Bayern: Mehr Unterrichtsausfall trotz neuer Lehrer

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MÜNCHEN. Weniger Schüler, mehr Lehrer – ein langjähriger Trend an Bayerns Schulen. Doch wer glaubt, dass deswegen auch immer weniger Unterricht ausfällt, liegt falsch.

Ungeachtet vieler zusätzlicher Lehrerstellen ist der Unterrichtsausfall an vielen bayerischen Schulen wieder leicht gestiegen. Im vergangenen Schuljahr fielen an fast allen Schularten mehr Stunden aus als 2013/2014. Unter den allgemeinbildenden Schulen wurde der Unterricht am häufigsten im Gymnasium ersatzlos gestrichen. 2014/2015 fielen dort 2,3 Prozent des Unterrichts ohne Vertretung aus, im Vorjahr waren es 2,2 Prozent gewesen. Das geht aus Daten des Kultusministeriums hervor, die die Landtags-SPD kritisiert. Das Ministerium weist die Kritik zurück.

Die Sozialdemokraten fordern eine Verbesserung der Unterrichtsorganisation und neue Lehrerstellen. „Der Unterrichtsausfall ist ein tiefer Krater in der bayerischen Bildungslandschaft“, sagte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher. An allen Schulen müsse die Stellenplanung „zehn Prozent über Budget“ liegen, so Bildungsexperte Martin Güll.

Mehr Deutsch soll in den Stundenplan der Grundschule. Aber auf Kosten von Englisch? Foto: Claudia Hautumm / pixelio.de
In Bayern entfallen nach Angaben des Kultusministeriums 1,6 Prozent der Unterrichtsstunden ersatzlos. Foto: Claudia Hautumm / pixelio.de

Auch halten an allen Schularten Vertretungslehrer viel Unterricht ab: an Grundschulen 7,1 Prozent (Vorjahr: 6,2 Prozent), an Mittelschulen 9,3 Prozent (8,0), an Realschulen sogar 11 Prozent (10,5) und an Gymnasien knapp 9 (8,5). „Da kommt dann die Lateinlehrerin in die Mathestunde, und die Kinder lernen irgendwas“, sagte Güll. Über alle Schularten hinweg würden rund sechs Millionen Stunden pro Jahr nicht planmäßig gehalten, kritisierten Güll und Rinderspacher.

2014/2015 war nach den Daten des Ministeriums das erste Schuljahr in diesem Jahrzehnt, in dem wieder mehr Unterricht an den allgemeinbildenden Schulen ausfiel. Im mehrjährigen Vergleich hat sich die Unterrichtsversorgung verbessert: So waren 2010/2011 noch fast vier Prozent der Schulstunden an den Gymnasien ersatzlos ausgefallen. Die Staatsregierung hat in den vergangenen Jahren mehrere tausend neue Lehrerstellen geschaffen.

Das Ministerium verwahrte sich gegen die Kritik der SPD. „Der Unterricht an Bayerns Schulen ist gesichert“, erklärte ein Sprecher. Über alle Schularten liegt demnach die Quote des ersatzlos ausfallenden Unterrichts bei 1,6 Prozent. Die Aussagen aus der SPD-Fraktion zeichneten ein falsches Bild. „Die bei der SPD heute erhobene Forderung nach weiteren zusätzlichen mehreren tausend Lehrkräften ist abgehoben von der Wirklichkeit.“ dpa

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2 Kommentare
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GriasDi
7 Jahre zuvor

Projekte hier, außerschulisches Lernen dort, Klassenfahrten, Projektfahrten, Orchesterproben, Theaterproben usw.
Alles findet häufig auch während des regulären Unterrichts statt, ist politisch so gewollt. Dass sich dann noch die Öffentlichkeit über den Unterrichtsausfall wundert, wundert mich wiederum.

dickebank
7 Jahre zuvor

Wann gibt es endlich einmal eine Legaldefinition von Unterrichtsausfall?

Die von Ihnen aufgezählten Punkte sind Unterricht. Stundentafeln sind nur ein organisatorischer Rahmen, mehr nicht.