Schule ehrt Lehrerin, die 1930 Opfer rechtsextremer Willikür wurde (CSU/AfD dagegen)

1

REGENSBURG. Eine Lehrerin, verfolgt, diffamiert, entrechtet – und in den Tod getrieben. Elly Maldaque war 36 Jahre alt, als sie 1930 nach einer rechtsextremen Kampagne in eine Nervenheilanstalt eingewiesen wurde und dort unter ungeklärten Umständen starb. Nun, fast ein Jahrhundert später, hat der Bildungsausschuss der Stadt Regensburg entschieden, die Von-der-Tann-Grundschule nach ihr zu benennen – gegen den Widerstand von CSU und AfD.

Elly Maldaque. Foto: Bearbeiteter Screenshot

Am 20. Juli 1930 stirbt Elly Maldaque in der Heil- und Pflegeanstalt Karthaus-Prüll bei Regensburg. Elf Tage zuvor war sie gewaltsam dorthin gebracht worden – wegen angeblicher „gemeingefährlicher Geisteskrankheit“. Die 36-jährige Lehrerin hatte einen Nervenzusammenbruch erlitten, nachdem sie fristlos aus dem Schuldienst entlassen worden war. Ihr Vergehen: Sie hatte Klavier bei kommunistischen Veranstaltungen gespielt und sich offen für freidenkerische Ideen interessiert.

Wie Regensburg Digital berichtet, war Maldaque von der Polizei bespitzelt worden, „weil sie bei Kommunisten Klavier gespielt und sich für deren Ideen begeistert hatte“. In den Akten wurde sie als „selbst- und gemeingefährlich“ bezeichnet. Neun Tage nach ihrer Einlieferung war die bis dahin gesunde Frau tot – die Todesursache: offiziell „Lungenentzündung“. Doch schon damals sprach die linke Presse von einem politischen Skandal, der in der Weimarer Republik deutschlandweit Schlagzeilen machte. Über 90 Zeitungen berichteten über die „Lehrerin von Regensburg“, der Schriftsteller Ödön von Horváth widmete ihr ein Theaterstück.

Entscheidung mit Symbolkraft

95 Jahre später, im Oktober 2025, soll die Lehrerin endlich eine späte Würdigung erfahren. Der Bildungsausschuss des Regensburger Stadtrats stimmte für die Umbenennung der Von-der-Tann-Grundschule in Elly-Maldaque-Schule. Der Antrag kam aus der Schule selbst: Lehrerkollegium, Elternbeirat und Schülervertretung hatten sich einhellig dafür ausgesprochen. „Elly Maldaque wurde ein Opfer nichtdemokratischer Umtriebe, ihren Namen zu würdigen bedeutet, die Demokratie zu stärken“, heißt es im Schreiben der Schulfamilie an die Stadt.

Doch die Abstimmung verlief nicht ohne Streit. Nach einer regelrechten Schlammschlacht, so Medienberichte, stimmten nur CSU und AfD gegen die Umbenennung. Die übrigen Fraktionen unterstützten den Vorschlag. Die CSU erklärte, Maldaque sei „keine würdige Namensgeberin“ – und wiederholte damit Argumente, die in Regensburg seit Jahrzehnten immer wieder gegen eine Ehrung der Lehrerin ins Feld geführt werden.

Alte Fronten: Die CSU und der „Fall Maldaque“

Die Geschichte wiederholt sich. Schon in den 1980er und 1990er Jahren waren Anträge, eine Straße oder Schule nach Elly Maldaque zu benennen, im Stadtrat mehrfach gescheitert – vor allem am Widerstand der CSU. Offiziell hieß es, sie sei „nur ein Opfer“, aber „nicht bedeutend genug“ für eine solche Ehrung.

Diese Haltung hat historische Wurzeln. In den 1920er Jahren regierte in Bayern die Bayerische Volkspartei (BVP) – die klerikal-konservative Vorgängerin der CSU. Unter ihrer Ägide wurde Maldaque gegen die Weimarer Reichsverfassung aus dem Schuldienst entfernt, während nationalsozialistische Lehrer im Amt bleiben durften. Die BVP paktierte damals mit der NSDAP.

Der spätere Regensburger Oberbürgermeister Hans Herrmann, ein BVP-Politiker, der nach dem Krieg für die CSU antrat, spielte in dieser Geschichte eine zentrale Rolle. Noch 2015, als die Hans-Herrmann-Schule umbenannt werden sollte und eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in einer Online-Umfrage für Elly Maldaque stimmte, blieb die CSU bei ihrem Nein. Die Schule trägt bis heute den Namen eines Künstlers.

Unterstützung aus München

Dass die Umbenennung nun doch Realität wird, ist auch einem Schreiben des früheren bayerischen Kultusministers Michael Piazolo (Freie Wähler) zu verdanken. In einem Brief schrieb Piazolo: „Nach den uns vorliegenden Erkenntnissen ist Frau Maldaque zutiefst ungerecht behandelt worden. (…) Die Rolle der Wegbereiter des nationalsozialistischen Terrorregimes ist unsäglich und deutet darauf hin, dass Frau Maldaque Opfer einer von rechtsextremen Kreisen lancierten Kampagne geworden ist.“

Damit erhält die Lehrerin posthum offizielle Anerkennung von höchster Stelle – 95 Jahre nach ihrem Tod.

Die Lehrerin Elly Maldaque – engagiert, sensibel, modern

Wer war diese Frau, die man in Regensburg lange totgeschwiegen hat? Laut Wikipedia war Elly Maldaque 1893 in Erlangen geboren, Tochter eines streng religiösen Vaters. Sie galt als begabte Schülerin und absolvierte das Lehrerinnenseminar mit Bestnoten. 1920 trat sie ihre Stelle an der evangelischen Von-der-Tann-Schule an – als erste evangelische Lehrerin der Stadt. Zeitzeugen beschrieben sie als sportlich, offen, klug und bei ihren Schülern beliebt. Sie engagierte sich sozial, organisierte Wochenendausflüge für Kinder aus armen Familien und besuchte Arbeiter- und Freidenker-Versammlungen. In ihrem Tagebuch schrieb sie: „Gut werden – das ist und bleibt das Einzige und Letzte. Der Weisheit letzter Schluss ist die milde und unversiegbare Liebe.“

Doch ihre politischen Sympathien für die Arbeiterbewegung machten sie in der konservativ-katholischen Stadt angreifbar. Nach ihrer Kündigung erklärten die Eltern ihrer Schüler in einer Versammlung einstimmig: „Fräulein Maldaque hat sich in keiner Weise einer Unterrichtsart bedient, die einer christlichen Schule widersprechen würde.“

Das half ihr nicht. Am 9. Juli 1930 wurde sie abgeführt – und kam nicht mehr lebend zurück. News4teachers 

Lassen sich Schülern die Werte des Grundgesetzes in einer wöchentlichen “Verfassungs-Viertelstunde” vermitteln? GEW: “Feigenblatt”

Anzeige

Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

1 Kommentar
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Unverzagte
43 Minuten zuvor

Würde die CSU je auf Ihre Würdigkeit überprüft?