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Kritik wächst: Lehrer müssen vermeintliche Selbsttests für Schüler anrichten

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DÜSSELDORF. Die Kritik am Selbsttest-Verfahren an Schulen in Nordrhein-Westfalen reißt nicht ab. Die Landeselternkonferenz berichtete am Dienstag, es gebe «enormen Widerstand» gegen die Tests. Und zwar mit Blick auf ihre Handhabung, Datenschutz und Angst vor Bloßstellung, sollte ein Kind vor anderen Mitschülern ein positives Ergebnis erhalten. Dass die nach den Osterferien ausgelieferten Test-Kits – im Gegensatz zu denen, die vor den Ferien die Schulen erreichten – nicht von Schülern allein gehandhabt werden können, sorgt für zusätzlichen Unmut.

Lehrer sind wütend, weil sie mit der Organisation der Schülertests alleingelassen werden. Foto: Shutterstock

Die GEW zählt den Packungsinhalt der an die Schulen gelieferten Test-Packungen auf: „Es handelt sich um 1 Arbeitsstation, 1 Kurzanleitung, 1 Beipackzettel, 20 Testkassetten, 2 Flaschen mit Pufferlösung, 20 sterile Abstrichtupfer und 20 Teströhrchen und Kappen.“ Warum ist das relevant? „Das schließt de facto aus, dass den Schüler*innen einzelne Tests ausgehändigt werden, um zuhause zu testen“, erklärt die Gewerkschaft. Nicht nur, dass damit die Entscheidung de Schulministeriums, die Tests in den Schulen ausführen zu lassen, irreversibel ist. Die Kritik von Lehrern und Eltern führt also ins Leere.

«Das ist nicht zumutbar, dass Eltern dann zweimal die Woche mit ihren behinderten Kindern in die öffentlichen Testzentren gehen sollen»

Es führt auch zu handfesten Problemen in der Praxis. So werde die vom Schulministerium zugesagte Ausnahme, dass sich Schüler mit besonderem Förderbedarf daheim unter Aufsicht ihrer Eltern testen dürften, von einigen Förderschulen nicht akzeptiert. «Das ist nicht zumutbar, dass Eltern dann zweimal die Woche mit ihren behinderten Kindern in die öffentlichen Testzentren gehen sollen», kritisierte die Vorsitzende der Landeselternkonferenz Anke Staar.

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Der Unterricht in NRW findet seit Montag als Homeschooling statt. Nur Abschlussklassen dürfen in die Schulen kommen und Kindern bis zur sechsten Klasse steht eine Notbetreuung offen. Im Präsenzbetrieb müssen alle Schüler zweimal wöchentlich einen Corona-Selbsttest machen. Laut SPD-Fraktionsvize Jochen Ott sind sie aber «höchst unpraktikabel», weil Lehrkräfte vor Ort für jeden einzelnen Test Hand anlegen und umfüllen müssten.

Aus dem NRW-Innenministerium, das die Tests bestellt, hieß es: Man habe 18,6 Millionen Tests bis Ende April für die Schulen bestellt. «Über die Art und Handhabung der Schnelltests hat die Landesregierung frühzeitig und transparent bereits in Schulmails Anfang des Monats informiert.» Die Testflüssigkeit sei immer für jeweils zehn Einzeltests vorgesehen – und das müsse vor der Anwendung vor Ort aufgeteilt werden. Übrig gebliebene Kontrollflüssigkeit werde auch nicht verschwendet, sondern könne für Tests anderer Lern- und Betreuungsgruppen verwendet werden.

«Es stellt sich die Frage, wer auf welche Art und Weise die Lösung an die Schülerinnen und Schüler ausgibt»

Das bedeutet allerdings: Die Tests sind – im Gegensatz zu den vor den Osterferien ausgelieferten Selbsttests – eben nicht mehr autark und ausschließlich durch die Schülerinnen und Schüler durchzuführen. Darüber regt sich nach Informationen von News4teachers zusätzlicher Unmut in den Kollegien.

«Es stellt sich die Frage, wer auf welche Art und Weise die Lösung an die Schülerinnen und Schüler ausgibt“, so schreibt eine Lehrkraft an News4teachers. „Die für die Organisation der Testungen an meiner Schule verantwortliche Kollegin teilte mir mit, dass am Ende wohl die bei der Testung eingesetzten Lehrkräfte die Flüssigkeit tropfenweise ausgeben müssten. Die Beschreibung und Anleitung der Tests zeigt m. E. deutlich, dass dieses Tests auch gar nicht schwerpunktmäßig für individuelle Selbsttests vorgesehen sind, sondern vielmehr auf eine Anwendung im medizinischen Bereich ausgelegt sind. Ich finde diese Erwartungshaltung an die Lehrerschaft empörend.“

Die GEW begrüßt die Testpflicht für Schüler grundsätzlch – lehnt aber das Testen in der Schule durch Lehrkräfte ab. “Wir schlagen vor, dass die Tests im Regelfall zuhause unter Aufsicht und mit Hilfe der Eltern vorgenommen werden”, hatte GEW-Landesvorsitzende Maike Finnern nach der Ankündigung durch das Schulministerium erklärt. “So vermeiden wir, dass sich infizierte Schüler*innen auf den Weg zur Schule machen, verbessern den Infektionsschutz und steigern die Akzeptanz.” Für Schülerinnen und Schüler, die ohne Tests in die Schulen kämen, müssten die Tests vor dem Betreten der Unterrichtsräume durchgeführt werden können – am besten mit mobilen Teams, die über entsprechende Expertise verfügen. News4teachers / mit Material der dpa

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