Gewerkschaft: AfD-Lehrerportal blieb wirkungslos

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BERLIN. Zum Start vor einem Jahr sorgte der AfD-«Lehrerpranger» auch in Berlin für Aufregung. Inzwischen hat sich die Debatte beruhigt. Und die Zwischenbilanz fällt höchst unterschiedlich aus.

Das umstrittene Lehrermeldeportal der Berliner AfD-Fraktion hat sich nach Einschätzung der Bildungsgewerkschaft GEW als «ziemlich wirkungslos» erwiesen. «Die Kolleginnen und Kollegen haben sich nicht einschüchtern lassen. Uns sind zumindest keine Fälle bekannt», sagte GEW-Landeschef Tom Erdmann ein Jahr nach dem Start der Meldeplattform. Die AfD-Fraktion wertete die im Oktober 2018 freigeschaltete Internetseite, auf der Schüler und Eltern über ein Kontaktformular etwa kritische Äußerungen von Lehrern zur AfD melden können, hingegen als Erfolg.

Einschüchterung oder Förderung einer kritischen Grundhaltung? Die Meinungen über den Erfolg des Berliner AfD-Meldeportals gehen diametral auseinander. (Foto: Screenshot)

Die Bestrebungen der AfD, eine kritische Auseinandersetzung im Unterricht zu unterdrücken, Kritiker zu denunzieren sowie Schüler zu instrumentalisieren, bestätigten die undemokratische und autoritäre Grundhaltung dieser Partei, unterstrich Erdmann. Die AfD habe Angst vor politisch gebildeten, frei denkenden Schülern und kritischen Pädagogen.

Dem widersprach der bildungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Franz Kerker: «Der AfD geht es eben nicht um Denunziation, sondern um die Wiederherstellung der neutralen Schule.» Das Portal sei eine «lückenlose Erfolgsgeschichte».

«Zunächst konnten wir eine breite Öffentlichkeit über unser Anliegen, die Hetze von linken Lehrern gegen die AfD in Schulen, sensibilisieren», so Kerker. «Danach ist es uns gelungen, Tausende Erstanfragen zu bearbeiten und den Betroffenen mit Lösungsvorschlägen und Auskünften zu Seite zu stehen.» In den meisten Fällen sei es gelungen, «auffällige Lehrer» mit verärgerten Schülern und Eltern an einen Tisch zu bringen und die Probleme schnell abzustellen.

«Die AfD vertritt diskriminierende, xenophobe, rassistische, sexistische, frauenfeindliche Positionen und versucht, diese in der gesellschaftlichen Mitte zu verankern», hielt Erdmann dem entgegen. «Deshalb sind Lehrkräfte, die ihre Aufgabe und die Schulgesetze ernst nehmen, verpflichtet, sich im Unterricht kritisch mit den Positionen der AfD auseinanderzusetzen.»

Inzwischen gab es laut AfD rund 36 000 Zugriffe auf das Portal, rund 7000 Nutzer nahmen Kontakt zur Fraktion auf. «99 Prozent der Anliegen konnten durch Tipps, wie man am besten mit seiner Kritik auf den Lehrer zugeht, gelöst werden», so ein Fraktionssprecher. In 19 Einzelfälle habe die Fraktion mit allen Beteiligten «um eine Lösung im Sinne der neutralen Schule» gerungen oder sei noch dabei. Eine Einbindung der Bildungsverwaltung sei bisher nicht notwendig gewesen. (dpa)

“Meldeportal” gegen kritische Lehrer: Berliner AfD will rund 6.800 Meldungen empfangen haben

 

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9 Kommentare
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Küstenfuchs
4 Jahre zuvor

Natürlich ist sowas letztendlich wirkungslos, denn keine mag die Petze.

Ignaz Wrobel
4 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Das ziel ist die Einschüchterung und die systematische Denunziation von Lehrern, die durch diese Foren unterhalten und nachhaltig gefördert wird, damit diese es sich überlegen, ob sie es wagen wollen, sich kritisch mit den rassistischen Positionen der AfD auseinandersetzen wollen.
Im Endeffekt will man letztendlich eine Enttabuisierung rassistischer Positionen erreichen, indem man die Kritik daran einschränkt in dem man denunzieren lässt..
Letztendlich sollen Lehrer eingeschüchtert werden, ihrer verfassungsgemäßen Aufklärungspflicht gegenüber fremdenfeindlichen Positionen der AfD gegenüber Menschen einer afrikanischen, arabischen, pakistanischen oder auch einer südosteuropäischer Herkunft ,z.B. Rumänen und Bulgaren, sowie die rassistischen Positionen der AfD, siehe Ethnozid , im Unterricht kritisch zu hinterfragen und zur Diskussion und zur Disposition zu stellen.

Pälzer
4 Jahre zuvor

Sind also – dem Artikel nach – alle zufrieden? Erstaunlich.

Carsten60
4 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

Und warum wurde das Thema erst so hochgejubelt, so als stünden schreckliche Dinge bevor?

Bernd
4 Jahre zuvor
Antwortet  Carsten60

1. Weil diese ekelhafte Denzunziantenaktion dazu beiträgt, das Klima zwischen Eltern und Lehrern zu vergiften.

2. Weil es offenbar allein in Berlin 19 Fälle gibt, in denen eine politische Gruppierung Druck auf einzelne Lehrkräfte ausübt, ohne dass deren vorgesetzte Behörden (= Bildungsverwaltung) eingeschaltet worden wären. Mit welchem Recht maßt sich eine Partei an, sich in schulinterne Konflikte einzumischen?

Wie fänden Sie es denn, Carsten 60, wenn die Linkspartei ihnen die Antifa auf den Hals hetzen würde, weil irgendwelche Eltern und Schüler einen Rochus auf Sie haben?

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

zu 1.: Als Beispiel nenne ich mal einen Hochschullehrer aus Hamburg.

Carsten60
4 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

Ein solches Portal der Linkspartei ist mir nicht bekannt. Aber heute wird in der Tagesschau von einer sehr erfolgreichen App der türkischen Polizei berichtet, mit der rechts-nationalistisch eingestellte Deutsch-Türken ihre Landsleute als „Terrorsympathisanten“ denunzieren können:
https://www.tagesschau.de/investivativ/hr/tuerkei-deutsche-111.html
Keine Spur von Wirkungslosigkeit: Immer mehr Deutsch-Türken werden deswegen bei Einreise in die Türkei verhaftet. Ob sowas nicht das Klima innerhalb der deutsch-türkischen Community (und darüber hinaus) vergiftet? Mit welchem Recht geschieht das?

Trevor Tee
3 Jahre zuvor
Antwortet  Carsten60

Tja, da kam dann nichts mehr 😉
Wieso eigentlich, keine Argumente?

Ignaz Wrobel
4 Jahre zuvor

Die AfD will mit diesen Portalen verantwortungsbewusste und aufklärungsbereite Lehrer einschüchtern, die sich kritisch mit den Vertretern des rechten Flügels der AfD und deren stark verzerrtes Bild zur deutschen Geschichte, wie etwa deren geschichtlich gleiche Einordnung der Bombardierung Dresdens am 13.2.1945 mit dem industriell organisierten millionenfachen Massenmord an Juden, Sinti, Roma, politischen Gegnern, sogenannten „Asozialen“, polnischen und anderen Zwangsarbeitern des SS-Staates, sowie mit deren propagandistischen Hetze gegen die Altparteien, die durch eine propagierte gezielt beförderte ethnische Zuwanderung arabischer und moslemischer Menschen einen „Bevölkerungsaustausch“ und eine Verdrängung der angestammten Bevölkerung betreiben wollten, der von diesen als Ethnozid bezeichnet wird, aufklären.
In gleicher Weise hat man Angst vor einer kritischen Auseinandersetzung in den Schulen mit der rassistischen Terminologie von Spitzenpolitikern der AfD im Bundestag , z.B. hier „Kopftuchmädchen, alimentierte Messermänner und andere Taugenichtse werden den Sozialstaat nicht sichern“, oder die Hetze des Amtsrichters Herr Meier gegen Noah Becker oder Gauland über Boateng.