Thüringen: Verband warnt vor Lehrermangel – Ministerium relativiert

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ERFURT. Kurz vor Beginn des neuen Schuljahres hat der Thüringer Lehrerverband die Personalsituation an den Schulen im Land als miserabel bezeichnet. Pro Jahr gingen 700 Lehrer in den Ruhestand, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende Uwe Sommermann am Dienstag in Erfurt. In diesem Jahr habe das Land jedoch nur 500 neue Pädagogen eingestellt. Die Schulen müssten personell besser ausgestattet werden, forderte er. Chancen auf deutlich mehr Neueinstellungen sieht der Verband jedoch kaum.

Die rot-rot-grüne Landesregierung halte am Pfad des Personalabbaus fest, sagte der Vize-Landesvorsitzende Frank Fritze. Deshalb sei nicht damit zu rechnen, dass die Zahl der Abgänge eins zu eins mit neuen Lehrern ausgeglichen werde. Das Bildungsministerium verwies darauf, dass unterm Strich nur 240 Lehrer in den Ruhestand gegangen seien, 470 hätten sich bereits in Altersteilzeit befunden und nicht mehr unterrichtet. In Stellen ausgedrückt bedeutet dies laut Ministerium: Auf 219 Lehrerstellen hätten sich Pädagogen in den Ruhestand verabschiedet. Gleichzeitig habe das Land aber 500 unbefristete Vollzeitstellen geschaffen.

Der Lehrerverband konstatierte zudem einen Mangel an Bewerbern – weil die Bedingungen zu unattraktiv seien. Nach Angaben Sommermanns können mittlerweile bestimmte Fächer immer seltener besetzt werden: «Teilweise werden Lehrer für andere Fächer eingestellt, als sie dann tatsächlich unterrichten.» Das sei aber nur begrenzt möglich.

Der Personalmangel macht sich aus Sicht des Lehrerverbandes auch bei der Zahl der Unterrichtsausfälle bemerkbar. Laut offizieller Statistik falle jede 25. Stunde aus. «Die Zahl der nicht wie vorgesehen gehaltenen Unterrichtsstunden ist tatsächlich viel höher», erklärte Fritze. Er verwies auf eine 2013 vom Kultusministerium an die Schulen verschickte Anweisung, wonach eine Stunde nicht als ausgefallen gelte, «wenn sie fachfremd vertreten, durch Stillbeschäftigung oder Heimarbeit ersetzt wird».

Nach Einschätzung Fritzes wird an einigen Schulen fast zehn Prozent des Unterrichts nicht wie geplant gehalten. Es komme außerdem immer häufiger vor, dass Lehrer langfristig wegen Krankheit ausfielen. Um solche Engpässe zu überbrücken, hat das Bildungsministerium eine aus 100 Lehrern bestehende Vertretungsreserve aufgebaut. Die Pädagogen sollen einspringen, wenn andere dauerhaft krank sind.

Der Verband wiederholte seine Forderung nach einer Verbeamtung von Lehrern. Das sei in allen Nachbarbundesländern bis auf Sachsen der Fall, gab Fritze zu bedenken. «Wen wundert es da, dass die jungen Leute abwandern?» In Thüringen liege der Altersdurchschnitt der Pädagogen «bei weit über 50 Jahren». dpa

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