Als Schüler schon „Chef“ lernen – Schülerfirmen sind ein Erfolgsmodell

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POTSDAM/FALKENBERG. Schülerfirmen boomen. An immer mehr Schulen gründen Jugendliche Firmen, die echtes Geld verdienen. Die Mini-Unternehmer lernen dabei wirtschaftliche Kreisläufe realitätsnah kennen. Kein Wunder das dafür von der Wirtschaft viel Lob und Unterstützung kommt. Doch auch kritische Stimmen erheben sich. Ein Beispiel aus Brandenburg.

Sie züchten Bienen, sie stellen Lavendel-Badekugeln her oder verkaufen Pausenbrote:Viele Jugendliche in Brandenburg wollen in ihrer Schule nicht nur Bücher wälzen und die Schulbank drücken, sondern schon mal Wirtschaftsleben schnuppern. Deshalb gründen sie Schülerfirmen und erwirtschaften Geld – die Zahl der Mini-Unternehmen ist seit Jahren steigend.

Wenn Jugendliche schon mal das Handeln eines Unternehmers üben, freut die das Wirtschaft. Foto: ME-Arbeitgeber /flickr (CC BY 2.0)
Wenn Jugendliche schon mal das Handeln eines Unternehmers üben, freut die das Wirtschaft. Foto: ME-Arbeitgeber /flickr (CC BY 2.0)

Martin Horn geht zwar erst in die zwölfte Klasse, ist aber schon Chef – zumindest stellvertretender. Die Schülerfirma «Sparkly Dreams» am Oberstufenzentrum Elbe/Elster in Falkenberg verkauft selbst gemachte Badekugeln. Lehrer und Mitschüler waren die ersten Kunden, dann ging es dank Mundpropaganda und einer eigenen Webseite immer weiter bergauf, wie Horn sagt.

Seit dem Jahr 2000 werden laut Servicestelle-Schülerfirmen solche Mini-Unternehmen in Brandenburg verstärkt aufgebaut. Sie ist als Portal für Schülerfirmen das größte vom Land und der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung geförderte Netzwerk dieser Art. Momentan führt sie 126 Firmen auf, 2013 waren es noch 123. Hinzu kommen solche wie «Sparkly Dreams», die zu einem bundesweiten Programm des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln namens «Junior» gehören.

Insgesamt schätzt die Servicestelle deshalb, dass es 140 Schülerfirmen in Brandenburg gibt, Tendenz steigend. Das Wachstum führt das Portal auch darauf zurück, dass brandenburgische Schulen attraktivere Angebote schaffen wollen, um ihre Schülerzahlen konstant zu halten.

Wenn Martin Horn über Badekugeln spricht, bewirbt er seine Produkte in professionellem Ton: «Es ist herrlich, wenn man dann aus der Badewanne kommt. Die Haut fühlt sich besser an.» Einmal in der Woche treffen sich die 16 Schüler und produzieren Badekugeln, erstellen Bilanzen und planen Marketingstrategien. Eineinhalb Stunden sind pro Woche fest eingeplant. «Sparkly Dreams» nimmt am Dienstag als Landessieger im Bundeswirtschaftsministerium beim bundesweiten «Junior»-Wettbewerb des Kölner Wirtschaftsinstituts teil.

Schülerfirmen haben das Ziel, Wirtschaftskreisläufe möglichst realitätsnah abzubilden. Pädagogen stehen den Jugendlichen zur Seite, sie sollen fachliche und soziale Kompetenzen erlernen. Von brandenburgischen Industrie- und Handelskammern gibt es erwartungsgemäß großen Zuspruch für Schülerfirmen. Die Jugendlichen haben dadurch mehr Fachwissen und eine höhere persönliche Reife, wenn es um Bewerbungen geht, wie es etwa bei der IHK Cottbus heißt.

Die Lehrergewerkschaft GEW hält Schülerfirmen zwar für sinnvoll, hat aber auch Bedenken. Weil Schule eine universelle Bildungsstätte sei, müssten neben Wirtschaft gleichberechtigt andere Bereiche wie etwa Kultur vertreten sein, sagt der GEW-Landesvorsitzende, Günther Fuchs. «Schule ist kein verlängerter Arm der Wirtschaft.»

Er sieht noch ein weiteres Problem:Weil sich viele Schülerfirmen auf den Verkauf von Essen spezialisiert haben, trete eine Debatte über ein vom Land gefördertes Schulessen eher in den Hintergrund. Laut der Servicestelle sind etwa 40 Prozent der Schülerfirmen im sogenannten Food-Bereich tätig. Viele betreiben etwa ein Schülercafé oder verkaufen Pausensnacks.

«Sparkly Dreams» wird es nach dem Sommer nicht mehr geben. Das Projekt war auf ein Jahr begrenzt, die Schüler sollten alle Abläufe von der Idee über die Gründung, die Konzeption und den Wirtschaftsbetrieb kennenlernen. «Das ist besser, als bei einem bestehenden Projekt einzusteigen», ist Horn überzeugt. Er selbst kann sich vorstellen, irgendwann einmal wieder eine Firma zu gründen. Aber das ist alles in weiter Ferne – erstmal steht das Abi vor der Tür. (Anna Ringle-Brändli, dpa)

zum Bericht: “Lillepott” ist beste Schülerfirma Deutschlands

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