Wer ist schuld am Unterrichtsausfall? Streit um Eisenmann kocht hoch

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STUTTGART. Elternvertreter sind sauer: Wegen des Unterrichtsausfalls an den Schulen in Baden-Württemberg wollen sie klagen. Für die oppositionelle SPD ist das ein Grund, Kultusministerin Eisenmann anzugehen. Doch ganz unschuldig an der Misere ist die SPD auch nicht.

Auf Schulbesuch: Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann. Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg
Unter Druck: Baden-Württembergs Kultusministerin Eisenmann. Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg

Unterrichtsausfälle an baden-württembergischen Schulen sorgen für großen Unmut bei den Eltern und gegenseitige Schuldzuweisungen Landtag. SPD-Bildungsexperte Stefan Fulst-Blei hielt der grün-schwarzen Koalition von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Donnerstag im Parlament vor, trotz voller Kassen Lehrerstellen abzubauen und Unterrichtsausfälle in Kauf zu nehmen. «Diese grün-schwarze Landesregierung macht sich schuldig, indem sie keine klaren Weichen für die Zukunft stellt.»

Redner von Grünen und CDU sowie Kultusstaatssekretär Volker Schebesta (CDU) räumten zwar ein, dass die Situation an den Schulen nicht zufriedenstellend sei. Mit einem Maßnahmenpaket versuche man aber gegenzusteuern. Sie hielten der heute oppositionellen SPD eine Mitverantwortung für die Misere vor, da sie von 2011 bis 2016 in der grün-roten Landesregierung das Kultusministerium innehatte.

Grünen-Bildungsexperte Sandra Boser sagte, es sei ein Problem, offene Lehrerstellen zu besetzen – es gebe Lehrer, die nicht an eine Schule im ländlichen Raum wollten. CDU-Bildungsexperte Karl-Wilhelm Röhm sagte, Grün-Schwarz sei die erste Landesregierung, die offen und transparent mit dem Thema Unterrichtsausfall umgehe.

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FDP-Bildungsexperte Timm Kern bezichtigte vor allem die Grünen, für die Lage verantwortlich zu sein. «Die verheerenden sieben Jahre grüngeführter Bildungspolitik in diesem Land haben uns in diese Situation geführt.» Er forderte Kretschmann auf, sich persönlich für eine ausreichende Unterrichtsversorgung einzusetzen. Der AfD-Abgeordnete Rainer Balzer sagte, die SPD habe in Regierungsverantwortung den Lehrerbedarf kleingerechnet.

Aktueller Anlass für die Debatte ist eine von Elternvertretern angekündigte Klage gegen das Land vor dem Verwaltungsgericht. Die Eltern von Gymnasiasten argumentieren, dass Schüler aus Baden-Württemberg in Konkurrenz zu jungen Menschen aus anderen Bundesländern wegen des hohen Unterrichtsausfalls geringere Zukunftschancen hätten. Um den Lehrermangel zu entschärfen, will Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) jetzt rund 200 zusätzliche Studienplätze für künftige Grundschullehrer schaffen.

Eine Untersuchung an allen rund 4500 Schulen Mitte Juni hatte ergeben, dass etwa jede zehnte Unterrichtsstunde nicht wie geplant stattfindet. In rund zwei Dritteln der Fälle überbrückten Vertretungslehrer den Unterricht, der Rest der Stunden fiel aus. Am häufigsten gab es Änderungen – Vertretung oder Ausfall – an den allgemeinbildenden Gymnasien (12,7 Prozent). Dahinter folgten die Gemeinschaftsschulen (12,4). Die Grundschule kam auf 7,3 Prozent.

Kurz nach dem Regierungsantritt 2011 hatte die grün-rote Koalition von Kretschmann verkündet, rund 11 600 Lehrerstellen streichen zu wollen. Grundlage war eine Prognose des Statistischen Landesamtes zu zurückgehenden Schülerzahlen, die sich dann als nicht zutreffend erwies. Grün-Rot korrigierte die Abbaupläne später. SPD-Bildungsexperte Fulst-Blei räumte ein, wenn seine Partei einen Fehler gemacht habe, dann den, dass sie nicht im Sommer 2012 wegen der Abbaupläne aufgestanden und die Koalition infrage gestellt habe. Von Bettina Grachtrup, dpa

Eisenmann in Not: Eltern gehen wegen Unterrichtsausfall auf die Barrikaden

 

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Pälzer
5 Jahre zuvor

So ein Pech, dass Lehrer nicht in beliebiger Menge sogleich ausgebildet sind und jederzeit bereitstehen, um eingestellt zu werden!