Margot-Friedländer-Preis geht an Schulen: Geschichtswerkstatt gegen das Vergessen

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BERLIN. Fünf Projekte und Initiativen sind in diesem Jahr mit dem Margot-Friedländer-Preis ausgezeichnet worden – darunter zwei Schulen: die Realschule und das Gymnasium aus dem nordrhein-westfälischen Korschenbroich. Sie erhielten den Preis für ihre gemeinsame „Geschichtswerkstatt“, in der Schülerinnen und Schüler seit Jahren die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus wachhalten.

Holocaust-Überlebende Margot Friedländer (hier vor dem Europaparlament in Brüssel 2022). Foto: Shutterstock

Als Lehrerin Eva Hermanns vor 17 Jahren die „Geschichtswerkstatt“ an der Städtischen Realschule Korschenbroich gründete, konnte sie kaum ahnen, wie weitreichend die Wirkung dieses Projekts sein würde. Heute betreut die Lehrerin gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen auch Schüler*innen des benachbarten Gymnasiums, die sich freiwillig der Spurensuche nach den Opfern des Nationalsozialismus widmen. Nun wurde ihre Arbeit mit dem Margot-Friedländer-Preis 2025 gewürdigt – einer der bedeutendsten Auszeichnungen für Engagement gegen Antisemitismus und für Demokratie.

„Wir suchen immer: Was hat das noch mit uns zu tun? Wie prägt das, was vor 80 Jahren war, uns heute noch – auch unsere 14-, 15- und 16-Jährigen? Das ist toll“, sagt Hermanns über die Motivation hinter dem Projekt. Für ihren Einsatz erhielten die beiden Schulen gemeinsam mit der Geschichtswerkstatt das Preisgeld von 25.000 Euro, das in die weitere Arbeit einfließen soll.

Es ist die erste Verleihung seit dem Tod der Stifterin Margot Friedländer, die im Frühjahr mit 103 Jahren verstorben war. Die in Berlin geborene Jüdin überlebte als Einzige ihrer Familie den Holocaust und engagierte sich nach ihrer Rückkehr aus dem Exil bis ins hohe Alter für Toleranz, Menschlichkeit und Demokratie. Die Jury unter Vorsitz von Elke Büdenbender, der Ehefrau von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, wählte die Preisträger*innen aus insgesamt 329 Bewerbungen aus.

„Wir möchten daran mitarbeiten, dass so etwas nie wieder geschieht“

Darunter eben: die Geschichtswerkstatt der Realschule und des Gymnasiums Korschenbroich. Sie hat sich seit 2008 der Aufgabe verschrieben, lokale Geschichten sichtbar zu machen. Schülerinnen und Schüler verschiedener Jahrgangsstufen interviewen Zeitzeugen, recherchieren in Archiven, pflegen Stolpersteine oder besuchen historische Orte wie Amsterdam oder Bergen-Belsen.

Ihr Ziel: Das Gedenken an die Opfer darf nicht verblassen. „Wir möchten daran mitarbeiten, dass so etwas nie wieder geschieht“, heißt es auf der Homepage der Realschule. Dazu setzen die Jugendlichen auf kreative Methoden – von Gedichten und Rollenspielen über Fotocollagen bis hin zu szenischen Darstellungen.

Die Auszeichnung in Berlin sehen die Schülerinnen und Schüler als Bestätigung ihrer Arbeit. Für Eva Hermanns ist der Preis auch ein Signal, dass die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit gerade im schulischen Alltag unverzichtbar bleibt. „Wir wollen uns erinnern – und verstehen lernen, warum Menschen so handelten, wie sie handelten.“

Neben den beiden Korschenbroicher Schulen zeichnete die Stiftung vier weitere Initiativen aus:

Evangelische Jugendarbeit Wurzen (Sachsen): Sie erhielt den ersten Preis für ihr langjähriges Engagement gegen Judenfeindlichkeit. Jugendliche aus dem Landkreis Leipzig rekonstruieren dort die Lebensgeschichten von Opfern der NS-Verbrechen in der Region.

Achava Festspiele Thüringen: Das jüdisch-interkulturelle Bildungs- und Kulturprogramm organisiert jährlich rund 50 Veranstaltungen, Zeitzeugengespräche und Workshops – und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Demokratievermittlung.

FC Ente Bagdad (Mainz): Der seit 1973 aktive Fußballverein steht für Respekt und Menschlichkeit. Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion finden dort eine Gemeinschaft.

Content Creatorin Susanne Siegert: Sie wurde mit dem Persönlichkeitspreis geehrt. Mit über 400.000 Followern auf TikTok und Instagram informiert sie junge Menschen über den Holocaust – kenntnisreich, verständlich und ohne zu vereinfachen. News4teachers / mit Material der dpa

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