Augenärzte fordern Verbot privater Feuerwerke – als Jugendschutz

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MÜNCHEN. Alljährlich werden zum Jahreswechsel zahlreiche Menschen durch Silvesterböller und Feuerwerkskörper verletzt. Davon sind besonders Jugendliche betroffen, ermittelten Augenärzte in einer dreijährigen Untersuchung. Schutzbrillen, Aufklärung durch Lehrer und Erzieher sowie Abgabe-Verbote könnten nach Meinung der Ophtalmologen Abhilfe schaffen.

Kinder, Jugendliche und Unbeteiligte werden zu Silvester besonders häufig Opfer von Verletzungen durch Feuerwerkskörper an den Augen. Das ist ein zentrales Ergebnis einer Umfrage der Deutschen Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) an deutschen Augenkliniken für die zurückliegenden drei Jahreswechsel. An der Abfrage 2018/2019 beteiligten sich 51 Kliniken. Insgesamt erfassten die Krankenhäuser für die drei zurückliegenden Jahre anonyme Daten von 1356 Patienten, die an Augen, Händen und Gesicht behandelt werden mussten.

Schon ohne Explosion ist im Umgang mit Feuerwerk Vorsicht geboten. Foto: Three-shots / Pixabay (P.L.)

In jedem Jahr zeige sich in der Silvesternacht ein ähnliches Bild. Drei Viertel der Patienten kamen mit Verletzungen an Augenlid, Hornhaut oder Bindehaut davon, die ambulant behandelt werden konnten. Jeder vierte Patient erlitt jedoch eine schwere Verletzung, die stationär oder sogar in einer Notoperation versorgt werden musste. Dazu zählen Prellungen oder Risse im Augapfel, oft in Verbindung mit Lid- und Oberflächenverletzungen. Mitunter kam es zusätzlich zu Trommelfellschäden oder Verletzungen an der Lunge, im Gesicht oder an Händen, die im Extremfall sogar eine Amputation nach sich zogen.

Besonders häufig betroffen sind Jungen und junge Männer. Diese hatten ein deutlich höheres Risiko für die schweren, operativ zu versorgenden Verletzungen, berichtet etwa der Freiburger Arzt Daniel Böhringer. Von allen Patienten, die sich in eine Klinik begeben mussten, seien rund 60 Prozent 25 Jahre oder jünger gewesen. Davon wiederum mache der Anteil der Kinder und Jugendlichen im Alter von ein bis 17 Jahren fast 40 Prozent aus. „Insgesamt sind drei Viertel der Verletzten männlich, wie die Statistik ausweist,“ bilanziert Böhringer.

Als besonders alarmierend empfanden die Augenärzte, das zahlreiche Unfallopfer angaben, mit Feuerwerkskörpern beworfen worden zu sein. „Absichtliche Angriffe auf Unbeteiligte sind katastrophal, das gilt auch für Attacken auf Rettungspersonal, die neuerdings stattfinden“, kritisiert DOG-Experte Hansjürgen Agostini. Nicht einmal passives Zuschauen schütze. „Über alle Untersuchungsjahre hinweg hätten rund 60 Prozent der Patienten angegeben, den Feuerwerkskörper nicht selbst gezündet zu haben. „Bedauerlicherweise sind auch 60 Prozent der verletzten Kinder Unbeteiligte.“, resümiert Agostini.

Die Drei-Jahres-Untersuchung gab auch Aufschluss, welche Art der Pyrotechnik Ursache der Verletzung ist. Während sich Kinder vor allem an Knallkörpern verletzen, stehen bei den Erwachsenen Raketen im Vordergrund. „Kinder sammeln häufig Böller vom Boden auf oder behalten sie zu lange in der Hand“, erläutert Studienautorin Ameli Gabel-Pfisterer. Sie erleiden daher vier Mal häufiger als Erwachsene kombinierte Verletzungen an den Augen, den Händen und im Gesicht. Eltern sollten unbedingt mit ihren Kindern sprechen und sie vor den Gefahren eindringlich warnen, rät die Potsdamer Augenärztin: „Es handelt sich um hochgefährliches Material, und auch Lehrer und Erzieher sollten das Thema aufgreifen.“

Feuerwerkskörper könnten durch die Dreifach-Kombination von Hitze, Impuls und Chemikalien sehr komplexe Schäden bewirken, betont Gabel-Pfisterer. Die Konsequenzen seien nicht selten gravierend. „Schätzungsweise 40 Prozent der schwer Verletzten werden vermutlich unter dauerhaften Folgen wie Sehverschlechterung oder Narbenbildung leiden“, warnt die Ophthalmologin. „Dies ist besonders folgenschwer, wenn die Betroffenen am Beginn ihres Berufslebens stehen.“

Harmlose Pyrotechnik gebe es nicht, so die Wissenschaftler. „In bis zu 30 Prozent der Fälle führen Bengalische Lichter oder Wunderkerzen zu Verletzungen, in einzelnen Fällen sogar die herabfallenden Reste von abgebrannten Feuerwerkskörpern“, betont Hansjürgen Agostini.

Die DOG und der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e. V. (BVA) fordern daher Schutzbrillen, verstärkte Aufklärung über die Risiken und eine Diskussion über ein Verbot privat genutzter Feuerwerke. Feuerwerk gehöre in die Hände professioneller Pyrotechniker. Ein erster sinnvoller Schritt wären nach Ansicht der Experten eine strikte Einhaltung des Abgabe- und Weitergabe-Verbots von Feuerwerkskörpern der Kategorie 2 an Minderjährige, eine deutliche Begrenzung der Nutzungszeit wie in Holland und eine Ausweitung der feuerwerksfreien Zonen insbesondere in belebten Innenstädten. „Weniger ist mehr,“ schlägt Gabel-Pfisterer vor. Das verringere nicht zuletzt auch die erhebliche Feinstaubbelastung in den Silvesternächten. (zab, pm)

• Die Befragungsergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Der Ophthalmologe“ erschienen.

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