Wenn der Schwamm Geschichte ist: Wie interaktive Tafeln Unterricht verändern

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DÜSSELDORF. Die gute alte Kreidetafel verschwindet aus Deutschlands Klassenzimmern – und mit ihr eine Ära des Unterrichts. Digitale Whiteboards, Tablets und KI-Tools übernehmen. Sie versprechen interaktive Lernprozesse, mehr Motivation und moderne Pädagogik. Doch was leisten die neuen Technologien wirklich? Ein Blick in Schulen, Studien und Verlage zeigt: Der Unterricht wird zwar nicht automatisch besser – aber die Möglichkeiten für Lehrkräfte, gut und interessant zu unterrichten (und dabei sogar noch Arbeitszeit zu sparen), werden größer.

Anschaulich. Illustration: Shutterstock

Der Schwamm ist Geschichte. Zumindest in Hückeswagen. In der Realschule der nordrhein-westfälischen Kleinstadt steht keine einzige der alten grünen Tafeln mehr, an denen Generationen von Schülerinnen und Schülern den muffigen Geruch von feuchten Wischutensilien eingeatmet haben. Stattdessen tippen Lehrerinnen und Lehrer jetzt auf riesige Bildschirme, die sich wie überdimensionale Tablets bedienen lassen. Die Stadt hat mit Unterstützung des Digitalpakts des Bundes sämtliche Klassenräume und fast alle Fachräume mit interaktiven Tafeln ausgestattet.

Murat Arslan, Lehrer für Geschichte, Biologie, Mathematik und Informatik, steht mitten im Raum der 7b und erklärt gerade die Vereinfachung mathematischer Terme. Was seine Schülerinnen und Schüler an der Tafel sehen, steuert er über ein iPad. „Die Kreidezeit ist vorbei!“, sagt seine Kollegin Birgit Sköries lachend laut einem Bericht der „Rheinischen Post“. Sie unterrichtet Geschichte, Sozialwissenschaften, Politik und Wirtschaft – und nutzt die digitale Technik täglich. Wenn sie Begriffe erklärt, sucht sie über die Tafel ein passendes Bild und zeigt es der Klasse. Eine Kogge etwa, um den Seehandel im Mittelalter anschaulich zu machen. Oder sie spielt eine „Logo!“-Sendung des ZDF ab, um politische Begriffe zu erklären.

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„Das ist schon eine große Arbeitserleichterung“, sagt sie. Die digitalen Tafeln erlauben ihr, Unterrichtsmaterialien aus verschiedensten Quellen zusammenzuführen und direkt auf dem Bildschirm zu kommentieren. Filme, Musik, Grafiken – alles lässt sich mit einem Fingertipp abrufen. Die Realschule in Hückeswagen hat mindestens 25 solcher Tafeln installiert. Lehrkräfte bilden sich regelmäßig fort. Über die Plattform „Fobizz“ müssen sie mindestens zwei Online-Fortbildungen pro Jahr absolvieren – viele machen deutlich mehr. In kurzen Lehrerkonferenzen tauschen sie Tipps aus, wie man die Geräte optimal nutzt. „Wir lernen gegenseitig voneinander“, sagt Sköries.

Arslan ergänzt: „Wir können auch zusätzliche KI-Tools nutzen. Das Arbeiten mit Künstlicher Intelligenz ist die Zukunft.“ Schon jetzt habe sich die Effizienz erhöht. Doch er betont auch den kritischen Blick: „Wir müssen aufpassen, dass es nicht in die falsche Richtung geht. Reflektierter Umgang mit Technik gehört zum Job.“

Die digitale Schultafel als Milliardenmarkt

Was in Hückeswagen exemplarisch sichtbar wird, ist bundesweit längst im Gange. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ beschrieb den Wandel kürzlich ebenfalls als „Ende der Kreidezeit“. Digitale Whiteboards sind aus vielen Schulen nicht mehr wegzudenken. Von Grundschule bis Oberstufe sollen sie den Unterricht anschaulicher, interaktiver und kollaborativer machen.

Zwei Lehrerinnen, die in der FAZ zitiert werden, bestätigen das: Der Unterricht mit digitaler Schultafel sei „ein Gewinn“. In der Grundschule wird das Board meist vom Lehrer bedient – für Hausaufgabenvergleiche, Fotos oder kurze Erklärvideos. In weiterführenden Schulen dagegen wird es wie ein eigenständiger Rechner genutzt, mit Apps für alle Fächer und Lernspiele-Plattformen wie „Kahoot“. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten in Gruppen, teilen Inhalte und Ideen, zeichnen oder notieren gemeinsam.

Doch die Technik hat ihren Preis – und ihre Tücken. Bis zu 10.000 Euro kostet ein Whiteboard, hinzu kommen Installation, Wartung und Software. In Deutschland wurden zwischen 2020 und 2023 laut Marktforschern rund 280.000 solcher Tafeln verkauft. Damit ist Deutschland europäischer Spitzenreiter. Der Markt ist riesig: mehrere Hundert Milliarden Dollar weltweit.

Der Digitalpakt Schule von 2019, ergänzt um Corona-Hilfen 2020, hat die Verbreitung stark beschleunigt. Im Schnitt erhielt jede Schule über 160.000 Euro Fördermittel. Doch in vielen Bundesländern droht jetzt eine „digitale Förderlücke“, weil Wartung und Support nicht dauerhaft abgesichert sind. Die FAZ berichtet von Lehrkräften, die monatelang auf Reparaturen warten. „Die Bürokratie ist ein Problem“, heißt es dort. Die Hoffnungen ruhen auf dem Digitalpakt 2.0, der im Januar starten soll.

Was die Wissenschaft über digitale Tafeln weiß

Wie aber verändert sich Lernen tatsächlich durch die neue Technik? Trotz des riesigen Markts gibt es erstaunlich wenige wissenschaftliche Untersuchungen. Eine der frühesten stammt von der Lancaster University, die bereits 2016 den Einsatz von interaktiven Whiteboards an einem Solinger Gymnasium begleitete. Acht Monate lang beobachteten Forscherinnen und Forscher den Unterricht – mit bemerkenswert positiven Ergebnissen.

Die Schülerinnen und Schüler beteiligten sich deutlich aktiver, diskutierten häufiger und arbeiteten konzentrierter. Lehrkräfte berichteten von effizienterem Unterricht, größerem Interesse und besserem Verständnis. Lerninhalte konnten schneller erarbeitet werden, die Technik erlaubte einen flexiblen Zugriff auf Materialien auch zu Hause. Zudem verbesserten sich Sichtbarkeit und Audioqualität – ein nicht zu unterschätzender Faktor in großen Klassen.

Die Lancaster-Studie riet dazu, digitale Tafeln zunächst in ausgewählten Räumen zu testen, um Akzeptanz und Kompetenz zu fördern. Zentral sei ein „regelmäßiger Erfahrungsaustausch zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern“, um aus Technik tatsächlich pädagogischen Fortschritt zu machen.

Knapp zehn Jahre später untersuchte ein Team der Universität Oldenburg, wie sich interaktive Whiteboards im Unterricht nutzen lassen – diesmal mit angehenden Lehrkräften. Rund 50 Studierende entwickelten Unterrichtskonzepte und testeten die Geräte kritisch. Das Fazit: Das Potenzial ist groß, aber längst nicht ausgeschöpft.

„In der Praxis werden Whiteboards oft nur wie eine Beamerfläche verwendet“, sagt Professorin Ines Oldenburg vom Institut für Pädagogik. Viele Studierende sahen Defizite bei Schulungen und Softwarefunktionen. Eine Sonderpädagogin warnte, dass Kinder mit Förderbedarf stärker haptische Materialien bräuchten. Sportstudierende kritisierten den Zeitverlust durch Technikprobleme. Und doch überwog der Nutzen: Musiklehrerinnen etwa zeigten, wie die virtuelle Klaviatur des Boards Töne erzeugt – und wünschten sich, dass diese gleich in Noten umgewandelt würden. „Lehrkräfte müssen motiviert, aber auch kritisch geschult werden“, betont Oldenburg. Nur so könne der digitale Unterricht wirklich inklusiv und lernwirksam werden.

Fünf Vorteile aus der Praxis

Wie die Theorie in der Praxis aussehen kann, beschreibt der Cornelsen Verlag, der seit Jahren Fortbildungen zum Einsatz interaktiver Tafeln anbietet. Die fünf größten Vorteile, so der Verlag: Zeitersparnis, unbegrenzter Arbeits- und Speicherplatz, bessere Visualisierung, Aktualität und Medienintegration.

Lehrerinnen und Lehrer könnten Unterrichtsmaterialien abspeichern, anpassen und immer wiederverwenden. Komplexe Aufgaben ließen sich übersichtlich darstellen, Themen aus dem Internet tagesaktuell einbinden. Das Whiteboard vereine alle Medien – von Overhead-Projektor bis Filmgerät – in einem Gerät. Voraussetzung sei allerdings eine gute Vorbereitung und Methodenvielfalt: „Setzen Sie auf selbstständiges, aktives Lernen“, rät Cornelsen den Lehreinnen und Lehrer. Technik allein mache noch keinen guten Unterricht.

Beispiel Delmenhorst: 1,7 Millionen Euro für lebendiges Lernen

Wie Digitalisierung gelingen kann, zeigt das niedersächsische Delmenhorst. Dort hat die Stadt alle Grund- und Förderschulen mit 326 interaktiven Tafeln ausgestattet – ein Projekt im Wert von 1,7 Millionen Euro, vollständig aus städtischen Mitteln finanziert. „Für Schüler sind die Tafeln motivierend und eine Bereicherung“, sagt Schulleiterin Kristina Pallasch von der Astrid-Lindgren-Schule gegenüber dem Lokalmedium dk-online. Selbst zurückhaltende Kinder trauten sich häufiger, zur Tafel zu gehen.

Die Tafeln sind mit Apps für Deutsch, Mathe und Englisch bestückt, dazu mit kindgerechten Suchmaschinen und Zugang zu Mediatheken von ARD, ZDF oder Google Earth. „Die Lehrwerke werden mittlerweile auf diese Art des Unterrichts ausgerichtet“, so Pallasch. Lehrkräfte erhielten Schulungen und können über ein Ticketsystem technische Unterstützung anfordern. Die Ausstattung mit WLAN war die größte Herausforderung – doch jetzt funktioniert der digitale Alltag reibungslos.

Zurück nach Hückeswagen: Wenn dort heute eine Schülerin der 7b den Finger auf das Mülleimer-Symbol der Tafel legt, verschwindet das eben Geschriebene – ganz ohne Schwamm und Kreidestaub. „Und es riecht nicht einmal mehr“, scherzt Birgit Sköries. Digitalisierung im Klassenzimmer ist hier längst Normalität geworden. News4teachers 

Hier geht es zu allen Beiträgen des Themenmonats “Digital lehren und lernen”. 

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Dan
2 Stunden zuvor

Soviel Möglichkeiten sie auch bieten:
Die digitalen Tafel sind eine Katastrophe für selbsterstellte Tafelbilder und die Handschrift der Lehrkräfte wird immer schlimmer.
Seit der Einführung werden die Tafelbilder wesentlich schlechter, weil die KollegInnen sich deutlich weniger Mühe geben.