#KonfBD18 zur Zukunft des Lernens: „Wir müssen junge Menschen dazu befähigen, mit Veränderungen umgehen zu können“

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BERLIN. Während sich die Bundesregierung mit nichts Geringerem als einer Digitalstrategie für Deutschland beschäftigte, wobei es im Bildungsbereich zunächst mal – grundlegend – darum ging, möglichst alle Schulen mit schnellem Internet auszustatten (was nun bald erfolgen soll, News4eachers berichtete), ließen sich gut fünf Kilometer vom Regierungsviertel entfernt tiefe Einblicke gewinnen, was die Digitalisierung denn tatsächlich für die Schulen bedeutet: einen umfassenden Kulturwandel nämlich – das jedenfalls war die Botschaft, die allenthalben am ersten Tag der Konferenz Bildung Digitalisierung 2018 (kurz: #KonfBD18) zu hören war.

Hier geht es zu einem Bericht vom zweiten Tag.

Die Konferenz Bildung Digitalisierung brachte Experten aus ganz Deutschland zusammen. Foto: #KonfBD18

Dort, im Tagungszentrum Café Moskau an der Karl-Marx-Allee – die einstige Prachtstraße galt der DDR als städtebauliches Symbol für die Fortschrittlichkeit des Sozialismus – kamen rund 650 Politiker, Schulpraktiker, Wissenschaftler und Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen zusammen, um über die Perspektiven der Digitalen Bildung zu beraten.

„Digitalisierung ist in erster Linie ein kultureller Transformationsprozess der Gesellschaft. Durch die neuen Technologien ändert sich unsere Kultur, also die Art und Weise, wie wir unsere Welt sehen, verstehen, wie wir sie mit Bedeutung füllen und eben darüber auch gemeinsam Bedeutung erzeugen“, so erklärte Dr. Lisa Unterberg, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Pädagogik mit den Schwerpunkten Kultur und ästhetische Bildung der Universität Erlangen-Nürnberg, die eine der Eröffnungsreden hielt.

Die Konsequenz: „Schule und auch Lehrkräfte müssen sich in ihren Rollen verändern. In den vergangenen 150 Jahren hat sich die Struktur von Information und ihrer Zugänglichkeit grundsätzlich verändert. Früher verfügte der Lehrer über Informationen und teilte es aus einer Machtposition heraus mit den Schülerinnen und Schülern. Heute sind Informationen breit verfügbar. Dadurch bekommt die Lehrkraft andere Aufgaben. Das wirkt sich natürlich auch auf die Unterrichtsinhalte aus, auf die Unterrichtsmethoden, auch auf Schulstrukturen – letztlich auf die ganze Bildungslandschaft.“ Wir wüssten heute nicht mehr,  was Kinder, die heute in die Schule kommen, später wissen und können müssten, wie deren Job aussehe. „Ich weiß ja nicht mal, was mein Handy übernächstes Jahr kann“, sagte die Wissenschaftlerin. „Wir müssen junge Menschen dazu befähigen, mit Veränderungen umgehen zu können, sie kritisch zu reflektieren, ein selbstbestimmtes Verhältnis dazu zu entwickelt – sie im besten Fall auch gestalten zu können.“

Erfahrungen wurden ausgetaschut – und mitunter auch analog festgehalten. Foto: #KonfBD18

Ins selbe Horn stieß Silke Müller, Leiterin der Waldschule Hatten, die bereits vor gut zehn Jahren mit einer Laptop-Klasse startete und damit eine der ersten Schulen bundesweit war, die sich ins digitale Zeitalter aufmachte – ohne deshalb auf eine schuleigene Hühnerhaltung zu verzichten, wie die Schulleiterin betonte („Bio-Eier, lecker“). Heißt: Wer sich digitaler Bildung widmet, muss kein naturentwöhnter Bildschirmfreak sein.  Er muss nicht mal sonderlich technikinteressiert sein. Denn um die Technik, so erklärte Silke Müller, gehe es zuletzt.

„Wir wollen unseren Kindern und Jugendlichen helfen, Individuen zu werden, die ihre Entscheidungen aufgrund von Werten treffen – nicht aufgrund von Algorithmen“, so erklärte die Pädagogin. Und dazu gehöre in der digitalen Welt nun Mal der Umgang mit digitalen Medien. Sich der Entwicklung entgegenstemmen? Sei sinnlos in einer Realität, in der sich kaum mehr ein Hamburger bei McDonalds offline bestellen lasse.  Deshalb gelte es, den Schülerinnen und Schülern IT-Kompetenzen ebenso zu vermitteln wie Grundsatzfragen einer digitalen Ethik. Dass der Prozess hin zur digitalen Schule kein leichter ist und einem Kollegium viel abverlangt, daraus machte die Schulleiterin keinen Hehl. Selbstironisch sagte sie: „Der Name ‚Projekt‘ täuscht über Planlosigkeit und Strukturlosigkeit hinweg, wir haben ja ein ‚Projekt‘“. Gleichwohl plädierte Silke Müller für Offenheit in den Kollegien gegenüber Innovationen. „Läuft schon – irgendwie“, sagte sie augenzwinkernd.

Hier geht es zu einer Reportage über die Waldschule Hatten.

„Gute Beispiele sichtbar machen“

Und wie es laufen kann. Dies machten zahlreiche Akteure deutlich, die ihre Projekte auf der Konferenz in Workshops vorstellten – vom Programmieren („Coding“) in der Grundschule, über Demokratiebildung bis hin zu selbstbestimmtes Lernen mit digitalen Formaten.  Zahlreiche Initiativen, vom Haus der kleinen Forscher bis hin zum Deutschen Schulportal, präsentierten sich an Ständen im Tagungszentrum. „Wir möchten gute Beispiele sichtbar machen“, so erklärte Dr. Nils Weichert, Vorstand des Forums Bildung Digitalisierung, das die #KonfBD18 veranstaltet. Hinter dem Forum stehen sieben große deutsche Stiftungen, die sich in der Bildung engagieren, darunter die Robert-Bosch-Stiftung (Trägerin des Deutschen Schulpreises) und die Telekom-Stiftung. „Digitalisierung ist kein Selbstzweck“, so hatte auch Uta-Micaela Dürig, Stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsführung der Robert-Bosch-Stiftung, betont. „Es geht darum, die Möglichkeiten, die Digitalisierung bietet, zu verbessertem Lernen zu nutzen.“

Dass das allerdings nicht allein vom Engagement der Schulen abhängt, sondern auch mit einer angemessenen Rahmensetzung  durch die Politik zu tun hat, machte Dr. Ekkehard Winter, Geschäftsführer der Telekom-Stiftung, deutlich. Lehrer bräuchten mehr Freiräume, um sich auszutauschen oder sich auch auf entdeckendes Lernen einlassen zu könne und Schulen benötigten multiprofessionelle Teams, um sich den vielfältigen Herausforderungen stellen zu können. Fünf Kilometer entfernt tagte derweil das Bundeskabinett, um sich mit der digitalen Zukunft Deutschlands zu beschäftigen. Andrej Priboschek / Agentur für Bildungsjournalismus

Hier gibt es weitere Informationen zur #KonfBD18.

PISA-Chef Schleicher auf der #KonfBD18: „Die Rolle der Lehrkraft verschiebt sich – weg vom reinen Wissensvermittler“

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