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Umstrittenes Arbeitszeitkonto: BLLV unterstützt Klage gegen Mehrarbeit für Grundschullehrer

MÜNCHEN. Kurz vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie hatte ein Maßnahmenpaket gegen Lehrermangel für reichlich Unmut unter bayerischen Lehrkräften gesorgt: Viele Grundschullehrer müssen mehr arbeiten. Dagegen zieht nun eine Rektorin vor Gericht – mit einem großen Verband im Rücken.

Das sogenannte “Piazolo-Paket”, benannt nach dem bayerischen Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler), kommt vor Gericht. Foto: Shutterstock

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof muss sich mit den neuen Pflicht-Arbeitzeitkonten für Grundschullehrkräfte befassen: Unterstützt vom Lehrerverband BLLV hat eine Betroffene Klage gegen die angeordnete Mehrarbeit eingereicht. Der Freistaat nutze die dadurch an den Grundschulen entstehenden Kapazitäten, um Personalengpässe an den Mittel- und Förderschulen zu stopfen, argumentierte der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) am Dienstag in München. «Das ist unseres Erachtens rechtlich nicht zulässig. Dem Dienstherren ist es verboten, personalpolitische Ziele mit unlauteren Mitteln zu verfolgen», sagte der Anwalt der Klägerin, Michael Bihler.

Hintergrund ist ein Maßnahmenpaket, das Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) vor einem Jahr angekündigt hatte. Zu diesem gehört, dass die meisten Grundschullehrer in Vollzeit fünf Jahre lang eine Stunde mehr pro Woche arbeiten müssen. Diese Stunden sollen in Form eines Arbeitszeitkontos später zurückgegeben werden. Der Beginn ist nach Alterskohorten gestaffelt, für die Ältesten ging es mit dem Start des Schuljahres im September los.

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BLLV: Es gibt keinen vorübergehenden Lehrermangel – sondern einen dauerhaften

Der BLLV geht davon aus, belegen zu können, dass es an den Grundschulen überhaupt keinen vorübergehenden Lehrermangel gibt – was Voraussetzung für die Einführung eines Arbeitszeitkontos wäre. Im Gegenteil: Der Bedarf würde vom Kultusministerium bewusst zu hoch angesetzt, um so viele neue Grundschullehrkräfte auszubilden. Der Überhang wiederum ermögliche es, Grundschullehrkräfte an die weit weniger beliebten Mittel- und Förderschulen abordnen zu können, wo tatsächlich ein dauerhafter Personalmangel bestehe.

Die klagende Lehrerin – Rektorin zweier Grundschulen in Donaustauf und Altenthann im Oberpfälzer Landkreis Regensburg – will deshalb nun mithilfe eines am Dienstag eingereichten Normenkontrollantrags vom Verwaltungsgerichtshof prüfen lassen, ob der behauptete Personalmangel an den Grundschulen tatsächlich besteht oder ob er vom Kultusministerium nur vorgeschoben wurde, um auf diesem Umweg Personal für die Mittel- und Förderschulen zu gewinnen.

Die klagende Rektorin will “ein sichtbares Zeichen setzen, dass wir das nicht mitmachen“

„Es kann nicht sein, dass wir Grundschullehrer, die wir jetzt schon an der Belastungsgrenze arbeiten, noch mehr arbeiten sollen. Und dann müssen wir auch noch damit rechnen, fachfremd in Mittelschulen einzuspringen und dort die seit langem bekannten Personalengpässe zu stopfen“, sagt die Pädagogin. Dass die 55-Jährige nun ein Gerichtsverfahren gegen das Arbeitszeitkonto einreicht, „ist einerseits eine persönlich motivierte Entscheidung, andererseits möchte ich damit auch ein sichtbares Zeichen setzen, dass wir das nicht mitmachen.“ Der BLLV, der rund 64 000 Pädagogen vertritt, unterstützt die Klage.

„Es kann nicht sein, die gravierenden Personalprobleme an Mittel- und Förderschulen auf dem Rücken der Grundschullehrkräfte lösen zu wollen“, kritisiert BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann. Das verpflichtende Arbeitszeitkonto für Grundschullehrerinnen und -lehrer schaffe einen Überhang an Lehrkräften an Grundschulen, um sie dann als Manövriermasse an Mittel- und Förderschulen zu verschieben. “Hinzu kommt, dass es diejenigen trifft, die ohnehin die höchste Unterrichtsverpflichtung und damit die größte Arbeitsbelastung haben“, so Fleischmann. Der Verband protestiert seit einem Jahr gegen diese „falsche Maßnahme an der falschen Stelle“. Da sich seither nichts getan hat, unterstützt er nun die Klage gegen den Freistaat. News4teachers / mit Material der dpa

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