DÜSSELDORF. Die naturwissenschaftlichen Kompetenzen von Neuntklässlerinnen und Neuntklässlern sind laut IQB-Bildungstrend bundesweit gesunken – aber Nordrhein-Westfalen schneidet mal wieder besonders schlecht ab. Während die Politik um Erklärungen ringt, fordert die Bildungsgewerkschaft GEW NRW entschlossenes Handeln.

„Die sinkenden Kompetenzen in den Naturwissenschaften und Mathematik betreffen alle sozialen Gruppen. Das zeigt, dass unser Bildungssystem an vielen Stellen überfordert ist“, sagt die GEW-Landesvorsitzende Ayla Çelik. Für sie ist der IQB-Bildungstrend „kein Weckruf – er ist ein Notruf“. Die Landesregierung müsse endlich aufhören, „neue Anforderungen zu stellen, ohne entsprechende Unterstützungsstrukturen zu schaffen“.
Çelik fordert ein radikales Umdenken: mehr Ressourcen statt neuer Vorgaben. „Es fehlen Fachkräfte, Entlastung und verlässliche Strukturen. Wer qualitativ guten Unterricht will, braucht mehr grundständig ausgebildete Lehrkräfte – besonders in stark belasteten Regionen.“ Kleinere Klassen, multiprofessionelle Teams und mehr pädagogische Freiräume seien nötig, um die Schulen zu stabilisieren.
„Besonders die Städte zwischen Dortmund und Duisburg zeigen, wie sehr Fachkräftemangel, soziale Belastung und strukturelle Benachteiligung zusammenwirken“, betont Çelik. Erfolgreiche Schulen hätten eines gemeinsam: „Sie dürfen gestalten.“ Die GEW-Landesvorsitzende fordert die Landesregierung auf, „endlich gegenzusteuern – sonst wird das System zusammenbrechen“.
Feller: Pandemie, Krisen, Social Media – die Belastungen sind groß
NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) spricht von „unbefriedigenden Ergebnissen“. Nordrhein-Westfalen gehöre zu den Bundesländern mit dem deutlichsten Kompetenzrückgang. Neben Pandemie-Folgen und globalen Krisen nennt sie auch „überhöhten Medienkonsum“ und die „Integration neu Zugewanderter“ als Herausforderungen.
Gleichzeitig verweist Feller auf Maßnahmen, die bereits eingeleitet worden seien: regelmäßige Lernstandserhebungen, stärkeren Fokus auf Basiskompetenzen, eine praxisnähere Lehrkräfteausbildung sowie gezielte Unterstützung besonders belasteter Schulen. Damit, so die Ministerin, lasse sich eine „Trendumkehr“ erreichen.
SPD, FDP und VBE sehen Politik in der Pflicht
Die Opposition reagierte scharf. SPD-Fraktionschef Jochen Ott warf der Landesregierung „halbherzige Maßnahmen“ vor. Schulen bräuchten mehr Freiräume für pädagogische Arbeit und mehr Unterstützung für die mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. „Besonders alarmierend ist, dass seelische und soziale Probleme zunehmen“, sagte Ott.
Auch die FDP sieht schwarz für die Bildungschancen junger Menschen. Die Landesregierung verzettele sich mit „ideologischen Projekten“ und verspiele so „die Chancen einer ganzen Generation“. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) wiederum erklärte, NRW gehöre aufgrund „ungleicher Ausgangsbedingungen“ zum unteren Drittel der Bundesländer. Pädagogische Arbeit könne nur wirken, „wenn Schulen personell und finanziell besser ausgestattet werden“.
IQB-Bildungstrend: Deutlicher Rückgang in NRW
Der IQB-Bildungstrend 2024 hat die Kompetenzen von über 48.000 Neuntklässlerinnen und Neuntklässlern in allen 16 Bundesländern untersucht – in den Fächern Mathematik, Biologie, Chemie und Physik. Das Ergebnis: Die Leistungen sind bundesweit rückläufig (News4teachers berichtete), besonders stark in Bremen, Hessen und Nordrhein-Westfalen.
In NRW liegen die Werte in allen geprüften Fächern unter dem Bundesdurchschnitt. In Mathematik etwa verfehlen 40,8 Prozent der Schülerinnen und Schüler den für die Fachoberschulreife notwendigen Mindeststandard – bundesweit sind es 34,1 Prozent. Besonders betroffen sind Schulen in sozial belasteten Regionen, doch auch Gymnasien verzeichnen Einbußen.
Die Forscher sehen die Ursachen in einem komplexen Zusammenspiel aus Lehrkräftemangel, pandemiebedingten Lernrückständen und gesellschaftlichen Veränderungen. Auch Schüler*innen aus zugewanderten Familien sind laut IQB überproportional betroffen. News4teachers / mit Material der dpa
NRW erneut auf Bildungsmonitor-Abstiegsplatz – Feller sieht das Land auf Kurs
Wenn man die Durchschnittspunkzahlen Mathematik der 3 Gruppen “ohne Migrationshintergrund” , Migrationshintergrund 2. Generation und 1. Generation betrachtet, wären die in NRW zwar unterdurchschnittlich, aber jeweils höher als z.B. im Nachbarland Niedersachsen.
Bei der 1. Generation schnitten nach meiner Zählung sogar 7 Bundesländer schlechter ab als NRW.
Was meinen denn nun mal die Fachleute, die weder Lobbyisten von Organisationen noch Parteipolitiker sind? Zum Beispiel die StäWiKo? Nur peinliches Schweigen? Sind nicht die großen pädagogischen Reformer nach dem PISA-Schock damals als kompetenzorientierte Tiger gestartet und landen jetzt als Bettvorleger?
Man merkt immer deutlicher, dass die bisherigen Rezepte eher das Gegenteil bewirkten oder den Niveauverlust bestenfalls nur leicht bremsten. Also könnte man mal radikal neu und damit zum Beispiel sehr altmodisch denken. Rain zufällig meine ich damit die unverzagte Prügelstrafe NICHT. Lernzielorientierte direkte Instruktion schon eher.
Wird in den USA und UK mit den Prinzipien von Lemov schon lange erfolgreich an Brennpunktschuken umgesetzt.
Die Schulbücher in Physik strotzen vor Fehlern, das Curriculum ist nicht auf das der Mathematik abgestimmt und in sich unlogisch aufgebaut. Chemie tut alles, um um das Periodensystem herum zu lehren. Mathe lässt Schüler:innen lieber bei der Lösungssuche verzweifeln, als Methoden zu unterrichten, usw.
Der didaktische Ansatz in den Mint Fächern ist eine Katastrophe. So wie es die Didaktiker glauben, denkt kein Physiker, kein Chemiker.
So wird das nichts, auch nicht mit mehr Lehrern und Kleinsten Klassen, weil das Konzept falsch ist. MINT Unterricht ist Scheitern mit Ansage und Vorsatz.
Wie wäre es mit einer Stunde mehr pro Hauptfach?