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Quantenphysik: 2.000 Besuche pro Sekunde – wie der Weihnachtsmann das schafft 

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MÜNCHEN. Eigentlich würde der Weihnachtsmann beim Ausliefern zerdrückt und verheizt – wenn er, wie behauptet, binnen Stunden alle (christlichen) Kinder des Planeten mit Geschenken versorgen soll. Doch es gibt eine Lösung, wie ein prominenter Physiker vorechnet. Die erklärt auch, warum Santa Claus nie zu sehen ist.

Geht doch. (Symbolfoto.) Foto: Shutterstock

Alle Jahre wieder saust der Weihnachtsmann binnen weniger Stunden um den Erdball, um Kindern in aller Welt Geschenke zu bringen. So beschreiben es unzählige Filme und Geschichten. Wissenschaftler machen sich seit jeher einen Spaß daraus, zu berechnen, warum das faktisch unmöglich ist. Der Dortmunder Physiker Prof. Metin Tolan erklärt nun, wie das Weihnachtsfest doch nicht ausfallen muss: Der übergewichtige ältere Herr kann sich moderne Quantenphysik zunutze machen.

Für die Berechnungen werde die Existenz des Weihnachtsmanns als gesichert angenommen, «weil sich die ganze Welt einfach nicht irren kann», schreibt Tolan in seinem Buch «Stille Nacht, eilige Nacht». Er erinnert an eine der ersten überlieferten Geschichten, in der die Existenz des Weihnachtsmanns hinterfragt wurde: 1897 schrieb Virginia O’Hanlon, acht Jahre alt, der «New York Sun» einen Leserbrief mit der Formulierung «Bitte sagen Sie mir die Wahrheit: Gibt es einen Weihnachtsmann?»

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Air Force statt Santa Claus

Ja, lautete die in viele poetische Worte gekleidete Antwort – die noch heute eine der häufigsten nachgedruckten Artikel in Zeitungen in englischer Sprache sei. Bis heute wirkt auch ein weiteres Ereignis in den USA nach: Am Heiligabend 1955 klingelte das Rote Telefon der US-Luftverteidigung. Harry Shoup, Colonel der United States Air Force, hob den Ernstfall erwartend ab – und ein kleines Mädchen fragte: «Bist du wirklich der Weihnachtsmann?»

Es folgten zahlreiche weitere Anrufe: Ein Versandhaus hatte die vermeintliche Nummer von Santa Claus veröffentlicht – tatsächlich war es die hochgeheime Notfallnummer der Air Force. «Der Colonel bewies, dass er auch Herr dieser speziellen Lage war, und stellte einige Männer ab, um die Fragen der Kinder zu beantworten», heißt es im Buch. Auf dem Ereignis basiere die Tradition, dass das Nordamerikanische Luft- und Weltraum-Verteidigungskommando NORAD alljährlich die Position von Santa Claus bekanntgibt. NORAD Tracks Santa heißt das Projekt, zu sehen unter www.noradsanta.org.

2.708 Besuche pro Sekunde – ist das zu schaffen?

Tolan errechnet, wie viele Haushalte der laut einer Studie zu Weihnachtsfilmen gefährlich übergewichtige Weihnachtsmann dabei ansteuern müsste – unter der Voraussetzung, dass er nur christliche, bis zu zehn Jahre alte Kinder beliefert, die in dem Jahr brav waren. In 24 Stunden müsste er demnach 2.708 Besuche pro Sekunde absolvieren, um 234 Millionen Haushalte anzusteuern. Flöge er entgegen der Erdrotation, hätte er insgesamt 32 Stunden Zeit – und damit «nur» etwa 2.000 Besuche pro Sekunde zu bewältigen.

Das liege mit Faktor 40 oberhalb der maximalen Bildfrequenz, die ein Mensch auflösen kann – deshalb habe man keine Chance, ihn bei seiner Arbeit zu beobachten. Allerdings wäre der Weihnachtsmann ohnehin tot – verglüht und zerquetscht, wie Tolan erklärt. Zu bewältigen hätte er eine Gesamtstrecke von etwa 82 Millionen Kilometern, und das mit einem weit über 200.000 Tonnen wiegenden Schlitten, wenn jedes Kind nur ein etwa ein Kilogramm wiegendes Geschenk erhält.

Rentier um Rentier würde verglühen

Um den Schlitten auf die benötigte Geschwindigkeit zu beschleunigen, bräuchte der Weihnachtsmann mehr als die sechsfache Energiemenge, die in Deutschland innerhalb eines ganzen Jahres verbraucht wird, errechnet Tolan. Er erklärt, unter welchen Bedingungen ein Rentier nach dem anderen und danach Weihnachtsmann samt Schlitten binnen Sekundenbruchteilen verdampfen würden und warum auch ein Kurvenflug tödliche Risiken bedeutet.

Doch ein Überleben ist möglich, wenn die Quantentheorie samt sogenannter Energie-Zeit-Unschärfe ins Spiel kommt, macht Tolan Hoffnung. Die Quantentheorie besagt, dass Materie auch Welleneigenschaften hat. «Für den Weihnachtsmann bedeutet das etwa, dass man ihn durch eine im ganzen Raum vorhandene Materiewelle ersetzen muss, die alle Zustände gleichzeitig beschreibt, die er einnehmen kann.» Anstelle eines Weihnachtsmanns liege also eine ganze Weihnachtsmann-Welle aus Überlagerungen all seiner Zustände vor.

Mit der Quantentheorie muss radikal anders gedacht werden

«Diese einzelnen Zustände sind dann dadurch gegeben, dass er seine Geschenke jeweils in einem bestimmten Haus abliefert.» Der Weihnachtsmann sei also in allen Häusern gleichzeitig. Eine Auslieferung nach den Regeln der Quantentheorie mache es unmöglich, dass der Weihnachtsmann je gesehen wurde, schreibt Tolan zudem: Eine Sichtung würde unmittelbar zum Kollaps der Weihnachtsmann-Welle am jeweiligen Ort führen – und damit zum Ende der Weihnachtsmann-Geschichte.

Die Theorie der Weihnachtsmann-Welle sichere zwar das Überleben des Weihnachtsmanns bis zum Ende des Universums, erfordere aber ein radikales Umdenken: «Der Weihnachtsmann kommt nicht am 24. Dezember – er ist bereits seit einer Ewigkeit von 20 Oktillionen Jahren unterwegs.» Eine Oktillion ist eine 1 mit 48 Nullen dahinter.

Die moderne Quantenphysik forme nicht nur unser Verständnis von Realität, Zeit und Bewusstsein neu, sondern trage auch verdienstvoll zur Rettung des Weihnachtsmanns bei, bilanziert Tolan. Nebenbei errechnet der Professor übrigens auch, wie lange man braucht, um einen einzigen 100-Gramm-Schokoladenweihnachtsmann wieder abzutrainieren. Leider sind das sechs Stunden Spaziergang – oder aber zwei Wochen ununterbrochenes Küssen.

«Völlig nutzloses Wissen»

Letztlich vermittle das Buch völlig nutzloses Wissen, so Tolan. «Sie werden nach dem Lesen feststellen, dass Ihnen die neu gewonnenen Erkenntnisse in keiner Lebenslage wirklich weiterhelfen.» Aber: «Sie können nun an Weihnachten im Kreise Ihrer Liebsten mit wirklich verblüffenden Fakten glänzen und das besinnliche Fest durch wissenschaftlich fundierte Bemerkungen etwas auflockern.» Von Annett Stein, dpa

Hier geht es zu allen Beiträgen des News4teachers-Themenmonats “Mission MINT”.

“Physikunterricht muss Geschichten erzählen“:  Wie Gamification die MINT-Fächer beleben kann – ein Interview

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