Druck auf Seehofer steigt: Jetzt fordern auch schon CDU-Bildungsminister eine Lockerung des Kooperationsverbots in der Schulpolitik

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BERLIN. Viele Schulen sind marode, ihre Digitalisierung kostet Milliarden. Bildung ist Sache der Bundesländer, doch die rufen nun nach dem Bund – und üben Druck auf die Jamaika-Unterhändler in Berlin aus. Vor allem die CSU und ihr Vorsitzender Horst Seehofer wehren sich bislang gegen Bundeskompetenzen in der Bildung.

Mag keine Kompetenzen in der Schulpolitik abgeben: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Foto: Henning Schlottmann / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
Mag keine Kompetenzen in der Schulpolitik abgeben: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Foto: Henning Schlottmann / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Angesichts nötiger Milliardeninvestitionen in der Bildung kommt aus den Bundesländern der Ruf nach einer Lockerung des Bund/Länder-Kooperationsverbots in dem Bereich. Bildungsressortchefs von SPD  und nun auch der CDU üben damit auch Druck auf die Jamaika-Koalitionssondierungen in Berlin aus, wo das Thema bisher offen gelassen wurde. Die im Grundgesetz verankerte Regelung verbietet dem Bund bislang weitgehend, sich in die Bildungshoheit der Länder finanziell und damit auch inhaltlich einzumischen.

Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe hält das Verbot für nicht zielführend. «Im Bildungsbereich brauchen wir neue Anstrengungen, die von den Ländern alleine nicht geschultert werden können», sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Digitale Bildung müsse vorangebracht, Ganztagsangebote müssten ausgebaut, marode Schulgebäude saniert und modernisiert werden. «Das bisherige Kooperationsverbot verhindert, dass Bund und Länder diese Aufgaben bewältigen», sagte Rabe, der zugleich Sprecher der von SPD und Linken geführten Bildungsministerien der Länder ist.

Offenbar hat Jamaika ein Zukunftsthema für sich gefunden: die Bildung (wie einst Willy Brandt)

Sachsen-Anhalts CDU-Bildungsminister Marco Tullner fordert ebenfalls eine Aufweichung des Kooperationsverbots. «Die Zusammenarbeit in dem Bereich ist aus meiner Sicht zwingend geboten. Ich bin kein Fan von regionalen Eingeborenen-Tänzen», sagte Tullner der dpa.

Der Berliner Senat hofft darauf, dass sich die künftige Koalition im Bund zu einer Abschaffung des Verbots durchringt. «Es wäre schwach, wenn in den Sondierungsgesprächen keine klare Aussage pro Abschaffung getroffen werden würde», sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) der dpa. Grüne und FDP hätten dann einiges zu erklären. Eine Abschaffung des Kooperationsverbots ermögliche eine bessere Unterstützung des Ganztagsunterrichts, der Digitalisierung der Schulen und die weitere Umsetzung der Inklusion, also der Integration behinderter Schüler in den regulären Unterricht.

Auch Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien drängt darauf, dass der Bund künftig wichtige Bildungsaufgaben in den Ländern mitfinanzieren darf. «Das gilt für die Bereiche Ganztag, Schulbau, Digitalisierung, Migrationsfolgen und Inklusion», sagte die CDU-Politikerin der dpa. «Wenn Jamaika gemeinsame Projekte sucht, kann Jamaika beim Thema Bildung ein großer Wurf gelingen.» In Schleswig-Holstein regiert seit dem Sommer eine solche Koalition aus Union, FDP und Grünen. Grundsätzlich solle es aber beim Bildungsföderalismus bleiben, sagte Prien.

Druck auf die Jamaika-Verhandler wächst – Verbände fordern: Milliarden für die Bildung bereitstellen!

Bildung ist eigentlich Ländersache. Die Trennung der Kompetenzen in diesem Bereich wurde 2006 im Grundgesetz verankert. Es wurde unlängst allerdings geändert, damit der Bund finanzschwache Kommunen bei der Schulsanierung unterstützen kann. In der ersten Jamaika-Sondierungsrunde kamen Union, FDP und Grüne zwar überein, bis 2025 für Bildung und Forschung mehr als zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) aufzugeben. Die Zukunft des Kooperationsverbots ließen die Unterhändler aber offen. Mehrere Bundesländer haben dazu auch eine Bundesratsinitiative gestartet, die derzeit in den Ausschüssen der Länderkammer beraten wird.

Auch der Deutsche Lehrerverband forderte deutlich mehr Engagement des Bundes bei Investitionen in Schulen, etwa bei Sanierungen. «Die Kreditanstalt für Wiederaufbau sieht hier allein einen Investitionsbedarf von 34 Milliarden Euro. Das können Länder und Kommunen nicht allein leisten», sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger der «Passauer Neuen Presse». «Da muss der Bund mit mindestens zehn Milliarden Euro helfen.» Zudem müsse er auch die Digitalisierung der Schulen mit finanzieren. dpa

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