Forscher: Tiefe Veränderungen bleiben nach Katastrophen meist aus

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BERLIN. Katastrophen wie der Brückeneinsturz von Genua bringen nach Ansicht des Katastrophenforschers Martin Voss selten tiefgreifende Veränderungen. «Im Allgemeinen kann man sagen: Es läuft nach fünf Jahren alles wieder so, wie es immer schon war», sagte der Leiter der Katastrophenforschungsstelle (KFS) an der Freien Universität Berlin.

Nach einem medialen Aufschrei und der Suche nach Ursachen und Schuldigen verschwänden Katastrophen normalerweise schon nach wenigen Wochen und Monaten aus der zentralen Aufmerksamkeit. Zwar würden einige Schuldige ausgemacht. Aber mögliche grundlegende Probleme wie Korruption, ein mangelhaftes Prüfwesen oder Pfusch am Bau als Sparmaßnahme würden nicht angegangen.

Der eingestürzte Morandi-Viadukt in Genua (Screenshot) Bild: Martina Vesuvio / Wikimedia Commons (CC BY 3.0)
Der eingestürzte Morandi-Viadukt in Genua (Screenshot) Bild: Martina Vesuvio / Wikimedia Commons (CC BY 3.0)

Potenzial für kleinere, graduelle Veränderungen birgt eine solche Katastrophe nach Ansicht des Forschers aber schon. Nach dem Brückeneinsturz von Genua werde darauf geschaut werden, ob Schutzvorkehrungen wie Prüfzyklen noch up to date seien. «Aber an den Ursachenstrukturen dahinter verändert sich in der Regel wenig.»

Bei der Bewältigung von Katastrophen spiele dem Forscher zufolge vor allem eine Rolle, um was für eine Art von Ereignis es sich handelt. Bei Naturkatastrophen werde die Diskussion in der Regel «weniger politisch» geführt, erklärte Voss. Als Erklärung werde das Schicksal oder im Zweifel auch Gotteswerk herangezogen. Anders sei es nach einer Katastrophe wie dem Brückeneinsturz: «Je technischer es ist, umso stärker stehen dann eben die Industrien am Pranger oder jene Behörden, die erlaubt haben, dass das so hat dort stehen können und dürfen.»

Insgesamt gehe die Zahl von Katastrophenopfern weltweit tendenziell zurück, erklärte Voss. Materielle Schäden nähmen hingegen zu: «Aber das kann man auch positiv lesen im Sinne von: Wir haben einfach mehr, was wir verlieren können.» (dpa)

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