Haltestellen für «Eltern-Taxis» sollen Straßenverkehr sicherer machen

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RÜSSELSHEIM/FULDA. Eltern fahren ihren Nachwuchs oft mit dem Auto zur Schule – nicht selten auf den letzten Drücker. Weil sie dabei oft andere Verkehrsteilnehmer gefährden, setzten einige Städte auf Haltestellen für «Eltern-Taxis».

«Hol- und Bringzone» oder «Kiss and Fly» (Küssen und Fliegen) heißen die Haltestellen für «Eltern-Taxis»: Sie sollen in einigen Städten die Verkehrslage vor den Schulen entschärfen. Das Ergebnis ist unterschiedlich, wie Umfrage ergab. Einige Städte wie Frankfurt halten solche Versuche ohnehin nicht für den richtigen Weg. Abgesehen vom mangelnden Parkraum in der Großstadt sendeten die Halteplätzen ein grundsätzlich falsches Signal, sagt Rainer Michaelis vom Verkehrsdezernat Frankfurt.

Das Problem: Aus Sorge um ihr Kind fahren es viele Eltern mit dem Auto bis vors Schultor und gefährden damit andere Verkehrsteilnehmer. Die Eltern-Taxis verstopfen den Schulweg für viele Jungen und Mädchen, blockieren Autos, Radfahrer und Fußgänger. Denn vor den Schulen ist eigentlich kein Platz für Autos, auch wenn sie nur kurz halten. Da es auch deshalb meist schnell gehen soll, brausen Mütter und Väter zudem oft mit riskantem Tempo davon, wenn ihr Kind ausgestiegen ist.

Vor Bahnhöfen sind „Kiss and ride“-Zonen bereits alltäglich. Möglicherweise könnten sie auch Schulwege sicherer machen. Foto: Erik Cleves Kristensen / Wikimedia Commons (CC BY 2.0)
Vor Bahnhöfen sind „Kiss and ride“-Zonen bereits alltäglich. Möglicherweise könnten sie auch Schulwege sicherer machen. Foto: Erik Cleves Kristensen / Wikimedia Commons (CC BY 2.0)

Gerhard Brink von der Verkehrswacht im Landkreis Fulda hält nichts von Eltern-Taxis und der Generation Rücksitz – nicht nur wegen der Unfallgefahren: «Kinder, die sich schon vor Schulbeginn ein bisschen bewegen, starten ganz anders in den Schultag. Sie kommen wach dort an, statt müde aus dem Auto zu stolpern.» Außerdem sei der Schulweg auch dazu da, mit anderen Kindern zu reden, zu lachen, sich zu verabreden. Und wer lernt, den Schulweg allein zu bewältigen, wisse sich im Straßenverkehr viel sicherer zu verhalten.

Die Stadt Rüsselsheim im Kreis Groß-Gerau versucht das Problem der Eltern-Taxis seit kurzem mit einer «Elternhaltestelle» an einer Gesamtschule in den Griff zu kriegen. «Von dort aus sind es dann nur noch 250 Meter zu Fuß zur Schule», heißt es bei der Stadt. Rüsselsheims Oberbürgermeister Udo Bausch (parteilos) rief bei der Eröffnung des Halteplatzes die Schüler dazu auf, zu Fuß zur Schule zu gehen oder mit dem Rad zu fahren. «Wenn sie gefahren werden müssen, sollen sie ihre Eltern auf die neue Haltestelle hinweisen.»

Nauheim im selben Landkreis hat schon länger Erfahrungen mit so einer Haltestelle. «Der Erfolg ist mäßig», sagt Alexander Ruland vom Bürgerservice der Stadt. Erstmals seien solche Parkplätze 2013 eingerichtet worden, etwa 150 Meter von einer Grundschule entfernt. Das Angebot nutze Schätzungen zufolge aber nur etwa jeder zehnte der Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto bringen. Seit einigen Monaten sind – wegen einer Erweiterung der Schule – an zwei Stellen Parkplätze für Eltern-Taxis reserviert, montags bis freitags von 7.00 bis 9.00 Uhr. «Die meisten Eltern, die davor an die Schule heran gefahren sind, machen es eigentlich jetzt auch noch», sagt Ruland.

Nach Ansicht von Gerhard Brink von der Verkehrswacht Fulda haben sich für die Elterntaxis – wenn sie schon nötig sind – spezielle Hol- und Bringzonen bewährt. Sie sollten aber mindestens 250 Meter von der Schule entfernt liegen, so dass das letzte Stück zur Schule auf jeden Fall zu Fuß zurückgelegt werden muss. Schulwege und die Wege zu den Hol- und Bringzonen sollten mehrfach mit den Schülern geübt werden.

«Sehr positive Erfahrungen» hat dagegen Bad Vilbel mit seinem schon vor rund drei Jahren eingerichteten «Kiss-and-Fly-Parkplatz» gemacht, wie Stadtsprecher Yannick Schwander sagt. In der Nähe der fünf Parkplätze liegen drei Schulen. «Eltern können dort kurz stehen und ihre Kinder sicher raus lassen.»

Solche Extra-Halteplätze animierten Eltern unter Umständen noch dazu, erst Recht mit dem Auto zu kommen und weiterhin auf Kosten der Sicherheit schnell zu machen, gibt Michaelis aus Frankfurt zu Bedenken. Wenn das Kind unbedingt mit dem Auto gefahren werden müsse, sollten sich Eltern in der Nähe – unter Umständen auch einige hundert Meter entfernt – eine legale und sichere Haltemöglichkeit suchen, «und die Kinder wenigstens diese Strecke zu Fuß zurücklegen lassen». So werde der «nicht immer ungefährliche Verkehr durch Eltern-Taxen im unmittelbaren Bereich der Schule» reduziert. «Und die Kinder haben wenigstens etwas die Möglichkeit, sich noch im Straßenverkehr zu üben.» Denn nur wenn sie dies übten, könnten sie sicher im Umgang mit dem Straßenverkehr werden. Zudem hätten sie so vor der Schule schon ein wenig Bewegung, an der es ihnen oft mangle. (dpa)

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