Karriereplanung bei jungen Wissenschaftlern unmöglich: Grüne kritisieren befristete Hochschulstellen

4

DRESDEN. Viele junge Wissenschaftler hangeln sich von Vertrag zu Vertrag, selbst für langfristige Aufgaben gibt es häufig keine Dauerstellen. Ein Familienleben lässt sich so für Betroffene kaum planen. Das Problem scheint bei Opposition wie Regierung erkannt.

Stange bleibt den Hochschulen gegenüber hartnäckig.                                       Foto: Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0 DE

Viele Jobs mit kurzen Laufzeiten: Die sächsischen Grünen haben die hohe Zahl befristeter Stellen an sächsischen Hochschulen moniert. Nur 11,5 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten eine unbefristete Stelle, rechnete die Abgeordnete Claudia Maicher vor. Bei Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) müssten die Alarmglocken läuten. «Die Arbeit in der Wissenschaft ist und bleibt in Sachsen ohne Planungssicherheit», sagte Maicher. Stange betonte, unbefristete Stellen seien auch ihr Anliegen und manches sei schon erreicht.

Maicher hatte zu dem Thema wiederholt Kleine Anfragen im Parlament gestellt und die Antworten ausgewertet. Die aktuellen Daten stammen aus dem Jahr 2017. Demnach war nicht einmal jedes dritte aus Landesmitteln finanzierte Beschäftigungsverhältnis unbefristet. Vier Prozent der Betroffenen hatten einen Vertrag, der weniger als ein halbes Jahr Gültigkeit besaß. Statt planbare und sozialverträgliche Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen, habe die Regierung die Hochschulen zum Personalabbau gezwungen, kritisierte Maicher.

Im Ergebnis gebe es nun 400 aus der Landeskasse finanzierte Beschäftigte weniger als 2013. «Während das Land sich aus der Verantwortung stiehlt, ist die Drittmittelforschung weiter auf dem Vormarsch.» Die Zahl der hier Beschäftigten habe bezogen auf 2013 um knapp 100 zugelegt.

Anzeige

Fair, langfristig und zumutbar

«Im ganzen Land wird über sachgrundlose Befristung und ordentliche Arbeitsverhältnisse diskutiert. Im öffentlichen Dienst Sachsens will die Staatsregierung eine Personaloffensive voranbringen. Und gleichzeitig leistet sich der Freistaat ausgerechnet bei seinen Hochschulen dieses ausufernde Befristungswesen», bemerkte Maicher. Sie warf Stange vor, allein auf Selbstverpflichtungen der Hochschulen zu setzen.

«Ich bleibe hartnäckig gegenüber den Hochschulen, damit diese als Dienstherren faire, langfristige und zumutbare Beschäftigungsverhältnisse anbieten», sagte Ministerin Stange auf Anfrage. Dies sei kein einfacher Prozess, letztlich aber im Interesse der Hochschulen selbst. Denn sonst würden sie es nicht schaffen, die besten Wissenschaftler an sich zu binden.

Die SPD-Politikerin stellte klar, dass Sachsen den Hochschulen alle 9.034 Stellen verlässlich bis zum Jahr 2025 zur Verfügung stellt. «Damit sollen auch mehr Dauerstellen für Daueraufgaben eingerichtet werden.» Das sei in Zielvereinbarungen festgehalten. «Der Stellenabbau ist Geschichte.» Die Rektoren der 14 sächsischen Hochschulen hätten im Juni 2016 gemeinsam den Rahmenkodex über den Umgang mit befristeter Beschäftigung und die Förderung von Karrieren an den Hochschulen unterzeichnet. Darin seien Mindeststandards festgeschrieben. dpa

In Einsteins Geburtsstadt erinnert nur wenig an den Physiker – das soll sich ändern: mit einer wissenschaftlichen Erlebniswelt

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

4 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Cavalieri
5 Jahre zuvor

Die hohe Zahl der befristeten Stellen hat auch was mit dem wachsenden Anteil der Drittmittel am Etat zu tun, denn Drittmittel sind grundsätzlich befristet, die daraus resultierenden Beschäftigungen folglich auch. Also sollten die Grünen erstmal fordern, die Unis wieder aus dem Landeshaushalt zu finanzieren statt zu großen Teilen aus Drittmitteln.
Sodann macht es keinen Sinn, Doktorandenstellen als unbefristete auszuweisen. Es steht ja gar nicht fest, ob wirklich promoviert wird, und in welcher Qualität. Und eine wachsende Zahl von Stellen sind Doktorandenstellen (oft halbe, zwei-Drittel- oder drei-Viertel-Stellen, auch bei DFG-Projekten und Sonderforschungsbereichen).
Wahrhaft irrwitzig sind aber befristete Professorenstellen, die immer öfter in Ausschreibungen auftauchen. Hier sollte es allenfalls um eine Probezeit gehen. Die „tenure track“-Stellen von Juniorprofessuren mit Entfristungsmöglichkeit zu Lebenszeitprofessuren sind neuerdings dem amerikanischen Vorbild des „assistant professor“ nachempfunden. Hier ist das Problem die fairness bzw. unfairness des abschließenden Evaluationsverfahrens (in USA: tenure decision).
Dennoch traue ich den Grünen hierbei nicht viel Kompetenz zu. Auch ein Gewerkschaftsstandpunkt hilft nicht weiter. Überleitungswellen mit anschließenden Schweinezyklen sollten auf jeden Fall vermieden werden. Die gab es mal Anfang der 1970er Jahre mit sehr mäßigem Erfolg.

D. Orie
5 Jahre zuvor

Befristete Prof.-Stellen sind in Bereich der Deutschlehrerausbildung leider gar nicht so unüblich. Seit Jahrzehnten hört man ja die „tolle“ Begründung, dass es bald wieder weniger Schülerinnen und Schüler gäbe. Ich kenne eine sehr qualifizierte und promovierte Professorin (neben mehreren Nachwuchswissenschaftlerinnen, die Überbrückungsjobs suchen), die Angestellte auf einer demnächst auslaufenden Professur ist. Sie hat viele, viele Bücher (!) und Aufsätze veröffentlicht, aber es gibt so wenig Professuren, speziell im Bereich Rechtschreiberwerb. Ich habe ja schon einige Mal darauf verwiesen, dass man die Lehre einfach über (billige) Lehraufträge abdeckt und die Forschung, die dringend notwendig wäre, die fällt dann einfach weg. Dieses Warten – besonders in der Phase, in der man gerne spätestens eine Familie gründen würde – ist wirklich sehr zermürbend. Eigentlich ist es der totale Etikettenschwindel, wenn man ein Studium anbietet, in dem die Professorinnen und Professoren in der Minderheit sind! Krankenhäuser, in denen die Pflegekräfte operieren, und Schulen, an denen nur die älteren Schüler die jüngeren unterrichten, wollen wir ja auch nicht unbedingt, oder?

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  D. Orie

Digitalisierung, Gender und Kompetenzorientierung geht auch ohne Rechtschreibung. Außerdem gelingt Rechtschreiberwerb nur durch viel Lerneinsatz von Schülern. Das widerspricht dem derzeitigen Mainstream und generiert keine Drittmittel. Die Verfechter dieser Haltung noch in Zeiten aufgewachsen, in denen auf Rechtschreibung Wert gelegt wurde. Worauf die kommende Generation Wert legen wird, weiß jetzt noch niemand. Fundiertes Wissen wohl kaum, weil die es selbst nicht erworben haben können.

D. Orie
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Vielen Dank für Ihren Humor. Eigentlich habe ich den auch immer (sollte man ja auch haben). Aber das Leid der Kinder und Eltern habe ich zu oft miterlebt, wie Sie ja sicherlich auch. Aber ich durfte auch erleben, wie Kinder und Jugendliche regelrecht aufblühen, wenn sie über Erfolge in der Rechtschreibung (durch individualisierte Förderung) wieder Anschluss bekommen, z. B. eine 17-Jährige (schon mit Kleinkind), die nach Schulabbruch, wieder in die Schule ging, oder ein Viertklässler, der – statt mit Freunden – nur noch mit seinen Wresslingfiguren spielte, nach der Förderung an einem Vorlesewettbewerb teilnahm, gewann und danach gut in der Klasse integriert war. Das alles kann man erreichen, wenn nur mehr – auf allen Ebenen – passieren würde.