Schulessen: Noch immer entscheidet meist der Preis

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ERFURT: Ein Jahr nach dem Skandal um Noro-Virus-verseuchte Erdbeeren sind Fachleute ernüchtert. Aber auch wenn für Eltern weiterhin meist der Preis zählt auf den Preis schauen, versuchen viele Schulen, auf regionale Produkte und Anbieter zu setzen.

Jeden Donnerstag kommen für die Grundschüler aus Knau bei Pößneck Klöße und Braten auf den Tisch. «Donnerstag ist unser Bratentag», sagt Schulleiterin Andrea Michaelis. Nicht nur dann hauen 70 Erst- bis Viertklässler ordentlich rein. Auch am «Suppentag» oder am «Süßtag» mit Leckereien wie Quarkkäulchen bleibt kaum ein Teller leer. Die Grundschule Knau gehört zu den Schulen im Saale-Orla-Kreis, die beim Schulessen auf regionale Produkte setzen – und sich deshalb von einem Agrarbetrieb vor Ort bekochen lassen. «Das ist für die Eltern zwar etwas teurer als bei Großanbietern, aber Qualität hat ihren Preis», findet Michaelis.

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Noch immer geht beim Schulessen oft Preis vor Qualität. Foto: Moe_/Flickr (CC BY 2.0)

Die Qualität von Schulessen stand vor einem Jahr urplötzlich im Mittelpunkt bundesweiter Diskussionen. Grund: die nach Einschätzung des Berliner Robert Koch-Instituts (RKI) bislang größte durch Essen verursachte Krankheitswelle in Deutschland, ausgelöst durch Import-Erdbeeren aus China, die ein Großanbieter in seinen Küchen verarbeitet und auch an zahlreiche Schulen und Kindergärten in Thüringen geliefert hatte. Allein in Thüringen gab es rund 1000 Erkrankte.

Ein Jahr danach sind Fachleute wie Andrea Lienig ernüchtert. Trotz der Forderung nach regionalen und saisongerechten Lebensmitteln auf den Tellern von Schulkindern statt Erdbeeren im Herbst schauen viele Eltern weiter zuerst auf den Preis. «Der Ruf nach regionalen und saisonalen Produkten war laut, aber das ist nicht so umgesetzt worden», sagt die Leiterin der Projektstelle Schulverpflegung bei der Verbraucherzentrale Thüringen. «Das ist eben oft auch mit einem höheren Preis verbunden – und da ist die Schmerzgrenze für Eltern schnell erreicht.»

In Suhl sind die Schulen ihrem Großanbieter nach der Krankheitswelle treu geblieben. «Natürlich waren die Eltern nachdenklich», sagt Viola Steinbach, Direktorin der Grundschule in Suhl-Heinrichs. Viele Familien müssten aber auf jeden Euro schauen. Außerdem sei die Essenqualität recht gut. Derzeit müssten die Eltern 2,20 Euro pro Portion zahlen. Auch im Altenburger Land setzen nach Angaben der Kreisverwaltung weiterhin 29 von 30 Schulen auf verschiedene Großanbieter – Hauptkriterium sei der Preis.

Dagegen ist der Saale-Orla-Kreis schon vor einigen Jahren dazu übergegangen, Schulessen aus der Region zu fördern. Die Grundschule in Knau etwa wechselte bereits vor der Krankheitswelle von einem Großanbieter zum jetzigen Lieferanten. «Trotz täglich drei Wahlgerichten haben immer weniger Kinder mitgegessen – mit der Begründung, dass es nicht schmeckt», erzählt Schulleiterin Andrea Michaelis. «Den Eltern war es aber wichtig, dass ihre Kinder regelmäßig essen.»

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Inzwischen nutzen wieder 70 der 77 Schüler die Schulverpflegung. Dass es kein Wahlessen mehr gibt, störe Kinder und Eltern nicht, hat Michaelis beobachtet. «Zu Hause gibt’s das ja auch nicht.» Pro Mahlzeit müssten jetzt 2,50 Euro – 29 Cent mehr als früher – bezahlt werden. Die Lessing-Grundschule in Apolda (Kreis Weimarer Land) vertraut bereits seit vielen Jahren auf einen Anbieter aus dem Landkreis. «Frische Produkte, kurze Anlieferungswege und Warmhaltezeiten, keine Assietten», nennt Schuldirektor Hans-Jürgen Häfner die Vorteile. «Zehn Minuten nach der Anlieferung ist das Essen auf dem Teller.»

130 von 160 Schülern essen mit – viel Frischobst, Salate, kindgerechte Suppen, Nudeln stünden auf dem Speiseplan. «Wenn’s mal Kritiken gibt, haben wir einen kurzen Draht – das ist auch ein Vorteil bei regionalen Anbietern.» 1,80 Euro pro Portion müssten die Eltern derzeit zahlen, bei Kindern aus einkommensschwachen Familien greife der Rechtsanspruch auf finanzielle Zuschüsse aus dem sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket.

Schulessen ist auch für Landeselternvertretung immer wieder ein Thema. «Bei den langen Unterrichtstagen müssen die Kinder etwas Ordentliches essen», findet Landeselternsprecher Roul Rommeiß, der für ein vernünftiges Preis-Leistungs-Verhältnis plädiert und sich gute Qualität wünscht. «Da ist standortnahe Versorgung mit regionalen Produkten und kurzen Anlieferwegen schon von Vorteil.» Gegen Großanbieter spreche das allerdings nicht unbedingt. Auch sie könnten schließlich regionale Produkte verarbeiten. «Größe heißt nicht gleich schlechte Qualität, so einfach ist es eben nicht.» (Katrin Zeiß, dpa)

Zum Bericht: Berliner Schulessen wird teurer und besser

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Reinhard
10 Jahre zuvor

Die genannten Preise für’s Mittagessen sind unglaublich niedrig. Dafür soll’s ein vollwertiges Essen geben ??