Fast nur in der Opferrolle: Jüdische Geschichte in Schulbüchern zu einseitig dargestellt, sagen Experten

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BRAUNSCHWEIG. Schulbücher prägen den Blick auf das Judentum. Experten haben Kapitel zur jüdischen Geschichte bewertet. Und sehen Nachholbedarf.

Die Neue Synagoge in Berlin. Foto: Kuli / Wikimedia Commons
Die Neue Synagoge in Berlin. Foto: Kuli / Wikimedia Commons

Die Darstellung der jüdischen Geschichte in deutschen Schulbüchern ist nach Einschätzung einer Expertengruppe zu einseitig. Juden würden sehr häufig zu sehr als wehrlose Opfer dargestellt, ihre Leistungen zu wenig gewürdigt, monieren die Wissenschaftler in einem Fachbuch, das im Georg-Eckert-Institut für Schulbuchforschung in Braunschweig vorgestellt wurde.

So komme jüdischer Widerstand im Nationalsozialismus zu kurz, sagte der Herausgeber Martin Liepach vom Pädagogischen Zentrum des Fritz Bauer Instituts und des Jüdischen Museums Frankfurt. Dies gelte auch für jüdische Leistungsträger wie Albert Einstein, Franz Kafka oder Max Liebermann. «Man hat ein bestimmtes Bild, das man von Juden auch zeichnet.» Die Worte «Jude» und «Opfer» würden sowohl auf dem Schulhof als auch im Unterricht synonym verwendet.

In den untersuchten Schulbüchern vermissen die Wissenschaftler oftmals die jüdische Perspektive, beispielsweise in Kapiteln zum Nationalsozialismus. «Es gibt doppelt so viele Täterquellen», sagte Liepach. So würden oft Reden von Adolf Hitler und Joseph Goebbels angeführt. Jüdische Quellen kämen hingegen weniger vor, obwohl sie vorhanden seien. Sie wären für ein vollständiges Bild notwendig.

Vier Jahre lang nahmen die Wissenschaftler insgesamt 80 Geschichtsbücher für untere Klassen an Gymnasien, Haupt- und Realschulen unter die Lupe. Dabei konzentrierten sie sich unter anderem auf die Zeit der Aufklärung, die Weimarer Republik und die NS-Zeit. Der Zentralrat der Juden wollte die Ergebnisse der Forscher ohne genaue Kenntnis des Buches zunächst nicht kommentieren. dpa

 

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