BERLIN. Viele Azubis fühlen sich ausgenutzt und schlecht behandelt. Die Abbrecherquote ist so hoch wie seit Jahren nicht. Doch eine Ursache ist auch das reichhaltige Angebot an Ausbildungsplätzen.
Mehr als jeder vierte Auszubildende bricht seine Lehre vorzeitig ab. Laut einem unveröffentlichten Entwurf des neuen Berufsbildungsberichts betrug die Abbrecherquote zuletzt 25,8 Prozent. Die Zahl stammt aus dem Jahr 2016. Es ist der höchste Wert seit Anfang der 90er Jahre. 146.376 Ausbildungsverträge wurden vorzeitig gelöst.
Sogar mehr als jeder zweite Azubi bricht die Lehre als Fachkraft für Schutz und Sicherheit ab (50,7 Prozent), gefolgt von Restaurantfachleuten (50,6). Bei Köchen sind es 48,6 Prozent, bei Fachkräften im Gastgewerbe 43,4 Prozent, bei Hotelfachleuten 40,8 Prozent. Quoten von über 45 Prozent gibt es bei angehenden Fachkräften für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice (49,8 Prozent), Gebäudereinigern (49,7), Friseuren (49,6), Gerüstbauern (47,9) und Berufskraftfahrern (46,2 Prozent).
Schon der jüngste Ausbildungsreport des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) hatte gezeigt: Tausende Azubis klagen über Probleme wie viele Überstunden, ausbildungsfremde Tätigkeiten oder schlechte Berufsschul-Qualität. Der neue Entwurf für den Regierungsbericht zur Berufsbildung nennt unter Berufung auf Studien als Gründe für einen Abbruch: Konflikte mit Ausbildern, mangelnde Ausbildungsqualität, ungünstige Arbeitsbedingungen oder falsche Berufsvorstellungen. Betriebe führten mangelnde Leistungen und Motivation der Azubis an. Aber auch die größere Chance der Betroffenen, einen anderen Ausbildungsplatz zu finden, könne einen Abbruch begünstigen.
Eins ist nämlich auch klar: Das Angebot an Ausbildungsstellen ist unterm Strich groß. Zwar bieten etwas weniger kleine Betriebe einen Platz an, die Quote der Betriebe mit Azubis ist unter ein Fünftel gerutscht. Doch die Zahl der Ausbildungsplatzangebote stieg vergangenes Jahr um 8500 auf 572 200 Stellen. Bis Ende September 2017 wurden 523 300 Verträge neu abgeschlossen – 3000 mehr als im Vorjahr.
Doch passen Angebot und Nachfrage nicht immer zusammen: Die Zahl unbesetzter Stellen stieg auf knapp 49 000 – die der unversorgten Bewerber auf 24 000. Der Entwurf für den Regierungsbericht ruft Azubis zu mehr Mobilität und Flexibilität auf.
«Über die Hälfte der Vertragslösungen sind keine endgültigen Ausbildungsabbrüche, sondern gehen mit einem Wechsel des Ausbildungsbetriebes oder des Ausbildungsberufs einher», betonte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer.
DGB-Vize Elke Hannack kritisierte: «Viele steigen vorher aus, da sie mit der kargen Vergütung nicht über die Runden kommen.» Die im Koalitionsvertrag enthaltene Mindestvergütung für Azubis wäre ein wirksames Instrument gegen Ausbildungsabbrüche, meinte Hannack. «Die Koalition muss sie schnell um setzen.»
Kramer hingegen meint, es gebe keinen Zusammenhang von Ausbildungsvergütung und Vertragslösungsquote. «Die durchschnittliche tarifliche Ausbildungsvergütung bei Köchen und Restaurantfachkräften, die überdurchschnittlich hohe Lösungsquoten aufweisen, liegt in Westdeutschland bei 784 Euro monatlich, in Ostdeutschland bei 669 Euro und damit jeweils im mittleren Bereich.»
Der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Holger Schwannecke, betonte: «Wir im Handwerk wollen Fachkräfte qualifizieren und an uns binden.» Auch der ZDH wies auf die Wechsler hin, die ihre Ausbildung in einem anderen Betrieb fortsetzten. Aber Schwannecke sagte auch: «Die in jüngster Zeit zunehmende Vertragslösungsquote ist auch auf die steigende Zahl von geflüchteten Auszubildenden zurückzuführen.» Sprachdefizite und unzureichende Kenntnisse in Rechnen, Schreiben und Lesen führten zu Problemen vor allem in der Berufsschule und zu Ausbildungsabbrüchen.
Hannack wies noch auf ein anderes Problem hin: «Jahr für Jahr schaffen mehr als 140 000 junge Menschen nicht den Sprung von der Schule in die Ausbildung.» Ihnen drohe prekäre Beschäftigung oder Arbeitslosigkeit. «Besonders dramatisch ist die Lage auf dem Ausbildungsmarkt im Ruhrgebiet, in den mittleren Städten Hessens und Niedersachsens sowie im Norden Schleswig-Holsteins und Nordosten Brandenburgs», sagte sie. «Wir dürfen nicht zulassen, dass in Oberhausen, Bochum, Hameln, Flensburg oder Eberswalde eine abgehängte Generation heranwächst.»
Das für den Bericht zuständige Bundesbildungsministerium wollte sich vor der für die kommenden Wochen geplanten Befassung des Kabinetts damit und der Veröffentlichung nicht zu den Inhalten äußern. Von Basil Wegener, dpa
Jugend 2018: Stets im Austausch – aber mit Aufmerksamkeitsdefizit!
Fehlende Lese-, Rechen-, Schreib- und Sprachkenntnisse werden als Gründe für selbst gewählte und Arbeitgeber bedingte Kündigungen aufgeführt. Das deckt sich mit den eigenen Beobachtungen, denn die Krankenpflegeschulen entlassen bei unzureichenden Schreib- und Lesekenntnissen sehr schnell die Krankenpflegeschüler aus dem Ausbildungsbetrieb. Andererseits sorgt man selbst durch neue Arbeitsmodelle für alt gediente Krankenschwestern/Krankenpfleger mit 13 verschiedenen Dienstzeiten auf 3 bis 4 einzusetzenden, verschiedenen Stationen, für sehr viel Unbehagen, Frust und steigende Krankheitstage. Wer soll da sich noch für derartige Berufe erwärmen, und dann noch das geringe Gehalt, eine zunehmende Anspruchshaltung der Patienten, ein zunehmend multi-morbides Klientel mit zunehmend schwindenden Verständnis der Angehörigen für die Mitarbeiter und die Krankheiten ihrer Angehörigen, sowie einer weiter steigenden Anspruchshaltung.
Inzwischen geht denen sogar das freie, zweite Wochenende , durch VD Vertretungsdienste, ÖV Öffnungsdienste, KD Krankendienste und UV Urlaubsvertretungsdienste verloren.
Welcher Auszubildende möchte unter diesen Bedingungen , bei einem zunehmend flexibleren beruflichen Umfeld noch diese Ausbildung als Gesundheitspfleger/-schwester und anfangen.
Die Initiatoren für diesen Unsinn stammen eigenartigerweise aus dem selben Berufsklientel und so lautet die Parole für diese ehemaligen Krankenpfleger/-schwestern : “Bück dich nach oben!”
Jene sind nämlich von allen Wochenenddiensten, Vertretungsdiensten, Öffnungsdiensten und Urlaubsvertretungsdiensten ausgenommen ausgenommen.
Es sind ähnliche Verschlechterungen auszumachen wie in den Schulen durch die chaotische Inklusion und die Migrationswelle, sowie durch die heterogene Durchmischung der Schüler, welche selbstverständlich alle individuell behandelt werden sollen, sowie in der Krankenpflege mit zunehmend multi-morbiden Patienten und einem zunehmend schlechteren Zahlenverhältnis zwischen Patienten und Pflegepersonal.
Die ganze “Studie” ist ein großer statistischer Trick:
Es macht nämlich überhaupt keinen Sinn, _alle_ abgebrochenen Ausbildungen in Bezug zu setzen zu _alle_ neu begonnenen Ausbildungen. Wenn überhaupt könnte man dazu alle innerhalb der Probezeit oder innerhalb ersten Lehrjahrs abgebrochenen Ausbildungen mit den neu begonnenen Ausbildungen vergleichen. Alternativ setzt man alle abgebrochenen Ausbildungen mit allen laufenden Ausbildungen in Beziehung. Wenn man das tut, stellt man jedoch keine signifikante Abweichung zu den Vorjahren fest. Außerdem sind die Daten von 2016, also schon lange verfügbar.
Ich gebe allerdings zu, dass z.B. beim Sicherheitsdienst mit seiner sehr hohen Abbrecherquote körperlich und emotional sehr stabile Menschen erforderlich sind. Solche findet man bei den Hungerlöhn während und auch nach der Ausbildung nur selten, denn emotional gefestigte Menschen riskieren bei dem Einkommen kaum freiwillig jeden Tag die eigene Gesundheit, d.h. die Sicherheitsbranche muss mal kräftig an der Gehaltsschraube drehen, um guten Nachwuchs zu bekommen. Die körperliche Grundverfassung des Durchschnittsazubis oder -menschen in Deutschland wird aufgrund von Bewegungsmangel zudem immer schlechter, wie die immer laxer werdenden Aufnahmebedingungen bei der Polizei zeigen. Teilweise reichen an Stelle der Prüfung bereits aktuelle Sportabzeichen.
Es kommt hinzu, dass in den 60ern und 70ern viele Schulabsolventen einen Berufseinstieg in einen Anlernberuf/Hilfsarbeitertätigkeit nahmen, also keine “Lehre” machten. Ab den 90ern haben viele nicht einmal die Möglichkeit gehabt, über eine Ausbildung in den ersten Arbeitsmarkt einzusteigen. bis Anfang des Jahrtausends wurden viele “Jungwerker” mit Facharbeiter-/Gesellenbrief lediglich ein Jahr nach Abschluss der Ausbildung weiterbeschäftigt und dann freigesetzt, um im Anschluss die FHR zu erlangen und dann ein Studium zu beginnen.
Dass in etwa ein Viertel (25%) der Ausbildungsverträge vorzeitig aufgelöst werden, ist seit Jahrzehnten mehr oder weniger konstant. Über die Zahl der Ausbildungsverträge, die infolge einer Insolvenz oder Übernahme des Ausbildungsbetriebes aufgelöst worden sind, gibt der Artikel in der Süddeutschen auch keine Auskunft.