“Belastung nicht zu tragen”: 86 Prozent der Lehrkräfte scheiden vorzeitig aus

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DRESDEN. Mehr als 1.300 Lehrer verlassen Sachsens Schulen jedes Jahr vorzeitig – nur rund 200 erreichen im Dienst das reguläre Ruhestandsalter. Für viele scheint ihr Beruf bis zur Rente nicht mehr machbar. Die GEW verweist auf eine hohe Belastung.

Notausgang. (Symbolfoto.) Foto: Shutterstock

Etwa neun von zehn Lehrerinnen und Lehrern an sächsischen Schulen steigen vorzeitig aus ihrem Beruf aus. Das ergab eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Luise Neuhaus-Wartenberg und Juliane Nagel (beide Linke) im Landtag. Sie halten die Zahl für alarmierend. Im Schuljahr 2024/2025 gab es insgesamt 1.601 Abgänge von Lehrkräften, 1.377 beendeten den Dienst vor dem normalen Renteneintritt.

Mehrarbeit ist an Schulen Alltag

«Es muss sich dringend etwas an den Arbeitsbedingungen ändern», sagte Neuhaus-Wartenberg. Die Arbeitszeitstudie des Kultusministeriums habe gezeigt, dass Mehrarbeit für Lehrkräfte an den sächsischen Schulen Alltag und auf Dauer nicht leistbar sei. Kultusminister Conrad Clemens (CDU) müsse jetzt seine Maßnahmen überarbeiten und endlich für Entlastung sorgen.

Auch für Burkhard Naumann, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), liegen die Gründe für einen vorzeitigen Abschied vom Schuldienst auf der Hand. «Die Belastung im Lehrberuf ist immens und für viele Lehrkräfte bis zum Rentenalter nicht zu schaffen. Die Aufgaben nehmen immer weiter zu, während auch die pädagogischen Herausforderungen bei der Schülerschaft steigen.»

GEW-Chef: Beruf ist für viele nur noch Durchhalten

Naumann zufolge verschlechtern sich die Rahmenbedingungen im Zuge des Lehrkräftemangels und seit diesem Jahr auch mit einem Rückgang der finanziellen Mittel vom Land. «Der Lehrberuf könnte einer der schönsten Jobs sein, weil man junge Menschen auf ihre Zukunft vorbereitet. In der aktuellen Situation ist es für viele jedoch nur ein Durchhalten mit der Motivation des eigenen Idealismus. Die hohe Belastung ist gesundheitsgefährdend.

Laut GEW wird bei Lehrkräften regelmäßig ein deutlich höheres Burnout-Risiko nachgewiesen als bei anderen Berufsgruppen. Die vielen Überstunden in der Schulzeit könnten nur ausgeglichen werden, wenn man in den Ferien überhaupt nicht arbeite. Trotz Ferien leiste der Großteil der Lehrkräfte über das ganze Jahr permanent unbezahlte Überstunden. Dabei umfasse der Unterricht von 26 oder 27 Stunden pro Woche nur ein Drittel der Arbeitszeit.

Zwei Drittel der Arbeitszeit Aufgaben außerhalb des Unterrichts

«Zwei Drittel der Wochenarbeitszeit sind außerunterrichtliche Aufgaben, die immer mehr zunehmen. Neben den Kernaufgaben von Lehrkräften gehören dazu auch viele Verwaltungsaufgaben wie die Organisation von Klassenfahrten, die Einrichtung von digitalen Endgeräten, weil dafür kein Personal zur Verfügung gestellt wird, deutlich mehr Elternarbeit als in der Vergangenheit und vieles mehr», führte Naumann an.

Durch diese schlechten Arbeitsbedingungen verliere Sachsen in jedem Schuljahr mehr als 1.300 Lehrkräfte, die vor der Zeit aus dem Schuldienst ausscheiden, berichtete Naumann. Mit dem Maßnahmenpaket des Kultusministers und den Kürzungen im Doppelhaushalt des Landes würden sich die Bedingungen noch einmal dramatisch verschlechtern. «Deshalb denken jetzt noch mehr Lehrkräfte über frühzeitiges Ausscheiden nach.»

GEW: Lehrer mit besseren Arbeitsbedingungen halten

Um diese zu halten, müssten die Rahmenbedingungen grundlegend verbessert werden, stellte der GEW-Chef klar. «Das geht nur mit einem umfassenden Bildungspaket, mit einem Ausbau der Schulassistenz als Unterstützung, dem Ausbau und der personellen Unterstützung bei der digitalen Ausstattung der Schulen, mehr Schulsozialarbeit und einer echten Lehrplanreform, die den Unterricht ins 21. Jahrhundert holt.»

Eine Arbeitszeituntersuchung im Auftrag des Kultusministeriums hatte unlängst ergeben, dass sächsische Lehrer im Schnitt 2,5 Überstunden pro Woche leisten. Die Überstunden in Unterrichtswochen werden in den Ferien ausgeglichen. Etwa die Hälfte der Vollzeitkräfte liegt über der vorgesehenen Arbeitszeit, die andere Hälfte darunter. Teilzeitlehrer liegen 60 Prozent darüber. Gymnasiallehrer haben eine besonders hohe Belastung.

Die Methodik der Studie wird allerdings scharf kritisiert – Lehrerverbände bezweifeln, dass Vollzeit-Lehrkräfte im Jahresschnitt nicht zu viel arbeiten (News4teachers berichtete). News4teachers

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