Coronakrise trifft Auslandsschulen – ein Drittel muss Lehrerstellen abbauen

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BERLIN. Vier von fünf Deutsche Auslandsschulen erwarten sinkende Schülerzahlen in der Coronakrise. Zwar hat für sie der Bund ein Programm mit finanziellen Soforthilfen aufgelegt. Das aber nutzt nur die Hälfte der betroffenen Bildungseinrichtungen. Die andere Hälfte schätzt die Hürden für die Antragstellung als zu hoch ein. Das sind die Kernergebnisse einer Mitgliederbefragung des Weltverbands Deutscher Auslandsschulen.

Die Deutschen Auslandsschulen repräsentieren die deutsche Kultur im Ausland. Foto: Shutterstock

Die Lage der Deutschen Auslandsschulen verschlechtert sich aufgrund der weltweiten Corona Pandemie weiter. Das ist das Kernergebnis der zweiten Mitgliederbefragung des Weltverbands Deutscher Auslandsschulen (WDA) zu den Auswirkungen der Krise. Die Befragung schreibt die Ergebnisse einer ersten Corona-Umfrage des WDA vom April 2020 fort.

Die Umfrage zeigt, dass 64 Prozent der befragten Schulen ihre wirtschaftliche Lage als schlecht beurteilen. In der ersten Umfrage vom April 2020 waren es erst 50 Prozent. In dieses Bild passen weitere abgefragte Indikatoren. So geben mittlerweile 78 Prozent der befragten Schulen an, dass ihr Umsatz gegenüber dem Vorjahr gesunken ist (April 2020: 63 Prozent). Fast 80 Prozent dieser Schulen erwarten mittlerweile einen Rückgang der Schülerzahlen.

Sinkende Schulgebühren helfen Eltern, schaden Schulen

Im April waren es erst 72 Prozent. Eine steigende Zahl der befragten Schulen versucht dem durch die Senkung der Schulgebühren gegenzusteuern. Bereits 25 Prozent haben das Schulgeld gesenkt, im April waren es erst 20 Prozent. Damit tragen die Schulen der schlechteren wirtschaftlichen Situation vieler Eltern vor Ort Rechnung und versuchen der Abmeldung von Kindern entgegenzuwirken. Gleichwohl stellen sinkende Einnahmen aus Schulgeldern die Schulen vor große Herausforderungen, sind sie doch zur Aufrechterhaltung des Schulbetriebs und zum Vorhalten der Infrastruktur (Lehrkräfte, Gebäude) auf diese Einnahmen angewiesen. Die freien Schulträger erwirtschaften durchschnittlich rund 70 Prozent ihrer Haushalte in Eigenverantwortung.

Soforthilfe in ihrer jetzigen Form kein Allheilmittel

Diese dramatische Lage der Schulen hatte sich bereits in der ersten WDA-Umfrage vom April gezeigt. Der Weltverband Deutscher Auslandsschulen hatte sich umgehend für die Gewährung finanzieller Soforthilfen durch die Bundesrepublik Deutschland für die unverschuldet in Not geratenen Schulen stark gemacht. Für diese Soforthilfe wurden im Mai rund 70 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Auf die Frage, ob sie diese Soforthilfe bereits beantragt haben, antworteten erst 25 Prozent der Umfrageteilnehmer mit „ja“. „Wir erarbeiten aktuell den Antrag“ sagen dreißig Prozent. Ein Viertel der befragten Schulen hat sich explizit gegen einen Antrag entschieden. Als Grund für diese Ablehnung nennt eine Mehrzahl der Schulen (52 Prozent) zu hohe Anforderungen bei der Antragstellung. Über 90 Prozent der antwortenden Schulen sagen, dass sich die Wirkung der Soforthilfe erhöhen ließe, wenn sie nicht an das Kriterium „Existenzbedrohung“ gekoppelt wäre. Stattdessen sollte sie sich an dem jetzt tatsächlich anfallenden Fehlbetrag zwischen Schulgeldeinnahmen und bestehenden Fixkosten orientieren.

Schulen versuchen, ihre Lehrkräfte zu halten

Welchen Spagat die Schulen hier aktuell unternehmen, zeigt sich bei der Frage, wie sich die Zahl der Lehrer durch die Krise verändern wird. Im April sagten 29 Prozent der Schulen, dass sich die Lehrerzahl bei ihnen verringern wird, im Juni waren es mit 35 Prozent nur unwesentlich mehr. Obwohl sich die Geschäftserwartungen nochmals deutlich verschlechtert haben, planen die meisten Schulen weiter mit ihren Lehrkräften. Die Schulen sind loyal zu ihren Lehrerinnen und Lehrern, versuchen sie für die Zeit nach der Krise zu halten.

Was brauchen die Schulen jetzt? Auf die Frage, welche Maßnahmen die finanzielle Soforthilfe ergänzen sollten, antworteten über 80 Prozent, dass sie sich weitere Hilfe bei der Digitalisierung ihrer Schule wünschen. Am zweithäufigsten wurde eine flexiblere personelle Förderung durch die Bundesrepublik Deutschland genannt. Hier wünschen sich 74 Prozent zum Beispiel einen flexibleren Umgang mit auslaufenden Verträgen von Lehrern und Schulleitern. Die Hälfte der Schulen wünscht sich Zugang zu günstigen Krediten in Deutschland, zum Beispiel KfW-Krediten. News4teachers

Hintergrund

In mehr als 70 Ländern weltweit vermitteln 140 Deutsche Auslandsschulen Bildung „Made in Germany“. Rund 84.000 Schüler besuchen die Deutschen Auslandsschulen weltweit, drei Viertel von ihnen sind nicht deutsch.

Die Deutschen Auslandsschulen gelten als eines der ältesten und erfolgreichsten Beispiele für öffentlich-private Partnerschaften (Public Private Partnerships, PPP). Ehrenamtliche Vorstände gründen und führen die Schulen, Bund und Länder fördern sie. Die freien Träger erwirtschaften durchschnittlich rund 70 Prozent ihrer Schulhaushalte in Eigenverantwortung.

Der im Jahr 2003 gegründete Weltverband Deutscher Auslandsschulen (WDA) hat 139 Mitglieder, davon 115 anerkannte Deutsche Auslandsschulen; rund 83 Prozent der Schüler Deutscher Auslandsschulen insgesamt besuchen WDA-Mitgliedsschulen.

Studie: Deutsche Auslandsschulen genießen international hohe Anerkennung

 

 

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