Kooperationsverbot: Bundesrat lehnt Schavan-Pläne ab

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BERLIN (Mit Kommentar). Die Pläne von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) für eine Grundgesetzänderung zur Lockerung des Bund-Länder-Kooperationsverbotes in der Wissenschaft  gehen den rot-grün regierten Ländern nicht weit genug. Nach einer Empfehlung des Kulturausschusses des Bundesrates soll die Länderkammer den Gesetzentwurf  ablehnen, weil sich dieser nur allein auf den Hochschulbereich beziehe.

Wenigstens bei den Hochschulen soll der Bund mitfinanzieren dürfen - so sieht es der Gesetzentwurf von Bundesbildungsministerin Annette Schavan vor. Foto: Wissenschaftsjahr / Flickr (CC BY 2.0)
Wenigstens bei den Hochschulen soll der Bund mitfinanzieren dürfen – so sieht es der Gesetzentwurf von Bundesbildungsministerin Annette Schavan vor. Foto: Wissenschaftsjahr / Flickr (CC BY 2.0)

Dies teilten die nordrhein-westfälischen Schul- und Wissenschaftsministerinnen Sylvia Löhrmann (Grüne) und Svenja Schulze (SPD) mit. Zugleich soll der Bundesrat laut Antrag die Bundesregierung auffordern, «mit den Ländern in Gespräche einzutreten, um gemeinsam eine Grundgesetzänderung zu beraten mit dem Ziel, nachhaltige Verbesserungen im Bildungs- und Wissenschaftsbereich zu erreichen und vor allem dauerhaft eine angemessene Finanzausstattung zu sichern». Rot-Grün hat eine Mehrheit im Bundesrat. Ohnehin wäre für eine Grundgesetz-Änderung eine Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag notwendig.

«Wir brauchen eine Verantwortungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Gemeinden im Bildungsbereich», sagte Löhrmann. «Der Gesetzentwurf des Bundes zielt nicht auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit ab, sondern der Bund will nur einige wenige Einrichtungen im Hochschulbereich fördern», kritisierte Schulze. Als Beispiele für eine mögliche Bund-Länder-Zusammenarbeit führen die Ministerinnen unter anderem die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention an, die Stärkung der Integrationspolitik durch bessere Bildung, die Weiterentwicklung der frühkindlichen Bildung, den Aufbau von Ganztagsschulen und die Bekämpfung des Analphabetismus.

Das Kooperationsverbot von Bund und Ländern in der Bildung wurde 2006 mit der Föderalismusreform ins Grundgesetz festgeschrieben. Es ist inzwischen in allen Parteien umstritten. Über eine Änderung bestehen allerdings unterschiedliche Vorstellungen. Der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) beispielsweise verteidigt die bestehenden Regelungen vehement. Die Menschen wollten Transparenz sowie klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten. Niemand wolle einen Bundeszentralismus, sondern Vergleichbarkeit und Verlässlichkeit, sagte Spaenle unlängst und verwies auf die Bildungsstandards für die Schulen, die von den Kultusministern beschlossen wurden.

„Ohne den Bund bleibt das Ziel, bundesweit gleichwertige Lebensbedingungen und Bildungschancen zu sichern, außer Reichweite“, meint dagegen der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Ernst Dieter Rossman. „Die Finanzlage der Länder erschwert es, Bildung so zu finanzieren, wie sie es selber gerne möchten und wie es auch notwendig wäre, um die etwa im Bildungsmonitor beobachteten Kennzahlen zu verbessern. Deshalb ist es richtig, wenn die SPD anders als die Bundesregierung nicht nur das Kooperationsverbot für die Hochschulforschung, sondern auch für Kitas und Schulen abschaffen will.“

Kritik kommt auch aus der Wissenschaft

Auch der Vorsitzende des Lehrerverbandes Bildung und Erziehung, Udo Beckmann, spricht sich für die Abschaffung des Kooperationsverbotes aus. „Wenn wir dieses Kooperationsverbot nicht fallen lassen und in den Griff bekommen, und dass es eine gemeinsame Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen für die Bildung wieder gibt, werden wir nicht zu gleichen Bildungschancen in Deutschland kommen“, sagte er in einem Interview mit dem „Deutschlandradio Kultur“.

Kritik kommt nicht nur aus dem Schulbereich, sondern auch aus der Wissenschaft. Ernst Schmachtenberg, Präsident der TU9, fordert die Politik auf, noch in dieser Legislaturperiode das Kooperationsverbot von Bund und Ländern in der Wissenschaft zu ändern. „Jetzt muss was passieren, rettet die deutschen Universitäten“, heißt es in einer Erklärung der TU9, ein Zusammenschluss von neun großen technischen Universitäten. Seit der Ankündigung, Artikel 91b des Grundgesetzes zu ändern, seien „keine wesentlichen Schritte erkennbar“. Die Unterfinanzierung der Universitäten bei steigenden Studierendenzahlen werde aber immer prekärer, auch sei unklar, wie es mit der Exzellenzfinanzierung weitergehe. bibo
(4.9.2012)

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