„Big Data“ im Schauspiel Essen – ein Stück, das sich gut (auch) für Schüler eignet

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ESSEN. Ein neues Theaterstück thematisiert das, was das Leben von Jugendlichen heute wohl am meisten prägt: das Internet. „Ich habe nichts zu verbergen – Mein Leben mit Big Data“ ist sehenswert, bereitet gleichwohl Unbehagen.

Klimbim-Familie des Internet-Zeitalters: Szene aus "Big Data". Foto: Schauspiel Essen
Klimbim-Familie des Internet-Zeitalters: Szene aus „Big Data“. Foto: Schauspiel Essen

Techniker aus dem Facebook-Labor für künstliche Intelligenz haben eine Methode entwickelt, mit deren Hilfe Personen auch dann auf Fotos identifiziert werden können, wenn sie sich zur Seite drehen oder teilweise verdeckt werden, so berichtete „Spiegel online“ unlängst. Dabei achte die Software nicht nur auf Gesichter, sondern auch auf Faktoren wie Körperhaltung, Kleidung und Kameraperspektive.

Auch wenn sich Facebook-Nutzer in Europa derzeit keine Sorgen machen müssten, dass ihre Fotos automatisch analysiert würden, heißt es (auf Druck von Datenschützern habe das soziale Netzwerk diese Funktion europaweit abgeschaltet) – so lässt sich doch klar die Richtung der Entwicklung erkennen: hin zu totaler Transparenz.

Die digitalen Multis sind längst zu Datenkraken mutiert, die jede Information aufsaugen und für ihre Zwecke aufbereiten. Schritt für Schritt, so wird immer deutlicher, verwischt das Internet die Grenze zum Privatem. Alles wird öffentlich. Oder zumindest zugänglich für die Herren des Netzes. Für viele Menschen ein Albtraumszenario. Für junge Menschen, Angehörige der Generation Bildschirm also, meist nur ein Grund, mit den Achseln zu zucken. Ist halt so. Die Alternative – verzichten? Für Schüler ein absurder Gedanke. Tatsächlich wäre ein Jugendlicher, der sein Leben heute offline verbringt, ein krasser Außenseiter.

Dies ist die Gemengelage, der sich ein neues Theaterstück jetzt annimmt, das am Schauspiel Essen unlängst Premiere feierte und dort noch länger auf dem Programm steht. In dem Projekt „Ich habe nichts zu verbergen – Mein Leben mit Big Data“ verknüpft der Regisseur Hermann Schmidt-Rahmer dokumentarisches und wissenschaftliches Material, Literatur und zeitgenössische Texte zu einer Szenenfolge, in der die Grenzen zwischen real existentem Technologiestand und überspitztem Big Data-(Alb-)Traum fließend verlaufen.

Eine Groteske, die anhand einer Art Klimbim-Familie des digitalen Zeitalters den Wahnsinn augenfällig macht. Und die sich deshalb besonders gut für einen Theaterbesuch mit Schülern eignet. Wo bleibt die Individualität, so die Kernfrage, wenn der Algorithmus Bedarf und Geschmack des „Users“ so treffsicher vorhersagt, dass die Online-Versandhändler schon fast ungefragt ihre Pakete verschicken können? Eben – auf der Strecke. Und Individualität ist es doch, die junge Menschen oft so verzweifelt suchen, gerade auch im Internet.

So bleibt das Lachen bei den nicht selten komischen Szenen des Stücks häufig im Hals stecken. N4t

Das Stück steht zum Beispiel an den kommenden beiden Samstagen, dem 7.11. und dem 14.11. auf dem Programm. Hier geht es zum Programm des Schauspiels Essen.

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