„Abitur gestärkt“: Philologen erfreut über Reform der Zulassung zum Medizinstudium

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BERLIN. Jahrelange Wartezeiten, Chancen fast nur für Einser-Abiturienten – bei der Zulassung für ein Medizinstudium liegt heute vieles im Argen. Jetzt soll alles besser werden. Die Philologen zeigen sich mit der vereinbarten Reform hochzufrieden.

Trotz Neuregelung der Hochschulzulassung: Auch in Zukunft wird es in Deutschland nicht leicht, Arzt zu werden. Foto: Free-Photos / pixabay (CC0 Creative Commons)
Trotz Neuregelung der Hochschulzulassung: Auch in Zukunft wird es in Deutschland nicht leicht, Arzt zu werden. Foto: Free-Photos / pixabay (CC0 Creative Commons)

Nicht nur Abiturienten mit Spitzennoten sollen künftig in Deutschland Medizin studieren können. Das sieht der Entwurf für einen Staatsvertrag vor, auf den sich die Wissenschaftsminister der Länder am Donnerstag in der Kultusministerkonferenz (KMK) geeinigt haben, wie die KMK in Berlin mitteilte. Demnach sollen die Länder künftig auch beruflich Qualifizierten ohne Abitur den Weg zum Medizinstudium ebnen können. Das könnten zum Beispiel Rettungssanitäter sein.

Insgesamt soll es ein völlig neues System des Hochschulzugangs bei Medizin, Zahnmedizin, Tiermedizin und Pharmazie geben. Ein größerer Anteil der Plätze als heute soll den Einserabiturienten vorbehalten bleiben: Die sogenannte Abiturbestenquote wird von 20 auf 30 Prozent erhöht. Eine neue zusätzliche Eignungsquote, durch die jeder zehnte Platz vergeben werden soll, soll aber Bewerbern unabhängig von den Abinoten Chancen eröffnen.

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Derzeit werden jährlich rund 11.000 der bis zu 50 000 Bewerber für ein Medizinstudium an den öffentlichen Hochschulen zugelassen. Das Bundesverfassungsgericht hatte am 19. Dezember 2017 entschieden, dass das Zulassungsverfahren teils verfassungswidrig ist und bis Ende 2019 neu geregelt werden muss. Heute haben fast nur Einser-Abiturienten eine Chance, für viele gelten Wartezeiten von bis zu 15 Semester. Die Richter verlangten unter anderem transparentere Verfahren, mehr Vergleichbarkeit der Abinoten und weniger Wartezeit.

Die Neuregelungen sollen zum Sommersemester 2020 gelten. Insbesondere für Bewerber, die heute auf Wartelisten stehen, sind Übergangsfristen geplant. Der Entwurf muss zuvor noch von einer Konferenz der Ministerpräsidenten und den Parlamenten der 16 Bundesländer abgesegnet werden.

Zum Andrang auf die – gemessen an den Bewerberzahlen – wenigen Studienplätzen sagte Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU), es würden auch neue Studienplätze geschaffen. «Ein paar Bundesländer schaffen das immer wieder.» Die Einigung auf den Vertragsentwurf zeige im Übrigen, dass Bildungsföderalismus funktioniere. Sachsens Wissenschaftsministerin Eva-Marie Stange (SPD) erläuterte aber auch, im Umfeld von Landtagswahlen könnten in einem Land kaum Staatsverträge ratifiziert werden – unter anderem deshalb seien Staatsverträge nicht einfach auf den Weg zu bringen. dpa

Philologen: 'Sehr gut!'

„Unsere Forderungen sind erfüllt: Die Abiturbestenquote wird auf 30% erhöht und die Abiturdurchschnittsnote bleibt im Auswahlverfahren der Hochschulen entscheidend! Sehr gut!“, kommentiert die Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbands, Susanne Lin-Klitzing, den heutigen Beschluss der Kultusministerkonferenz.

Im Juni dieses Jahres hatten die Kultusminister mit einem ersten Beschluss auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Dezember 2017 zur Hochschulzulassung Medizin reagiert. Danach sollte die Abiturbestenquote zunächst auf mindestens 20 Prozent heraufgesetzt werden. Die Philologen forderten 30 Prozent, denn die Abiturnote stellt einerseits den besten Prädiktor für ein erfolgreiches Studium dar und andererseits können mit einer 30prozentigen-igen Abiturbestenquote auch Abiturientinnen und Abiturienten beginnen, die kein 1,0-Abitur haben. Dies wurde erfüllt: damit hat die Kultusministerkonferenz in ihrem heutigen Beschluss in Berlin dem Vorschlag des Deutschen Philologenverbandes entsprochen.

Für die Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH) hatte Lin-Klitzing vorgeschlagen, neben der Abiturdurchschnittsnote auch einen standardisierten Test und medizinische Vorerfahrungen zu berücksichtigen. Die KMK hat auch hier positiv entschieden, dass die AdHs im Umfang von 60 Prozent erhalten bleiben: Neben der Abiturnote müssen für das Medizinstudium zwei weitere schulnotenunabhängige Kriterien herangezogen werden; eines ist erheblich zu gewichten, eines davon muss ein Studieneignungstest sein. Auch damit zeigt sich der Deutsche Philologenverband hochzufrieden. Neu ist als Kompensation für die Wartezeitquote eine zusätzliche Eignungsquote von 10 Pronzent, in der die Länder schulnotenunabhängige Kriterien heranziehen.

Fazit: Die Länder haben sich der Kritik des Bundesverfassungsgerichtes gestellt. Der Deutsche Philologenverband konstatiert dankbar eine deutliche Stärkung des Abiturs und der Abiturnote in diesem KMK-Beschluss. Und auch für die Bewerber, die jetzt in der Warteschleife stehen, werden verträgliche Regelungen getroffen. „Ein gutes Ende dieser durchaus schwierigen Situation!“, resümiert die Philologen-Vorsitzende.

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