BERLIN. Die Virologin Prof. Isabella Eckerle von der Universität Genf hält es für riskant, weitere Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus zurückzustellen. «Ein zögerliches Vorgehen beziehungsweise ein Abwarten in einer Pandemie ist meistens keine gute Idee», sagte Eckerle nach den Beratungen von Bund und Ländern am späten Montagabend in den ARD-«Tagesthemen». «Die Zahlen haben sich zwar verlangsamt, aber sie steigen immer noch an.» Vor allem die Entwicklung in den Schulen bereitet ihr Sorge – über weitere Maßnahmen hier soll erst in der kommenden Woche entschieden werden.
So lange die Entwicklung noch in die falsche Richtung gehe, sei klar, dass die Einschränkungen zumindest aufrechterhalten, wahrscheinlich aber verschärft werden müssten. «Wenn man die Infektionszahlen wirklich runter bekommen möchte, die Kliniken entlasten, in der Gesellschaft ein bisschen mehr Normalität haben möchte, dann wäre es besser gewesen, schon jetzt damit anzufangen», betonte Eckerle. Sie verwies darauf, dass man die positiven Effekte von Einschränkungen erst mit Zeitverzögerung sehe. «Das ist sicher noch einmal ein bisschen Zeit, die man da verschenkt hat.»
Die Virologin kritisierte, dass es bis heute nur wenige Daten zum Infektionsgeschehen an den Schulen gebe. Dort habe man in der Pandemie bisher zu wenig hingeschaut. «Man hat sich lange auf Daten aus der ersten Jahreshälfte berufen, wo sich gezeigt hatte, dass die Kinder eine nicht so große Rolle spielen. Das hat sich jetzt aber geändert.»
Noch immer verbreiten Landesregierungen die Geschichte: Infektionen in Schulen sind kein Problem
Noch immer bestreiten Landesregierungen allerdings, dass Schulen Infektionsherde sein können. Die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) erklärte am Sonntag unter Verweis auf Daten der Gesundheitsämter in ihrem Bundesland, vorliegende Untersuchungen zeigten, dass die Schulen gerade nicht die Orte seien, an denen sich Menschen ansteckten. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte gestern: „Das Problem sind nicht die Infektionen in den Schulen sondern außerhalb der Schulen!“ Stefanie Hubig, rheinland-pfälzische Bildungsministerin und Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), meinte in der vergangenen Woche, sie halte eine Maskenpflicht für Grundschüler im Unterricht derzeit nicht für notwendig. Kleine Kinder seien nicht die Überträger der Corona-Infektionen.
Eckerle erklärte hingegen: Klar sei, dass viele infizierte Kinder ein wenig ausgeprägtes Krankheitsbild oder gar keine Symptome zeigten. Klar sei aber auch: «Bei hohen Infektionszahlen wie im Moment hat man auch Infektionszahlen an den Schulen. Das spiegelt einfach das Gesamtgeschehen in der Bevölkerung wider.» Nun müsse genau hingeschaut werden, wie viele Infektionen aus den Schulen herausgetragen würden.
Länder sträuben sich gegen eine Verschärfung der Regeln für den Schulbetrieb
Bund und Länder hatten ihre Entscheidung über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie am Montag auf kommende Woche verschoben. Streit gab es vor allem um Verschärfungen der Regeln für den Schulbetrieb. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Abend nach einer mehrstündigen Videokonferenz, die Länder hätten sich mehrheitlich gegen zusätzliche Rechtsänderungen zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen. Am 25. November soll es weitere Beratungen geben (News4teachers berichtet ausführlich über die Ergebnisse des Bund-Länder-Gipfels). News4teachers / mit Material der dpa

