Nach Urteil gegen Vorgriffstunde: Tausende Lehrer übernehmen (laut Bildungsminister) freiwillige Zusatzstunden 

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MAGDEBURG. Eine Stunde mehr vor der Klasse: Das Bundesverwaltungsgericht hat die Vorgriffsstunde für Lehrkräfte in Sachsen-Anhalt gekippt. Bildungsminister Riedel setzte dann auf Freiwilligkeit – durchaus mit Erfolg, wie es scheint. 

Freiwillige Feuerwehr (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

Eine Stunde pro Woche länger vor der Klasse: Nachdem das Bundesverwaltungsgericht die Vorgriffsstunde für rechtswidrig erklärt hat, wollen Tausende Lehrkräfte in Sachsen-Anhalt freiwillig mehr arbeiten. Durch die freiwilligen Zusatzstunden beziehungsweise Teilzeiterhöhungen könnten mehr als 9.100 feste Mehrstunden generiert werden, sagte Bildungsminister Jan Riedel (CDU) in Magdeburg. Das habe eine Abfrage in den Schulen ergeben. Somit könnten mehr als 70 Prozent der mit den entfallenen Vorgriffsstunden aufgefangen werden.

Zudem hätten zahlreiche Lehrkräfte angekündigt, mit flexiblen Mehrzeiten zur Verfügung zu stehen, sagte Riedel. Diese Stunden würden jährlich abgerechnet und genauso vergütet wie auch die Zusatzstunden. Der Minister lobte das Engagement der Lehrkräfte, es zeuge von einem starken Berufsethos und sei wichtiges Zeichen für Zusammenhalt und Professionalität.

Ziel ist, die Unterrichtsversorgung an den Schulen so gut wie möglich zu sichern. Aktuell werde geprüft, wie konkret die Stundentafeln an den einzelnen Schulen abgesichert werden können.

Anfang September hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig geurteilt, die verpflichtende Vorgriffsstundenregelung sei vom Landesbeamtengesetz nicht gedeckt und daher unwirksam. Die Entscheidung ist rechtskräftig, es gibt keine Rechtsmittel mehr. Laut Riedel hatten sich durch die Anordnung der Vorgriffsstunde ungefähr 12.000 Unterrichtsstunden ergeben. News4teachers / mit Material der dpa

Nach BVG-Hammer zur Vorgriffsstunde: Bildungsminister appelliert an Lehrkräfte, Unterricht nicht einfach ausfallen zu lassen

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Realist
1 Tag zuvor

Wenn in einer Schule besonders viele Lehrkräfte diese “freiwilligen” Zusatzstunden ableisten, vielleicht weil die Schulleitung dort besonders “engagiert” ist, müssen diese Schulen dann an die Schulen abordnen, wo die Lehrkräfte nicht so viel “Arbeitsethos” aufbringen?

Dieser Gedankengang ist vielleicht auch für Lehrkräfte interessant, die eine eventuelle Abordnung überprüfen lassen wollen…

Quedel
18 Stunden zuvor
Antwortet  Realist

Wer solche Vereinbarungen abschließt (egal ob Zusatzstunde oder TZ-Erhöhung) ist – laut Formular bzw Aussage des Ministers – vor Abordnung geschützt. Zusatzstundenvereinbarung darf Schulleitung SL nur dann abschließen, wenn die Schule einen Mangel hat. Daher wird kaum eine Schule zuviel Stunden haben und wenig wahrscheinlich länger abordnen müssen. Aber wenn, kann es nur noch die treffen, die jetzt nicht freiwillig aufgestockt haben. Wer bereits abgeordnet ist, da sollte sich nichts ändern und da ändert sich ja auch nicht wirklich was an der Unterrichtsversorgung, wenn man nicht gerade an einer riesigen Sek/GmS/Gym mit 30+ Lehrkräften ist.

eumel
7 Stunden zuvor
Antwortet  Quedel

Und das nenne ich Erpressung, sorry

Biene
5 Stunden zuvor
Antwortet  Quedel

Das ist eine Aussage des Ministers! Solange nichts schriftlich ist: Was interessiert es, was gestern gesagt worden ist.

Karl Heinz
1 Tag zuvor

Soweit ich das verstanden habe, können TZ-Kräfte ihre Stundenzahl problemlos etwas erhöhen. Das wird dann wohl als einfache Stundenerhöhung gehandhabt und somit genauso versteuert wie das reguläre Salaire.

Wer schon voll geht und erhöht, muss wohl bei den Zusatzstunden höhere Steuern abtreten. Macht es also schon relativ unrentabel.

Natürlich kann man fragen, wieso sich einige erst darum bemühen in TZ zu kommen, um dann doch wieder die Stunden hochzuschrauben.
Aber das soll ja gern jede Person für sich entscheiden…

Alex
1 Tag zuvor
Antwortet  Karl Heinz

Warum wohl? Die SL hatten die Stundenpläne inkl. Vorgriffsstunden schon fertig. DIE LK will ich sehen, die dann erklärt, sie bestehe nun auf der regulären Stundenzahl und die SL solle gefälligst einen neuen Plan schreiben…

DienstnachVorschrift
1 Tag zuvor
Antwortet  Alex

Natürlich werden die Koordinatoren neue Pläne schreiben. Das passiert doch ständig, wenn Kollegen langzeiterkrankt sind oder andere unvorhergesehene Dinge passieren. Wenn jemand sich gegen die Zusatzstunde entscheidet, dann kann ggf. auch alle 2 Wochen eine Doppelstunde am Rand ausfallen (außer in der Grundschule ggf.). Und natürlich ist es nicht sinnvoll, wenn man regulär eingetaktet wurde, 4 Zusatzstunden zu übernehmen. Denn ggf. kann man nicht so einfach mitten im Halbjahr Klassen übernehmen und macht so Minusstunden. Das heißt, man hat im zweiten Halbjahr extrem viel Arbeit oder wird tatsächlich abgeordnet. Wenn man aber gerade auf 100+ Überstunden läuft, sind mehr Zusatzstunden aber definitiv eine Option. Generell haben fast alle Schulen, außer in Halle oder Magdeburg, eine schlechte Unterrichtsversorgung.

Kadee
1 Tag zuvor

Wie kann man nur …?

Dejott
16 Stunden zuvor

Gut, Presseaussagen aus dem Kultus sollte man nie glauben. Allerdings ist manchen Lehrer*innen auch nicht zu helfen. Mit “man muss doch an die Kinder denken” lassen sie sich bis zum Sanktnimmerleinstag verheizen. Könnte man auch emotionalen Missbrauch durch den Arbeitgeber nennen….

Chorleiterin
13 Stunden zuvor
Antwortet  Dejott

Das habe ich im Lehrerberuf aber ständig erlebt. Zwei Chorstunden pro Woche- mal wurden sie angerechnet, mal nur eine, mal keine, immer so, wie es gerade in den Kram passte.
Mitgeteilt wurde mir das mit jeweils einem kleinen Zettel in mein Fach am Anfang des Schuljahres.
Um den Chor zu erhalten( Jugendchor am Gymnasium) und Kontinuität zu gewährleisten, ohne die es bei Chorarbeit nicht geht, habe ich alle “Schandtaten” mitgemacht, weil es mein Herzensprojekt war, was aber in der Schulleitung niemanden interessiert hat.
Ich hatte dadurch teilweise Schüler, die 9 Jahre kontinuierlich bei mir mitarbeiten konnten, von der 5. bis zur 13.Klasse. Ich hätte es nicht übers Herz gebracht, deswegen auszusetzen, weil die Stunden nicht angerechnet wurden.

Mr X
7 Stunden zuvor
Antwortet  Chorleiterin

Jeder ist für sich verantwortlich.
Dann aber auch nicht beschweren!

Gizi
10 Stunden zuvor
Antwortet  Dejott

Ich würde mich gerne verheizen lassen, wenn ich dadurch meinen Job behalten würde. Aber Beamte haben ja keine Existenzängste. Und dann einen Aufstand wegen einer Stunde in der Woche. Wissen Sie eigentlich wie sich Arbeitslose fühlen, ohne Aussicht auf einen neuen Job. Haus weg, umziehen in eine “schlechte” Gegend und Kinder verlieren ihre Freunde. Aber Hauptsache jammern auf höchstem Niveau.

Iris Naumann
5 Stunden zuvor
Antwortet  Gizi

Unzufrieden? Dann ab in den Lehrerberuf – im Seiteneinstieg heutzutage kein Problem. 😉

447
5 Stunden zuvor
Antwortet  Gizi

Und genau darum, genau wegen dieser “Verhandlungsposition” WERDEN Leute wie Sie verheizt.
Und halt einfach trotzdem gekündigt, wenn es geht, weil: Personalkosten.

Aber wieder mal bezeichnend:
Sie schiessen gegen Leute, die sich dagegen gewehrt haben/wehren können – und sind auch noch stolz auf diese Opferhaltung…Prost Mahlzeit.

eumel
7 Stunden zuvor
Antwortet  Dejott

So sehe ich das auch, aber…. es hat funktioniert

Carsten
16 Stunden zuvor

Wie sieht es mit dem Berufsethos des Ministerpräsidenten aus, der diesen Bock geschossen hat ?

Thomas Höhmann
8 Stunden zuvor
Antwortet  Carsten

Der MP fegt dafür Samstags die Zufahrt der freiwilligen Feuerwehr.

447
15 Stunden zuvor

Unglaublich – na ja, geliefert wie bestellt.

PaPo
14 Stunden zuvor

Wenn dem so ist, ist der Zunft nicht mehr zu helfen…

Salida
13 Stunden zuvor

Ach was, man muss Lehrkräfte gar nicht nach Gutsherrenart kommandieren? Es geht mit Kooperation? Wer hätte das gedacht.

Thomas Höhmann
8 Stunden zuvor
Antwortet  Salida

Ging in der ollen DDR auch. Alle Werktätigen leisteten Samstags solidarischen Freiwilligendienst.

Bjoern
12 Stunden zuvor

“wollen Tausende Lehrkräfte in Sachsen-Anhalt freiwillig”

Ein kurzes Lachen beim Lesen des Textes erschallt… Keine Frage, auch die wird es geben. Oftmals die, die dann irgendwann später über persönlich negativ empfundene Abläufe und Regeln meckern. Hier und da wird mit Sicherheit auch der Druck… Ich meine natürlich das Angebot… der SL groß genug sein.

Yvonne Schulte
10 Stunden zuvor

Toller Arbeitsethos…. Das hören die im Schuldienst tätigen und oft stark belasteten Mütter und Väter sehr gerne. Das Gleiche gilt für Lehrkräfte, die ihre Eltern oder Angehörigen pflegen müssen.

Sebastian
4 Stunden zuvor

Was heißt den freiwillig wenn es bezahlt wird? Wenn die Überstunden so gut vergütet würden wie bei verbeamteten Lehrern dann würde Deutschland auch mehr arbeiten. Wer regelmäßig vorgriffsstunden macht bekommt diese auch an Feiertagen, frühpensionierung und Pensionierung mit dazu gerechnet. Das ist vergoldete der arbeitszeit