CDU-Bürgermeister will, dass Schüler Klassenzimmer putzen! Eltern laufen Sturm 

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STUTTGART. Der CDU-Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd hat in der SWR-Sendung „Zur Sache!“ vorgeschlagen, dass Schülerinnen und Schüler ihre Klassenzimmer wieder selbst reinigen sollen – um die klammen Kommunen zu entlasten. Die Reaktionen darauf reichen von Zustimmung bei CDU, FDP und Kommunalverbänden bis hin zu scharfer Kritik von Eltern, Schülervertretungen und der SPD.

Reinigungskraft (Symbolbild.) Foto: Shutterstock

Richard Arnold (CDU), Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, erinnerte in der SWR-Sendung an frühere Zeiten: „Früher haben die Schüler noch freitags und samstags die Tafel geputzt und den Boden in den Schulen gekehrt. Ich wäre dafür, dass das wieder eingeführt wird in den Klassenräumen“, sagte er. Das würde nicht nur die Stadtkasse entlasten, sondern auch „ein Stück Verantwortung wieder zurückgeben an die Schülerinnen und Schüler und auch an die Lehrer“.

Die Stadt Schwäbisch Gmünd gibt nach Arnolds Angaben rund 4,5 Millionen Euro jährlich für die Reinigung von Schulen, Kitas und anderen öffentlichen Gebäuden aus. Angesichts der dramatischen Finanzlage vieler Kommunen müsse man auch „solche Wege beschreiten“.

Unterstützung aus CDU, FDP – und Teilen der Grünen

Arnolds Idee fand in der Folge laut SWR-Bericht in Teilen der Politik durchaus Anklang. CDU-Bildungsexperte Andreas Sturm verteidigte den Vorschlag: „Wer Verantwortung für seinen Raum übernimmt, lernt fürs Leben – Organisation, Sorgfalt und Respekt. Schule ist eben mehr als Mathe und Vokabeln, sondern auch Gemeinschaft und Verantwortung.“

Auch Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) äußerte Verständnis. Er nannte Arnolds Idee in der SWR-Sendung „einen unbequemen, aber sehr ehrlichen Vorschlag, um das Gemeinwesen aufrechtzuerhalten“. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke stimmte ebenfalls zu: Er könne sich vorstellen, Schulleitungen die Möglichkeit zu geben, „solche Aktionen in der eigenen Schule im Benehmen mit dem Schulträger durchzusetzen“.

Kommunalverbände pochen auf Eigenverantwortung

Unterstützung kam zudem von den Kommunalverbänden. Steffen Jäger, Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg, sagte dem SWR, Städte und Gemeinden seien gezwungen, „bei allen Aufgaben nach Einsparmöglichkeiten zu suchen“. Der Vorschlag, „die Nutzergruppen öffentlicher Einrichtungen – wie hier die Schüler – stärker mit einzubeziehen“, spiele dabei eine Rolle. Auch Ralf Broß vom Städtetag lobte kreative Ansätze: „Verantwortung für das eigene Umfeld zu übernehmen, ist eine Aufgabe für uns alle.“

Den Kommunen im Land fehlen in diesem Jahr nach Schätzungen rund drei Milliarden Euro – wegen sinkender Steuereinnahmen, gestiegener Sozialkosten und der Flüchtlingsunterbringung.

Eltern und Schüler wehren sich entschieden

Ganz anders sehen das die Betroffenen selbst. Der Vorsitzende des Landeselternbeirats, Sebastian Kölsch, reagierte empört: „Die eklatante Finanznot der Kommunen muss politisch gelöst werden“, sagte er. „Aber Narrative, die Kinder und Jugendliche als eine Art verschmutzende Schmarotzer darstellen, die gefälligst mit anpacken müssen, verkennen die Pflicht der Kommunen, Kinder zu ihrem Recht auf Bildung zu verhelfen.“

Kölsch betonte zugleich, dass Schülerinnen und Schüler sich längst an der Sauberkeit ihrer Schulen beteiligten: „An vielen Schulen im Land sind Schülerinnen und Schüler regelmäßig eingesetzt, sich um die Sauberkeit des eigenen Schulgebäudes zu kümmern – von Hofdiensten über Klassenzimmerdienste bis hin zu Sauberkeitsbotschaftern, die ihre Mitschüler erinnern, dass es auch einen Mülleimer gibt.“

Auch der Landesschülerbeirat wies Arnolds Vorschlag entschieden zurück. Vorsitzender Joshua Meisel sagte dem SWR: „Da die Pausen der Erholung dienen – nicht der Reinigung –, müssten sie Unterrichtszeit opfern. Das kann weder im Interesse von Schülerinnen und Schülern noch von Eltern oder Lehrkräften sein.“ Nach Unterrichtsschluss sei es zudem kaum umsetzbar, „weil die Busse meistens sehr knapp nach Ende der Schule abfahren“. Meisel warnte: „Die geringen Einsparungen bei den Reinigungskosten würden sich langfristig doppelt und dreifach rächen.“

Kultusministerium: Kein Ersatz für professionelle Reinigung

Auch das grün-geführte Kultusministerium in Stuttgart grenzte sich ab. Zwar könnten Schulleitungen und Lehrkräfte laut einem Ministeriumssprecher das Thema Sauberkeit im Schulalltag thematisieren – etwa durch rotierende Aufgaben im Klassenverband. Doch er stellte klar: „Es ist nicht die Aufgabe der Schülerinnen und Schüler, eine professionelle Reinigung der Schule durchzuführen, geschweige denn, eine solche zu ersetzen. Dies gebieten allein schon die gängigen Hygienevorschriften.“

Grüne und SPD: Vorschlag unausgereift und rückwärtsgewandt

In der Landespolitik regt sich ebenfalls Widerspruch. Grünen-Bildungsexperte Thomas Poreski nannte Arnolds Idee im SWR „nicht zu Ende gedacht“. Würde man sie konsequent umsetzen, „müssten auch die Kinder in den gemeindeeigenen Kitas oder Bewohnerinnen und Bewohner der kommunalen Altenheime zu Kehrwisch und Kutterschaufel greifen“.

SPD-Landeschef Andreas Stoch äußerte sich ähnlich scharf: „Der Vorschlag kommt mir ein wenig wie eine Zeitreise zurück in die 50er oder 60er Jahre des letzten Jahrhunderts vor“, sagte er. „Für die Reinigung von Klassenzimmern gibt es heutzutage zum Glück professionelles Personal.“ Statt solche Ideen zu diskutieren, müsse man die Kommunen finanziell so ausstatten, „dass es zu so unsinnigen Diskussionen gar nicht erst kommt“. News4teachers / mit Material der dpa

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