Debatte um Soldaten in Schulen neu entflammt – Philologen zeigen sich von der SPD befremdet

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KIEL. Ist der Besuch von Bundeswehrsoldaten an Schulen schon Werbung für das Militär? Ein Beschluss der Berliner SPD hat auch in anderen Bundesländern die  Debatte belebt. In Mecklenburg-Vorpommern kommt das Thema wohl in den Landtag. Und in Schleswig-Holstein zeigt sich der Philologenverband von den Sozialdemokraten in der Hauptstadt befremdet.

Mit solchen Fotos wie diesem von einer "Informationslehrübung" wirbt die Bundeswehr für sich. Foto: Bundeswehr-Fotos Wir. Dienen. Deutschland. Flickr (CC BY 2.0)
Mit solchen Fotos wie diesem von einer „Informationslehrübung“ wirbt die Bundeswehr für sich. Foto: Bundeswehr-Fotos Wir. Dienen. Deutschland. Flickr (CC BY 2.0)

Im Zusammenhang mit der Debatte um die Rolle der Bundeswehr im Schulunterricht vermisst der Philologenverband ein eindeutiges und kompromissloses Bekenntnis der SPD zu den Streitkräften. Äußerungen aus Reihen der Sozialdemokraten ließen „eine bedauerliche Äquidistanz zu unserer vom Parlament getragenen Bundeswehr und parlamentarisch nicht legitimierten Organisationen welcher Provenienz auch immer erkennen, die unsere Streitkräfte in Frage stellen oder massiv ablehnen. Das ist befremdlich und bedauerlich!“, erklärte Philologen-Landeschef Jens finger.

Der Philologenverband Schleswig-Holstein trete nachdrücklich dafür ein, Jugendoffizieren der Bundeswehr und anderen Soldaten einen Informationsauftrag an unseren Schulen einzuräumen. Dies könne und solle im Geschichtsunterricht, im Unterricht des Faches Wirtschaft / Politik sowie bei Projektvorhaben geschehen.

Im Übrigen erinnerte Finger die Sozialdemokraten  an ihre sicherheitspolitische Tradition, die sich – mit großer Zustimmung in der Bevölkerung – von den Beschlüssen des Godesberger Programms, dem Bekenntnis zu Bundeswehr und NATO-Mitgliedschaft über die Amtszeiten der erfolgreichen Bundesminister der Verteidigung Helmut Schmidt und Georg Leber bis in dieses Jahrtausend hinziehe. „Dies sollten die Sozialdemokraten nicht durch die völlig überflüssige Debatte um Bundeswehrangehörigen in unseren Schulen zerstören oder relativieren“, befand Finger.

Hitzige Debatten um Schulbesuche der Bundeswehr auch in Schwerin

Als Reaktion auf den Vorstoß des Berliner SPD-Landesverbandes für ein Werbeverbot der Bundeswehr an Schulen dringt die Fraktion Freie Wähler/BMV im Schweriner Landtag auf ein klares Bekenntnis zur Armee und ihrer Rolle in der Gesellschaft. «Als Parlamentsarmee freier Staatsbürger in Uniform genießt sie unseren Respekt und unsere Wertschätzung», betonte Fraktionschef Bernhard Wildt am Mittwoch in Schwerin. Für die Landtagssitzung in der kommenden Woche kündigte er einen Eilantrag zu dem Thema an.

«Die Besuche unserer Soldaten an den Schulen in unserem Land müssen als Lehrauftrag verstanden und willkommen geheißen werden, nicht als geduldete Werbeveranstaltungen. Die Bundeswehr gehört zu unserem demokratischen Staat», machte Wildt die Haltung der vierköpfigen Fraktion deutlich. Die Veranstaltungen mit Jugendoffizieren dienten dazu, junge Menschen über die Aufgaben und Einsätze der Bundeswehr zu informieren. Dazu gehörten neben dem Schutz des Landes auch friedenssichernde Maßnahmen im Ausland.

Die Berliner SPD hatte auf einem Landesparteitag am Samstag einen Antrag für ein Werbeverbot der Bundeswehr an Schulen beschlossen (News4teachers berichtete). «Es wird militärischen Organisationen untersagt, an Berliner Schulen für den Dienst und die Arbeit im militärischen Bereich zu werben», hieß es in dem Text. Ziel der Initiatoren ist eine entsprechende Änderung im Berliner Schulgesetz.

Wie ein Sprecher des Bildungsministeriums in Schwerin sagte, ist in der Kooperationsvereinbarung zwischen Landesregierung und Bundeswehr ausdrücklich geregelt, dass Jugendoffiziere an Schulen informieren, nicht aber für Tätigkeiten in der Bundeswehr werben dürfen.

Dennoch forderte Linksfraktions-Chefin Simone Oldenburg, die aus dem Jahr 2010 stammende Vereinbarung zu kündigen. «Die Bundeswehr gehört nicht in die Schule», betonte Oldenburg und verwies auf die Antwort auf eine Kleine Anfrage ihrer Fraktion im Landtag. Demnach hatten im Schuljahr 2016/2017 Jugendoffiziere an Schulen im Nordosten insgesamt 51 Vorträge gehalten und damit 1234 Schüler erreicht. 15 Mal besuchten Schulklassen die Truppe. Doch habe das Bildungsministerium «über die Einhaltung der Kooperationsvereinbarung und dazugehörigen Handlungsanweisungen für die Schulen gar keine Kenntnis», monierte Oldenburg.

Im Juni 2016 hatte der Landtag in Schwerin in einer emotionsgeladenen Debatte über Informationsveranstaltungen der Bundeswehr an Schulen diskutiert. Schon damals hatte die Linke die Kündigung der Vereinbarung gefordert. Denn Schülern solle nicht vermittelt werden, dass Krieg ein legitimes Mittel zur Konfliktlösung sei, begründete die Oppositionsfraktion ihren Antrag. Die Koalitionsparteien SPD und CDU wiesen die Forderung seinerzeit zurück und bekannten sich zu den Auftritten von Bundeswehr-Angehörigen vor Schülern. News4teachers / mit Material der dpa

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