Viel Schaum, wenig Substanz? GEW geht mit Kultusminister hart ins Gericht

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WIESBADEN. Mit einer Mischung aus Ernüchterung und deutlicher Kritik hat die GEW Hessen auf die Ankündigungen von Kultusminister Armin Schwarz (CDU) zum Start des Schuljahres 2025/26 reagiert. Der Tenor: Statt sich den strukturellen Problemen an Hessens Schulen zu stellen, setze Schwarz auf öffentlichkeitswirksame Maßnahmen – und lasse bei zentralen Herausforderungen wie Lehrkräftemangel und Investitionsstau klare Lösungen vermissen.

Schaumparty (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

„Vor den tatsächlichen Problemen an den hessischen Schulen scheint der Minister weiterhin die Augen zu verschließen“, erklärte der GEW-Landesvorsitzende Thilo Hartmann. Der Lehrkräftemangel verschärfe sich, der Investitionsstau dauere an – doch Schwarz reagiere mit „pressewirksamen und teilweise stigmatisierenden Verbots- und Wertemaßnahmen“.

Besonders stößt der GEW die Diskrepanz zwischen ministerieller Selbsteinschätzung und der Realität in den Schulen auf. So bezeichnete Schwarz die Ganztagsbetreuung als Erfolg, während „alle Expert:innen, die mit der Umsetzung vor Ort betraut sind“, nach Angaben Hartmanns zu einer völlig anderen Einschätzung kommen.

Die Zahl der neu ausgebildeten und eingestellten voll qualifizierten Lehrkräfte sei weiterhin zu gering. „Sie reicht nicht aus, um in den Ruhestand gehende Kolleg:innen zu ersetzen und den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden – insbesondere durch steigende Schülerzahlen und den in einem Jahr in Kraft tretenden Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz an Grundschulen“, so Hartmann.

Handyverbot, Werteplattform, KI-Chatbot – das Ministerium setzt auf sichtbare Projekte

Am Montag startet in Hessen das neue Schuljahr – mit einem ganzen Paket an Neuerungen. Dazu zählen unter anderem:

  • Landesweites Handyverbot auf Schulhöfen – private Nutzung von Smartphones, Tablets und Smartwatches ist dort untersagt, Ausnahmen sind in Aufenthaltsräumen der Oberstufe möglich.
  • Stärkung der Medienbildung – begleitet vom Handyverbot sollen digitale Elternabende angeboten werden.
  • KI-Chatbot „telli“ – ein datenschutzkonformes Tool im hessischen Schulportal zur Unterstützung von Lehrkräften und Lernenden.
  • Online-Mathe-Check – Analyse der Basiskompetenzen für Klassen 4 bis 6 mit passgenauen Fördermaterialien.
  • Landesweites Waffenverbot – Verbot für Messer, Schlagringe, Soft-Air-Waffen, Munition, Chemikalien und Feuerwerkskörper.
  • Kompetenzzentrum „Gesunde Schule“ – Fokus auf Prävention, psychische Gesundheit, Bewegung, Ernährung und Resilienz.
  • „WERTvoll-Plattform“ – digitale Unterstützung für Werte- und Demokratiebildung.

Nach Angaben des Kultusministeriums steigt die Zahl der Lehrerstellen auf 61.660 (2024: 59.560). Wie viele davon tatsächlich besetzt sind, ließ Schwarz offen.

Die GEW erkennt zwar an, dass es in Teilbereichen positive Schritte gebe – etwa bei der Aufstockung der Schulpsychologenstellen auf landesweit 155 oder bei der Einrichtung des Kompetenzzentrums „Gesunde Schule“. Doch die Dimensionen seien unzureichend.

„Der Ansatz ist richtig, nur sind die Dimensionen viel zu klein, um eine spürbare Verbesserung in der schulpsychologischen Betreuung zu schaffen. Auf knapp 5.000 Schüler:innen und rund 400 Lehrkräfte kommt eine schulpsychologische Fachkraft“, so Hartmann. Aus Sicht der GEW bleiben die großen Herausforderungen ungelöst. Schwarz setze auf Projekte, die nach außen Modernität und Tatkraft signalisieren, aber den Schulalltag nur punktuell verbessern. Der Lehrkräftemangel, marode Schulgebäude und die Finanzierung des Ganztagsausbaus – all das bleibe weiterhin ohne ausreichende Strategie.

Hartmanns Resümee entsprechend: „Was wir brauchen, ist ein durchdachter, langfristiger Plan, der den Bildungsstandort Hessen stärkt. Was wir bekommen, sind Einzelmaßnahmen, die gut in Pressemitteilungen klingen – aber das Grundproblem nicht lösen.“

Die Landtagsopposition schlug in dieselbe Kerbe: Der Grünen-Bildungspolitiker Daniel May sprach von einer „Promo-Tour für den Minister“ statt eines flächendeckenden Werteunterrichts. FDP-Bildungsexperte Moritz Promny warnte, der anstehende Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung könne scheitern, „wenn sich der Minister lieber mit Verboten statt mit Lehrkräftegewinnung beschäftige“. News4teachers / mit Material der dpa

Schuljahr beginnt mit landesweitem Waffenverbot in der Schule – GEW: Hä?

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