Toleranz und Nächstenliebe – Werte, die unser Zusammenleben und unseren Bildungsauftrag maßgeblich prägen.» News4teachers / mit Material der dpa

Dobrindt rät Schule, das Kruzifix-Urteil zu ignorieren (“Hängt es woanders hin”)

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Rainer Zufall
1 Monat zuvor

“[…] sondern steht auch für die Achtung von Menschenwürde, Toleranz und Nächstenliebe – Werte, die unser Zusammenleben und unseren Bildungsauftrag maßgeblich prägen.”

Immer ein schlechtes Zeichen, wenn zur jemand zur AfD-Argumentation (https://www.spiegel.de/panorama/bildung/afd-in-sachsen-anhalt-weht-vor-schulen-bald-jeden-tag-die-deutschlandfahne-a-07e0f36e-bb23-4dd6-a655-e3a3387143dc)

Vielleicht “übersieht” Frau Stolz hier einen Aspekt, welcher Menschenwürde, Toleranz und Nächstenliebe eben NICHT achtet? 😉

Bla
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Doch doch … Sie verstehen nur nicht:

Menschenwürde zeigt die gekreuzigte Person … Nennen wir sie einfach der Einfachheit “Jesus”. Die SuS und LuL werden an manchen Schulen auch “angenagelt” [Schulpflicht, Arbeitsbedingungen, Grenzen und Weite von bürokratischen Hürden, usw.]

Toleranz zeigt, dass man dies [Rahmenbedingungen] als AG/Politiker gerne toleriert.

Nächstenliebe zeigt “aber die Kinder” und “kullernde Augen” als Totschlagargument/Emotionale Erpressung.

Zusammenleben und Bildungsauftrag zeigt die übervollen Klassen und oft “reine Betreuung/Aufbewahrung” durch Ganztag/OGS usw.

Sind Sie mal etwas flexibler im Denken … Das schaffen Sie doch sonst auch.

[Achtung: Der Text könnte satirisch sein. Ironie und Sarkasmus könnte vorhanden sein.]

PaPo
1 Monat zuvor

«Das Kreuz ist nicht nur ein religiöses Symbol, sondern steht auch für die Achtung von Menschenwürde, Toleranz und Nächstenliebe […].»
Hmmm… nein.

vhh
1 Monat zuvor

Und wieder einmal wird ein Gerichtsurteil so hingedreht, dass es (nach Meinung störrischer Politiker) ignoriert werden kann. Warum nur so viele Leute in Umfragen ‘Staatsverdrossenheit’ oder ‘Ablehnung des Systems’ oder ‘die machen sowieso was sie wollen’ angeben… Einzelfall, das heißt dann wohl, dass Schüler in jeder einzelnen Schule klagen müssten, da werden sich bestimmt viele finden, die potentiellen Ärger riskieren, bevor sie ihren Abschluss haben.
“Ich schwöre, Treue der Verfassung des Freistaates Bayern, Gehorsam den Gesetzen und gewissenhafte Erfüllung meiner Amtspflichten, so wahr mir Gott helfe.” – das schwören Minister in Bayern. Was die Gesetze bedeuten, entscheiden Gerichte, hm…

ed840
1 Monat zuvor
Antwortet  vhh

Warum ignoriert?

Das Gericht hatte nach meinen Informationen geurteilt, dass die Schulleitung damals der Bitte der Kläger hätte nachkommen müssen. Da die Kläger aber nicht mehr an der Schule sind, hätte sich sich das ja erledigt.

vhh
1 Monat zuvor
Antwortet  ed840

Ernsthaft? Wir sehen nur einen Einzelfall und in dem wurde ja entschieden? Wie gesagt, jetzt soll also überall, wo das jemand nicht gefällt, erst einmal selbst geklagt werden? Gegen die unendlichen Ressourcen eines Bundeslandes, das alle diese Fälle einfach aussitzen kann… Die konsequente Reaktion wäre eine Dienstanweisung, sich im Falle von Einwänden der Eltern oder SchülerInnen ohne weitere Kopfstände entsprechend diesem Urteil zu verhalten.

ed840
1 Monat zuvor
Antwortet  vhh

Es geht es nicht darum, ob es “jemand nicht gefällt,” sondern ob dadurch die Glaubensfreiheit verletzt würde. Dann wäre es natürlich abzuhängen.

Ansonsten könnte man auch mal das Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu dieser Thematik lesen.