Volksinitiative gegen eine angebliche Privatisierung von Schulgebäuden blitzt ab

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BERLIN. Werden Berlins Schulen demnächst privatisiert? Eine Bürgerinitiative entwirft ein düsteres Szenario. Rot-Rot-Grün widerspricht entschieden.

Arm, aber sesy – so nannte der frühere Berliner OB Klaus Wowereit die Hauptstadt. Für die vielen maroden Schulgebäude in der Bundeshauptstadt gilt das Attribut „sexy“ sicher nicht. Foto: Guillaume Baviere / flickr (CC BY-SA 2.0)

Die Volksinitiative «Unsere Schulen» ist mit ihrer harschen Kritik an den Berliner Schulbauplänen nicht im Parlament durchgedrungen. Bei einer Anhörung des Haupt- und des Bildungsausschusses wiesen Abgeordnete der rot-rot-grünen Koalition wie auch Finanzsenator Matthias Kollatz Vorhaltungen zurück, der Bau neuer Schulen durch die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Howoge habe eine «Privatisierung» im Bildungswesen zur Folge. «Da werden Feindbilder aufgebaut, die nicht da sind», sagte der SPD-Politiker am Mittwoch.

Bei der Howoge handele es sich um ein öffentliches Unternehmen, das dabei helfe, das größte Infrastrukturvorhaben in Berlin umsetzen zu können. Sowohl die Schulen als auch die Grundstücke blieben in öffentlicher Hand. «Es gibt kein einziges privatwirtschaftliches Gewinninteresse und keinen einzigen privatwirtschaftlichen Akteur», sagte der Linke-Abgeordnete Steffen Zillich.

5,5 Milliarden Investment geplant

Der Senat will innerhalb von zehn Jahren 5,5 Milliarden Euro in die Sanierung und den Neubau von Schulen stecken. Die privatwirtschaftlich organisierte Howoge soll vor allem die besonders großen Projekte stemmen. Dazu soll sie die Schulen zwischen 25 und 33 Jahre übernehmen; die Bezirke sollen dafür zunächst Miete zahlen, ehe Gebäude und Grundstücke wieder in ihr Eigentum übergehen.

Die Initiative sieht genau an dieser Stelle den wesentlichen Schwachpunkt des Konstrukts. Denn die Howoge kann und wird die Immobilien als Sicherheit für Kredite einbringen. «Die Schulen werden zum Faustpfand für die Banken», schlussfolgerte Dorothea Härlin von dem Bündnis. Das sei ungeheuerlich. Zudem habe die Politik bei dem Modell weniger Kontrollmöglichkeiten, zu befürchten seien extrem hohe Kosten und Risiken für das Land. Die Initiative fordert, die Pläne zu überdenken. Bildung sei eine hoheitliche Aufgabe, daher müssten allein Land und Bezirke bauen.

Kollatz räumte ein, dass es im Vergleich zu ersten Annahmen Kostensteigerungen bei diversen Bau- und Sanierungsprojekten geben werde. Das habe aber nichts mit der Howoge zu tun, sondern mit der genauen Analyse des jeweiligen Gebäudezustands, mit der gewünschten Erweiterung von Flächen für neue Schulkonzepte und mit dem Anstieg der Baukosten.

Das Schulbaumodell mit der Howoge hat auch eine finanzpolitische Komponente. Es hilft dem Senat, die ab 2020 geltende Schuldenbremse einzuhalten, also das Verbot, neue Verbindlichkeiten aufzunehmen. Denn Kredite, die die Howoge GmbH aufnimmt, werden Kollatz zufolge nicht auf die Staatsverschuldung angerechnet. Die Initiative bezweifelt, dass das europarechtlichen Regeln standhält.

Sie hatte 28.000 gültige Unterschriften für ihr Anliegen gesammelt und damit die Anhörung im Parlament erzwungen. Denn die Abgeordneten müssen sich nun laut Gesetz mit dem Thema auseinandersetzen.Am Rande des öffentlichen Termins gab es erheblichen Unmut, weil etliche Unterstützer der Initiative nicht in den überfüllten Tagungsraum vorgelassen wurden. Einige riefen an der Tür «Wir wollen rein» und störten die Anhörung. Nach einiger Zeit durften schließlich alle Interessierten in den Raum, mussten aber teils mit Stehplätzen vorlieb nehmen. dpa

Volksinitiative warnt vor “Privatisierung” von Schulgebäuden

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