Machten Schüler Aufnahmen von Blutbad – und verbreiteten sie im Klassenchat?

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OSNABRÜCK. Nach einem mutmaßlichen Femizid in Osnabrück Ende Juni ermittelt die Polizei gegen mehrere Schüler, die Fotos vom Tatort aufgenommen und über WhatsApp verbreitet haben sollen. Die Bilder zeigten Täter und Opfer ungepixelt.

Leichen im Klassenchat? (Symbolfoto.) Foto: Shutterstock

Laut Polizeiinspektion Osnabrück wurden bislang drei Fälle bekannt, zwei davon über Statusmeldungen, einer in einem Klassenchat. In zwei Fällen konnten Verdächtige ermittelt werden. „Schule und Lehrkräfte haben hier vorbildlich gehandelt, weil sie alles angezeigt haben“, sagte ein Polizeisprecher dem NDR.

Die Tat ereignete sich am 23. Juni im Stadtteil Schinkel in unmittelbarer Nähe einer Schule. Ein 41-Jähriger erschoss seine 43 Jahre alte Ex-Partnerin und anschließend sich selbst. Beide hinterließen drei Kinder.

Die Polizeiinspektion Osnabrück führt Ermittlungsverfahren wegen eines möglichen Verstoßes gegen Paragraf 201a Strafgesetzbuch. Dieser verbietet unter anderem, die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau zu stellen. Es sei nicht auszuschließen, dass die Fotos über die bislang bekannten Fälle hinaus verbreitet worden seien, so die Polizei.

Brief an alle Eltern im Landkreis verschickt

Ausgelöst hatte die Ermittlungen die betroffene Schule selbst: Sie informierte die Polizei über die Fotos. In der Folge wandte sich der Leiter der Polizeiinspektion Osnabrück, Oliver Voges, in einem offenen Brief an die Eltern aller Schülerinnen und Schüler in Stadt und Landkreis Osnabrück. Der Brief wurde über den elektronischen Bildungsserver NiBiS zugänglich gemacht und erreichte die Schulen zum Start des neuen Schuljahres am 13. August.

Darin schreibt Voges von einer „zunehmenden Grenzüberschreitung im Umgang mit digitalen Medien“. Er mahnt: „Tragische Ereignisse wie der zuvor genannte führen oft dazu, dass viele Menschen reflexartig ihre Handys zücken, um Inhalte zu filmen und zu verbreiten. In den wenigsten Fällen wird dabei jedoch darüber nachgedacht, welche Auswirkungen das auf die Betroffenen und deren Angehörige hat. Dieses Verhalten ist nicht nur pietätlos, sondern in vielen Fällen auch strafbar.“

Die Polizei wolle niemanden „an den Pranger stellen, sondern aufklären“, betonte Voges. Vor allem die Eltern seien in der Verantwortung, Kindern und Jugendlichen „ethisches und rechtlich korrektes Verhalten im Netz beizubringen“. Für weitere Informationen empfahl die Polizei in dem Schreiben die Plattform „Sounds Wrong“, die Aufklärungsmaterial zum Umgang mit digitalen Medien bereitstellt. Wie der NDR berichtet, konzentrieren sich die bisherigen Verfahren auf drei Schüler derselben Schule. Ob die Verbreitung der Fotos in größerem Umfang erfolgt ist, sei noch unklar. News4teachers / mit Material der dpa

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2 Kommentare
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Sandkatze
2 Monate zuvor

Wenn die Kinder älter als 7 sind, können sie zur Verantwortung gezogen werden. Auch Eltern haften nicht für ihre Kinder, sie können Strafzahlungen übernehmen, müssen es aber nicht. Dann bleibt diese “Zahlungsschuld” 30 Jahre oder so bestehen. Man könnte z.B. “fiktive Lizenzgebühren” für diese unerlaubten Aufnahmen und ihre Verbreitung in Rechnung stellen, notfalls die Erben der getöteten Frau.

RainerZufall
2 Monate zuvor
Antwortet  Sandkatze

Wie Sie vielleicht gelesen haben, geht es nicht um geistloses Bestrafen, sondern um Medienerziehung.

Die Polizei scheint da mehr Wert auf Konstruktivität zu legen als Sie