JENA. Wie lässt sich Schülerinnen und Schülern Lust auf die MINT-Fächer machen? Anschauliche Experimente, digitale Lernformate oder spektakuläre Demonstrationen greifen zu kurz, wenn sie nicht das Entscheidende erreichen: dass im Kopf der Lernenden etwas in Bewegung kommt. Hier setzen Science Center an – Lernorte, an denen das eigene Denken, Begreifen und Staunen im Mittelpunkt stehen. Die Theorie des „verständnisintensiven Lernens“ liefert eine didaktische Grundlage dafür, wie Kinder und Jugendliche sich MINT-Inhalte so erschließen können, dass sie diese wirklich verstehen – und nicht nur konsumieren. Auch in der Schule.

„Lernen als ‘innere Wirklichkeit’ zu betrachten, bedeutet kein Plädoyer für eine Abwendung von der äußeren Realität, sondern die Konzentration auf das, was im Kopf geschieht.“ Mit diesem Satz bringt der Erziehungswissenschaftler Peter Fauser, bis 2013 Professor für Schulpädagogik und Schulentwicklung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena auf den Punkt, was Science Center didaktisch interessant macht: Es geht nicht in erster Linie um spektakuläre Exponate, sondern darum, was sie im Denken der Kinder und Jugendlichen auslösen. Science Center, Schülerlabore, Lernwerkstätten – all diese außerschulischen Lernorte haben dann einen pädagogischen Mehrwert, wenn sie das „Innenleben“ des Lernens anstoßen: Imagination, Verstehen, eigenes Denken.
Historisch betrachtet liegt die Geburtsstunde der Science Center in den USA: Der Physiker Frank Oppenheimer eröffnete 1969 das Exploratorium in San Francisco – ein Labor zum Anfassen, in dem Besucherinnen und Besucher naturwissenschaftliche Phänomene selbst erforschen sollten. Dieses Modell prägte die weltweite Science-Center-Bewegung. In Deutschland entstanden später Einrichtungen wie das Spectrum in Berlin, die Phänomenta in Lüdenscheid und – mit direkter Verbindung zu Fauser – die Imaginata in Jena: eine „Experimentierlandschaft“, die körperliche Erfahrung, Wahrnehmungsexperimente und Irritationen des Alltagswissens bewusst nutzt, um Vorstellungen in Bewegung zu bringen.
Fauser ist damit nicht der „Erfinder“ der Science Center, wohl aber so etwas wie ihr didaktischer Theoretiker im deutschsprachigen Raum. Seine Arbeiten zur Imagination und zum „verständnisintensiven Lernen“ haben wesentlich dazu beigetragen, Science Center nicht nur als Technik-Spielplätze, sondern als ernstzunehmende Lernumgebungen zu verstehen. Er knüpft an internationale Forschung an – etwa an die PISA- und TIMSS-Analysen, die dem deutschen Unterricht attestieren, zu stark auf Regelwissen, Routinen und auswendig gelernte Verfahren gesetzt zu haben und zu wenig auf Verstehen. Gefordert wird ein Unterricht, der sich auf verständnisintensives Lernen konzentriert, also auf intelligentes, anwendungsbereites Wissen statt auf bloße Informationsaufnahme.
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Der Stationenpark der Imaginata ist ein “Experimentarium für die Sinne”, ansässig im historischen Umspannwerk Jena Nord. Auf 1700m² Innen- und über 3000m² Außengelände finden sich mehr als 100 interaktive Exponate aus den Themenbereichen der Mathematik, Physik, Technik und Biologie, die unseren Besucher:innen zum freien Experimentieren zur Verfügung stehen. Ausgezeichnet mit dem Thüringer Qualitätssiegel für BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung), sind wir derzeit dabei, unsere inhaltlichen Schwerpunkte auf die Themen Energie und Artenvielfalt zu legen.
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Imaginata e.V.
Löbstedter Str. 67, 07749 Jena
Tel: 03641 889920
Mail: info@imaginata.de
Web: www.imaginata.de
Kern dieses Ansatzes ist ein bestimmtes Bild vom Lernen. Fauser beschreibt Lernen als Zusammenspiel von Erfahrung, Vorstellung, Begreifen und Metakognition. Erfahrung meint die aktive Auseinandersetzung mit der Welt: sehen, anfassen, ausprobieren – genau das, was Science Center auf den ersten Blick anbieten. Vorstellung steht bei ihm für die innere, anschauliche Repräsentation: das „Kopfkino“, das sich zwischen Sinneswahrnehmung und abstraktem Denken schiebt. Begreifen umfasst das begriffliche, regelgeleitete Denken – also die Einsicht in Zusammenhänge, Gesetzmäßigkeiten, Strukturen. Metakognition schließlich bezeichnet die „Aufmerksamkeit von oben“ auf das eigene Lernen: das Nachdenken darüber, wie ich zu einer Lösung komme, warum ich scheitere, was ich eigentlich gerade tue.
Kommt es in der Schule vor allem darauf an, die erwartete Antwort zu erraten – und nicht darauf, eigene Lösungswege zu entwickeln und zu begründen?
In einem grafischen Modell fasst Fauser diese vier Dimensionen als Tetraeder zusammen: Erst im produktiven Zusammenspiel von Erfahrung, Vorstellung und Begreifen, unterstützt durch metakognitive Reflexion, entsteht das, was er „verständnisintensives Lernen“ nennt – ein Lernen, das verstehend, anwendungsfähig und wirklichkeitsfest ist. Science Center sind in dieser Logik dann besonders wertvoll, wenn sie dieses Zusammenspiel ermöglichen. Sie leisten mehr als „Aha-Effekte“, wenn Kinder nicht nur sehen, dass etwas passiert, sondern gedanklich Modelle dazu entwickeln, Hypothesen aufstellen, Irrtümer bemerken und ihr Denken selbst zum Thema machen.
Ein Beispiel, das Fauser nutzt, ist das Bauen von Seifenkisten. Wenn Schülerinnen und Schüler gemeinsam eine Seifenkiste konstruieren, genügt das „Kopfkino“ einer vagen Seifenkisten-Vorstellung nicht. Es braucht Planungsarbeit – welche Räder, welche Lenkung, welches Material? –, die Auseinandersetzung mit physikalischen Anforderungen, praktische Erfahrung beim Bauen und Testen, und schließlich die übergreifende Steuerung: Bleiben wir beim Ziel? Wann trauen wir uns zur Probefahrt mit dem Lehrer? Lernen gewinnt Qualität, wenn in diesem Wechselspiel von Erfahrung, Vorstellung, Begreifen und metakognitischer Steuerung ein tragfähiges Gesamtverständnis entsteht. Genau diesen Typ von Lernprozess subsumiert Fauser unter verständnisintensivem Lernen.
Dazu kommt ein zweiter Strang, der für Schulen hoch relevant ist: die Frage, was Lernen in Bewegung hält. Fauser greift hier psychologische Forschung auf, nach der drei Qualitäten entscheidend sind, damit sich dauerhafte Lernbereitschaft und Interesse entwickeln: Kompetenzerleben, Autonomieerleben und Eingebundenheit. Kompetenzerleben entsteht, wenn etwas gelingt – „Die Seifenkiste fährt wirklich.“ Autonomieerleben, wenn Schülerinnen und Schüler spüren, dass sie aus eigener Kraft, nach eigener Vorstellung etwas geschaffen haben. Eingebundenheit schließlich, wenn die Lernleistung in der sozialen Gemeinschaft anerkannt wird – „Der Lehrer setzt sich tatsächlich hinein … und wir können ins Rennen gehen!“ Lernarrangements in Science Centern können dieses Dreieck bedienen, wenn sie eigenständige Problemlösungen zulassen und sozial gerahmt sind – nicht, wenn Kinder lediglich vorgegebene Knöpfe drücken.
Seine Kritik am traditionellen Unterricht illustriert Fauser unter anderem an typischen Situationen aus dem Mathematikunterricht: Lehrkräfte stellen eine Frage, die von den Schülerinnen und Schülern durchaus unterschiedlich interpretiert werden kann – reagieren aber so, als gäbe es nur einen einzigen zulässigen Denkweg. Damit geraten nachvollziehbare Überlegungen der Kinder schnell in den Hintergrund, obwohl gerade diese unterschiedlichen Zugänge zum mathematischen Verständnis beitragen könnten. Aus Fausers Sicht verstärkt ein solches Vorgehen das Gefühl, es komme in der Schule vor allem darauf an, die erwartete Antwort zu erraten – und nicht darauf, eigene Lösungswege zu entwickeln und zu begründen.
Impulse für einen Unterricht, der nicht länger vor allem auf die eine richtige Antwort zielt, sondern auf das Verstehen, das dahintersteht
Hier kommt Fausers Schlüsselbegriff „Verstehen zweiter Ordnung“ ins Spiel: Professioneller Unterricht richtet den Fokus nicht auf die innere Logik des Lehrerwissens, sondern auf die Verstehensprozesse der Schülerinnen und Schüler. Lehrkräfte müssen ihr Fach verstehen – aber ebenso das Lernen der Kinder. Sie sollen wahrnehmen, welche Vorstellungen im Spiel sind, wo Denkwege abbiegen, welche inneren Modelle sich bilden, und diese Prozesse unterstützen, statt sie zu überfahren. Wer im Science Center mit einer Klasse unterwegs ist, hat es mit einer Vielzahl solcher inneren Modelle zu tun: zum Beispiel darüber, wie Licht sich ausbreitet, wie Hebel wirken oder wie der eigene Körper im Raum funktioniert. Fausers Ansatz zwingt dazu, diese Schülervorstellungen ernst zu nehmen und zum Ausgangspunkt der Auseinandersetzung zu machen – nicht sie durch schnelle Erklärungen zu überdecken.
Praktisch heißt das für Lehrkräfte: Ein Science-Center-Besuch ist didaktisch gesehen kein „Ausflug mit Lerneffekt“, sondern eine Chance für verständnisintensives Lernen – wenn er entsprechend gerahmt wird. Vor einem Besuch könnte der Unterricht gezielt an die vorhandenen Vorstellungen der Klasse anknüpfen: Wie erklären sich die Schülerinnen und Schüler bestimmte Phänomene, die im Science Center thematisiert werden? Welche Bilder haben sie im Kopf, wenn sie an Schwerkraft, Elektrizität oder Klang denken?
Im Science Center selbst geht es dann nicht darum, möglichst viele Stationen abzuarbeiten, sondern einige wenige Exponate in die Tiefe zu erschließen: beobachten, ausprobieren, Hypothesen formulieren, verändern, wiederholen. Nach dem Besuch schließlich sind Reflexionsphasen zentral: Was ist passiert? Welche Vorstellungen haben sich verändert? Welche Fragen sind offen geblieben?

Fausers Konzept legt nahe, Science Center als Erweiterung einer veränderten Schulkultur zu verstehen, nicht als Korrektiv von außen. Unterricht, der auf verständnisintensives Lernen zielt, kann science-center-artige Elemente auch in der Schule selbst realisieren: offene Experimente statt Rezept-Versuche im Fachraum, projektartige Arrangements wie das Seifenkisten-Bauen, Vorstellungsübungen, in denen Lernende geometrische oder naturwissenschaftliche Zusammenhänge im Kopf „begehen“, und systematische Arbeit an Metakognition – etwa indem Kinder ihr eigenes Lernen beschreiben und reflektieren. Fauser betont, dass die Arbeit an Vorstellungen – also imaginatives Lernen – in der Schule bislang deutlich unterentwickelt ist.
Für Lehrkräfte, die Science Center nutzen oder ähnliche Lernumgebungen gestalten wollen, bedeutet das: Entscheidend ist nicht, wie spektakulär ein Exponat ist, sondern wie es in Lernprozesse eingebunden wird. Aus Fausers Sicht sollten drei Leitfragen im Vordergrund stehen: Welche Vorstellungen sind bei den Schülerinnen und Schülern im Spiel? Wie können Erfahrungen im Science Center diese Vorstellungen irritieren und weiterentwickeln? Und wie können die Lernenden ihr eigenes Denken wahrnehmen und darüber sprechen? Wird diese Logik ernst genommen, werden Science Center zu Laboren verständnisintensiven Lernens – und liefern Impulse für einen Unterricht, der nicht länger vor allem auf die eine richtige Antwort zielt, sondern auf das Verstehen, das dahintersteht. News4teachers
Hier geht es zu allen Beiträgen des News4teachers-Themenmonats “Mission MINT”.
Was Schüler im MINT-Unterricht motiviert – und was sie daran abturnt









“Lehrkräfte stellen eine Frage, die von den Schülerinnen und Schülern durchaus unterschiedlich interpretiert werden kann – reagieren aber so, als gäbe es nur einen einzigen zulässigen Denkweg.”
“Professioneller Unterricht … nicht auf die innere Logik des Lehrerwissens, sondern auf die Verstehensprozesse der Schülerinnen und Schüler. Lehrkräfte müssen ihr Fach verstehen – aber ebenso das Lernen der Kinder. Sie sollen wahrnehmen, welche Vorstellungen im Spiel sind, wo Denkwege abbiegen, welche inneren Modelle sich bilden, und diese Prozesse unterstützen, statt sie zu überfahren.”
Wer dieses Bild von MINT-Unterricht hat und Lehrkräften damit unterstellt, Lernvoraussetzungen nicht zu beachten, verliert für mich jeden Anspruch auf ernsthafte Auseinandersetzung mit seinen ‘Verbesserungsideen’. Immer mehr Didaktiker neigen dazu, erst einmal Mängel zu beklagen, die seit Jahrzehnten nicht mehr das Hauptproblem sind, liest jeder gerne, der vor fünfzig Jahren den damals 70jährigen Physiklehrer hatte. ‘Die Lehrer’ sind ja alle zu dumm, faul, nicht weiterbildungsbereit usw., aber hier kommt der große Wurf!
Erste Frage: Welche Vorstellungen sind bei den Schülerinnen und Schülern im Spiel? Ja, stellen wir uns, oft sehr wenige bis keine. Ja, tatsächlich. Für Vorstellungen muss man denken, das strengt an, dafür braucht man Interesse. Aber wozu, funktioniert auch so alles.
Zweite Frage: Wie können Erfahrungen im Science Center diese Vorstellungen irritieren und weiterentwickeln? Wo wenig Problem, da wenig Irritation. Experiment =super, fertig, nächstes Spielzeug. Wenn drei von dreißig den Versuch variieren, selbst Neues testen, ist das dann der Erfolg? Wird bei 10%, die das Erhoffte tun ein Erfolg aus dem Ansatz, wenn 90% weiter konsumieren?
Und wie können die Lernenden ihr eigenes Denken wahrnehmen und darüber sprechen? Sind wir jetzt im Paralleluniversum? Schon einmal Schülertexte zu Experimenten gelesen? Schon einmal Beobachtungen ‘diskutiert’? Mit einer ganzen Klasse 15jähriger GesamtschülerInnen, Inklusion, Integration, ADHS, 2/3 alleinerziehende Elternteile, Beziehungsproblemen und daraus resultierenden Hauptinteressen, bei der sich eine Mehrheit an der Diskussion beteiligt?
“Wird diese Logik ernst genommen, werden Science Center zu Laboren verständnisintensiven Lernens (ja, und ist das nicht so, wurde wohl die Logik nicht ernst genommen) – und liefern Impulse für einen Unterricht, der nicht länger vor allem auf die eine richtige Antwort zielt (klar, war seit Kaisers Zeiten bis heute unverändert), sondern auf das Verstehen, das dahintersteht.(irgendwann mal etwas von kompetenzorientierten Lehrplänen gehört?”
Science Center sind super, aber schon im Grundstudium geht es auch um “Umgang mit Schülerfehlvorstellungen” und das wird später nicht weniger. Es ist anmaßend, didaktische Standardansätze als neue Besonderheit zu verkaufen, es ist diffamierend, den Lehrkräften generell zu unterstellen, diese Ansätze nicht zu kennen oder zu beachten. Hält man uns eigentlich alle für Idioten, die zufällig in die Schule gelaufen sind, war halt gerade die Tür auf?
Ein großer Teil des MINT-Unterrichts betrifft nicht Kinder, sondern Jugendliche. Der Ansatz Vorstellungsübungen trifft da auf jahrelang eingeübten, passiven Medienkonsum, imaginatives Lernen und dessen Ergebnisse auf sehr eingeschränkte Kommunikationsfähigkeiten. Der Erfolg ist da meist ziemlich überschaubar.
Und dann wundert man sich über “Wissenschaftlichkeitsfeindlichkeit”. Es sollte Pflichtpraktika für Professoren an Schulen geben, damit die mal sehen, was sich so alles seit ihrer eigenen Schulzeit (da kommen solche Vorstellungen wohl her) alles geändert hat.
Hinweis: Das Verstehen, was dahinter steckt, ist in Physik zu einem guten Teil die Mathematisierung, zumindest an der Hochschule in Chemie auch. Blöderweise wurde die Mathematik in NRW selbst in der Oberstufe weitgehend gestrichen und die Physik auf Phänomenologie ohne fachsystematischen Aufbau beschränkt.
Das bleibt alles hohles Gesabbel, solange nicht ein Konzept ganz konkret und ohne riesigen Aufwand umsetzbar geliefert wird. Da kann man gerne Psychologen zitieren, Didaktiker hochleben lassen und ein Science Center als Maß aller Dinge darstellen. Hatte ich schon erwähnt, dass das nächste Center dieser Art 2-3 Busstunden von meiner Schule entfernt ist, und einige Eltern nicht die finanziellen Möglichkeiten haben, für einen Tagesausflug mal eben 50 € zu zahlen?
Och nö, nicht schon wieder so realitätsfremde Vorschläge.
Mit welchem Material baue ich Seifenkisten? Mit welchen Werkzeugen?
Und mit wie vielen Schülern kann ich zum Testen? 30 SuS mit 15 Seifenkisten? Haha, viel Spaß.
Oder nur mit 6 SuS? Wann? Nachmittags nach dem Unterricht? Oder eher am Wochenende?
Haben die Seifenkisten einen Lehrplanbezug? Was genau ist der Lerngegenstand?
Ich weiß schon…Haltung wäre mal wieder nötig.
Seifenkisten, vollkommen realitätsfern. Seife wird nicht in Kisten geliefert, die ist doch flüssig und kommt aud dem Dispenser. Typisch Elfenbeinbewohner
Ich finde diese Vorschläge gar nicht realitätsfern und absolut umsetzbar in der (Grund-)Schule.
Wir bauen in Klasse 2 z.B. Fahrzeuge. Angeknüpft an den Vorerfahrungen der Kinder werden Merkmale für Fahrzeuge gesammelt (Räder, Achse, Kabine,…), um dann aus Alltagsmaterialien Fahrzeuge zu bauen. Im Flur wird dann eine Rampe aufgebaut und dann wird überprüft, ob das gebaute Fahrzeug auch fahren kann….
So ähnlich sind viele Einheiten im Sachunterricht aufgebaut…..
Handlungsorientierter Unterricht eben…..kein Hexenwerk
Oder zum Thema Strom (ein wirklich sehr spannendes, weil abstraktes Thema) nimmt die Vorkenntnisse der Kinder über Frage „was ist Strom“ und wie funktioniert Strom auf und lässt die Kinder experimentieren (bringe das Lämpchen zum Leuchten, bringe mehrere Lömpchen zum Leuchten, baue einen Schalter, eine Klingel ein) und erarbeitet nach und nach Parallelschaltungen und Reihenschaltung um zum guten Schluss eigene Gebäude zu bauen (Kunst), die dann beleuchtet werden sollen….dazu braucht es lediglich eine gut ausgestattete Stromkiste, die aus Lämpchen, Fassungen, Kabeln, Schaltern, Flachbatterien und passendem Werkzeug (Schraubendreher, Zangen, Abisolierzangen…) besteht. Ist eigentlich fix zusammengestellt…..
In Mathe geht das ähnlich…..
Das Suchen von verschiedenen Würfelnetzen, Kantenmodelle oder das Herleiten von Verdopplungsaufgaben aus den praktischen Versuchen zur Symmetrie (mit Spiegel) verbindet Arethmetik mit Geometrie….und jedes Kind gelangt zu Einsichten….
Dazu benötigen wir in den seltensten Fällen einen Besuch im Sciencecenter….wobei dies natürlich auch mal ein Highlight ist….
Das ist cool, was Sie hier beschrieben haben.
Soll es in Mathe dann überhaupt abstrakte Aufgaben geben, etwas zu beweisen, zum Beispiel in Geometrie, wo man viel nachbauen soll? Oder soll es nur Aufgaben geben, die man besser “anfassen” kann?
Und ob man dann nicht noch mehr Stunden bräuchte, um gewisses Thema zu erklären?
Grundschule, ne! Heranführen an Naturwissenschaften…..nix Beweise…..
Es ist nicht cool, was ich beschrieben habe, sondern der normale Weg von Herz und Hand zum Kopf. Wenn Sie möchten, dass in einer weiterführenden Schule die Kinder in der Lage sind, sich im Kopf etwas vorzustellen, dann müssen die ersten Erkenntnisse mit der Hand, mit den Augen,
mit allen Sinnen erfahren worden sein…..sonst wird das nichts mit dem Kopf…..
Räumliches Vorstellungsvermögen Z.B. kann sich nur ausbilden, wenn ein Kind mal Erfahrungen gemacht hat mit realen Situationen (bauen mit Lego, mit Würfeln, Abgehen von Wegen….). Und genau das passiert in der Grundschule…..
Erklären? Nein!Selber erfahren…..
Wovon träumen Sie nachts? Abstrakte Aufgaben mit Beweisen sind zumindest in NRW sogar aus den Leistungskursen verschwunden.
Gefährdungsbeurteilung beim Seifenkistenrennen nicht vergessen.
Viele Jahre Erfahrung im Bereich Bildungsergänzung (Nachhilfe) mit Überblick über verschiedene Schularten und Lehrpläne:
Es fehlt bei jedem zweiten Thema die mathematische Grundlage. Ort-Geschwindigkeit-Beschleunigung in der 8. Klasse bevor quadratische Terme behandelt werden, ein Beispiel unter vielen (Vektoren, Trigonometrie, …). Da kann ich nur phänomenologisch bleiben.
Leider stimmt es auch, dass in Realschulen manche Physiklehrer*in tatsächlich keinen Schimmer hat von was sie lehren.
So sollte guter Physikunterricht aussehen: https://www.youtube.com/watch?v=OKv0x5jDSQU
Versuch – Beobachtung – These – Formel – Überprüfung
Das ist das Problem der Physik: Man braucht mindestens ein Jahr Vorlauf in Mathe. Es gibt an den Hochschulen nicht ohne Grund Vorlesungen “Mathematik für Physiker/Naturwissenschaftler/…” parallel zu den Anfängervorlesungen des eigentlichen Faches.
Nö, nicht zwingend….mein Sohn studiert Physik und brauchte keine Mathekurse…..da sitzen verzweifelte Lehramtsstudenten, die kriegen es leider nicht hin…..zwischen Physikstudenten und Lehramtsstudenten auf Physik liegen Welten……auch wenn das SekII Lehrern nicht schmeckt…..
“beobachten, ausprobieren, Hypothesen formulieren, verändern, wiederholen.” Und dann gibt’s eine Note dafür. Und beim nächsten Mal wird formuliert, was der Lehrer hören will, damit die Note besser wird. Lernen geht gut – an der Schule vorbei.
Und beim nächsten Mal wird formuliert, was der Lehrer hören will, damit die Note besser wird. Lernen geht gut – an der Schule vorbei.
Was ist das eigentlich für eine Aussage?
Es geht hier explizit nicht um eine “Meinung” des Lehrers, wie es vielleicht in Philosophie oder Religion der Fall ist, sondern um Naturwissenschaften:
Man geht von einem Phänomen und einer Frage aus, stellt Vermutungen an, woran das liegen könnte, plant Experimente dazu und führt diese durch. Da muss man bei der Planung der Experimente in die “richtige Richtung” steuern, da nicht alle Ideen wirklich für die Frage hilfreich sind, und dann lässt man es die Kids halt so ausprobieren, wie sie meinen.
Immer wenn es keine besonderen Gefahren bringt und realistisch durchführbar ist, lasse ich meine Schüler auch Sachen ausprobieren, bei denen mir klar war, dass nicht die erwartete Beobachtung rauskommen wird. Dann überlegt man mit den Kids gemeinsam, was sie anders machen könnten und probiert es erneut. Warum sollte man ihnen dafür schlechte Noten geben?
Praktisch heißt das für Lehrkräfte: Ein Science-Center-Besuch ist didaktisch gesehen kein „Ausflug mit Lerneffekt“, sondern eine Chance für verständnisintensives Lernen – wenn er entsprechend gerahmt wird. Vor einem Besuch könnte der Unterricht gezielt an die vorhandenen Vorstellungen der Klasse anknüpfen: Wie erklären sich die Schülerinnen und Schüler bestimmte Phänomene, die im Science Center thematisiert werden? Welche Bilder haben sie im Kopf, wenn sie an Schwerkraft, Elektrizität oder Klang denken?
Im Science Center selbst geht es dann nicht darum, möglichst viele Stationen abzuarbeiten, sondern einige wenige Exponate in die Tiefe zu erschließen: beobachten, ausprobieren, Hypothesen formulieren, verändern, wiederholen. Nach dem Besuch schließlich sind Reflexionsphasen zentral: Was ist passiert? Welche Vorstellungen haben sich verändert? Welche Fragen sind offen geblieben?
Privat finde ich es durchaus spannend, solche Center zu besuchen und es macht einfach Spaß, dabei auch die anderen Besucher zu beobachten:
Die meisten Besucher laufen mehr oder weniger schnell durch die Ausstellung, spielen ein bisschen an einem Exponat herum und gehen dann weiter. Das ist auch gar nicht verwunderlich, weil es meist so viele Exponate gibt, dass man ständig auf der Suche nach dem nächsten Kick, dem noch spannenderen Versuch, ist. Teilweise scheinen die Exponate auch gar nicht großartig darauf ausgelegt zu sein, sich mit einem Inhalt vertieft zu befassen, sondern v.a. beeindruckend und unterhaltsam zu sein.
Da das nächste Science-Center von unserer Schule knapp zwei Stunden Fahrt entfernt ist, finden solche Besuche bei uns nur Rahmen einer Klassenfahrt o.ä. statt. Dann laufen die Schüler meist auch frei wie oben beschrieben umher. Das ist frustrierend und eigentlich müsste man tatsächlich eher regelmäßige Besuche planen, um dann mit Lerngruppen ausgewählte Themenbereiche behandlen könnten.
Im Artikel hört sich das auch schön an. Ehrlich gesagt habe ich aber selten den Eindruck, dass Science-Center darauf ausgerichtet sind, echte Lernorte zu bestimmten Themenbereichen zu sein.
Die Exponate werden “von der Stange” gekauft und m.E. nicht nach didaktischen Überlegungen anhand fester Themengebiete und Fragestellungen geplant.
Oft sind die Exponate auch gar nicht so angeordnet, dass man sich mit einer ganzen Klasse vernünftig darum stellen könnte, so dass alle Schüler etwas sehen könnten.
Selbst wenn man ein Science-Center vor Ort hat, müsste man als Lehrkraft schon sehr gut im Voraus planen, wie man welche Exponate sinnvoll mit einer Lerngruppe nutzen könnte.
Und wenn man bedenkt, dass Science-Center meist für Schüler schon über 10 Euro Eintritt kosten, würde ich auch nicht immer wieder für einzelne Exponate hinfahren.
Spannende Ausnahmen sind für mich Science-Center, die für Lehrkräfte Fortbildungen über ihre Exponate anbieten, z.T. kostenlose Besuche für Lehrkräfte zur Erkundung ermöglichen und/oder spezielle Schulprogramme mit bessonderen Vergünstigungen haben. Da kann man sich wirklich freuen, wenn es solche Angebote in der Nähe gibt.
Ja, der “traditionelle Unterricht”, kein Wunder, dass er diese deplorablen Ergebnisse erzeugt. Da muss Schwung rein, da muss Pfiff rein, innovative Methoden, engagierte Personen, aktuelle Medien, ganz neue Konzepte – sei gegrüßt, Murmeltier.