Wie junge, syrische Akademiker ihr Land aufbauen wollen

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STUTTGART. Wann die Waffen in Syrien schweigen, vermag niemand zu sagen. Doch genau auf diesen Tag bereiten sich etliche junge Akademiker vor. Was Friedensnobelpreisträger Kofi Annan davon wohl halten würde?

Palmyras Kulturschätze sind beeindruckend.                                                                   Foto: Alper Çuğun / flickr / CC BY 2.0

Wenn in Syrien eines Tages Frieden herrscht, wird Samer Karam dort sein. Mit Laserscannern will er dann über das zerbombte Palmyra fliegen, um aus den Punktewolken des Scanners 3D-Modelle der zerstörten Kulturschätze zu entwickeln. «Ich hoffe, dass dieser Tag bald sein wird», sagt der 29-Jährige. «Aber vorhersagen kann das wohl niemand.» Der gebürtige Syrer aus Idlib hat in Stuttgart einen Master in Geomatics gemacht – einem Fach, das die Forschungsfelder Photogrammetrie, Navigation sowie Luft- und Raumfahrttechnik vereint. Viele seiner Kommilitonen arbeiten danach bei Daimler oder Bosch, um das autonome Fahren voranzubringen. Karam hingegen will sein Heimatland wieder aufbauen.

Aus diesem Grund ist er Teil des «Leadership for Syria»-Programms des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD): Mit Geldern des Auswärtigen Amtes und des nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministeriums begannen 2015 deutschlandweit 221 junge, syrische Akademiker ein Studium. Ihre Gemeinsamkeit: Nach dem Krieg wollen sie zurück in ihr Heimatland und dessen Zukunft aktiv gestalten. Und was, wenn sie ihre Meinung ändern? «Das Stipendium basiert auf Vertrauen. Wir tragen eine große Verantwortung», sagt Karam. Eine möglichst schnelle Rückkehr nach Syrien stand für ihn aber nie außer Frage. «Meine Eltern und viele Kollegen sind noch dort. Die möchte ich unbedingt wiedersehen.»

Ingenieure, Pädagogen, Archäologen, Programmierer – die Fachrichtungen der jungen Syrer sind genauso bunt gemischt wie ihre politischen und religiösen Überzeugungen. «Jeder denkt, sein Job ist der wichtigste für den Wiederaufbau. Und jeder stellt sich die Zukunft unseres Landes anders vor», sagt Stipendiatin Tasneem Barakat. Die Umwelttechnikerin will sich in Syrien nach dem Krieg darum kümmern, dass Schutt und Asche entsorgt werden und Leitungswasser wieder fließen kann. «Ich glaube, wir gehen alle mit einer größeren Offenheit aus diesem Programm heraus», sagt die 31-Jährige.

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Scherben zusammensetzen

«Solche Stipendien müssen noch viel stärker ausgebaut worden», fordert der Wissenschaftler Michael Cramer, der am Stuttgarter Institut für Photogrammetrie lange die Studierenden betreut hat. Sehr qualifiziert und motiviert – so beschreibt Cramer die Stipendiaten, die er selbst erlebte. Der Studiengang Geomatics ist auf internationale Studierende ausgelegt. «Lange hatten wir rund 40 Studenten pro Jahrgang. Jetzt sind es nur noch 20», sagt Cramer. Das liege auch an den Studiengebühren, die ausländische Studierende in Stuttgart zahlen müssen – anders als zum Beispiel in Berlin oder München.

An der Uni Konstanz trafen sich die syrischen Stipendiaten mehrmals, um an den ganz großen Fragen zu arbeiten: Was macht eine Verfassung aus? Wie schreibe ich einen Friedensvertrag? Was können wir von demokratischen Ländern lernen? Für die meisten sind das Themen, die fernab von ihren eigentlichen Studienfächern liegen.

Fühlt man sich danach bereit, die Scherben eines zerbrochenen Landes zusammenzusetzen? «Vorbereitet sein kann man darauf nicht, glaube ich», sagt Karam. «Vielleicht würde Kofi Annan unseren Friedensvertrag in der Luft zerreißen», sagt Karam. Aber immerhin hat er schon einen Entwurf. dpa

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2 Kommentare
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maja1112
5 Jahre zuvor

Also mir ist das völig egal was die in Syrien machen wollen, Hauptsache sie verlassen unser Land.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  maja1112

na na na, wenn Bernd das lesen würde…

Im Ernst: Die Artikel genannten Ingenieure, Wissenschaftler, Pädagogen usw. wären auch hier besser und produktiver integrierbar als die diversen kaum alphabetisierten Fundamentalisten, die nicht wissen wohin mit ihrem Testosteron. Die machen nämlich den Stress, was aber für alle Nationalitäten gilt. Eine Macho-Kultur, wie sie in vielen muslimischen Kreisen mit geringem Bildungsstand herrscht, macht die Sache nur noch schwieriger.