Lorz in Nöten: GEW versetzt Hoffnung auf einen Schulfrieden in Hessen einen herben Dämpfer

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WIESBADEN. Über die Schulpolitik wird in Hessen seit Jahren unerbittlich gezankt. Auch bei den laufenden Verhandlungen über einen Schulfrieden für die nächsten zehn Jahre wird keine Ausnahme gemacht.

Steht vor den Scherben seines Bildungsgipfels: Alexander Lorz, Kultusminister von Hessen. Foto:
Steht vor den Scherben seines Bildungsgipfels: Alexander Lorz, Kultusminister von Hessen. Foto:
Martin Rulsch, Wikimedia Commons, CC-by-sa 3.0/de

Die Hoffnungen auf einen Erfolg des Bildungsgipfels haben einen kräftigen Dämpfer erhalten. Ein Bündnis aus kritischen Vertretern von Schülern, Lehrern und Eltern drohte am Dienstag erneut mit dem Ausstieg aus der Expertenrunde, sollte die Landesregierung nicht auf ihre Forderungen eingehen. Die schwarz-grüne Koalition reagierte mit Enttäuschung und Unverständnis auf den Vorstoß wenige Wochen vor Abschluss des Gipfels.

Die Regierungsfraktionen seien weiter zu Kompromissen bereit, sagten Grünen-Fraktionschef Mathias Wagner und CDU-Bildungsexperte Armin Schwarz. Mit Ultimaten und unumstößlichen Forderungen sei aber kein Dialog möglich. Ein Sprecher des Kultusministerium betonte dennoch, es gebe weiter die Chance auf einen Konsens.

Der Landeschef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Jochen Nagel, begründete die Haltung des Bündnisses damit, dass es «allenfalls minimale Bewegung, aber keine substanziellen Fortschritte» gebe. «Wir sind kompromissbereit, aber wir lassen uns nicht an der Nase herumführen.» Nagel betonte jedoch, dass die Gruppe bis zur letzten Arbeitsgruppensitzung teilnehmen werde. Bis spätestens Ende Juni wolle das Bündnis Rückmeldung geben, wie es weitergehe.

Der Sprecher von Kultusminister Alexander Lorz (CDU) betonte, dass das Ministerium auch weiter an ein gutes Ende des Gipfels glaube. Da das Bündnis weiter mitarbeiten wolle, werde weiter die Chance gesehen, zu einem Konsens zu kommen.

Nagel kritisierte vor allem die Umschichtungspläne des Landes bei den Lehrerzuweisungen. Wegen der Ganztagsbetreuung, Sprachförderung und dem gemeinsamen Unterricht behinderter und nicht-behinderter Kinder wolle das Ministerium etwa 1000 Stellen umschichten. Darunter würden vor allem Grundschulen und gymnasiale Oberstufen leiden.

Auch den Vorschlag der Landesschülervertretung für einen Kompromiss zur künftigen Schulstruktur kritisierte der Gewerkschafter. Das von Lorz unterstützte Zwei-Säulen-Modell sieht vor, dass die Gymnasien in ihrer heutigen Form bestehenbleiben. Daneben soll es die Gesamtschule geben, die sich in drei Bereiche mit kooperativer und integrierter Gesamtschule sowie einer «Sekundarschule» gliedert, in der Haupt- und Realschule zusammenfließen sollen.

«Wir sehen hier den Versuch der Landesschülervertretung, gegen eine Betonfraktion Fortschritte erzielen zu wollen.» Allerdings sei es «völlig inakzeptabel», wenn Kinder ab der siebten Klasse in jahrgangsbezogenen Kursen und mit Fokus auf den angestrebten Abschluss unterrichtet würden. Die Aufgliederung der Gesamtschule in drei Bereiche sei ein «künstliches» Modell.

Wagner und Schwarz versicherten, keine einzige Lehrerstelle im Land werde gekürzt. Linke und FDP stellten sich hinter die Kritik. Die Haltung der Regierung sei zu starr, sagte die Linken-Abgeordnete Barbara Cárdenas. Angesichts der Weigerung, tatsächliche Kompromisse auch nur in Erwägung zu ziehen, sei ein Scheitern des Gipfels mehr als wahrscheinlich. Wolfgang Greilich von den Liberalen sprach wegen der Umschichtung der Lehrerstellen von einer Mogelpackung.

Die SPD äußerte sich aktuell nicht zum Bildungsstreit. Fraktionschef Thorsten Schäfer-Gümbel hatte vor wenigen Tagen in einem Brief an Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) Forderungen aufgelistet. Unter anderem will die SPD im Kultusministerium personell vertreten sein, um an der Umsetzung der Ergebnisse mitwirken zu können.

Am 8. Juni findet die letzte Sitzung der Arbeitsgruppe zur künftigen Schulstruktur statt, vier Tage später müssen die Empfehlungen an das Kultusministerium geschickt werden. Das abschließende Treffen des Bildungsgipfels ist am 17. Juli. Dann sollen die Ergebnisse der fünf Arbeitsgruppen vorgestellt werden, um eine Einigkeit über die Schulpolitik der nächsten zehn Jahre herzustellen. dpa

Zum Bericht: Hintergrund: Woran sich der hessische Bildungsgipfel abarbeitet – die fünf wichtigsten Baustellen

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