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Luftfilter-Skandal geht weiter: Länder lassen Bundesmittel für Kitas und Schulen liegen

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BERLIN. Der Skandal um verpasste Gelegenheiten, Schulen und Kitas in Deutschland mit mobilen Luftreinigern zum Schutz vor Coronaviren auszustatten, geht in eine neue Runde: Der Bund hat zwar – mit einjähriger Verspätung – ein Förderprogramm für die Geräte aufgelegt. Trotzdem haben die Bundesländer bislang noch kein Geld daraus abgerufen. Die Folge: In den meisten Kitas und Schulen wird der Präsenzbetrieb im Herbst und im Winter wie schon im vergangenen Jahr mit Dauerlüften bei weit offenen Fenstern laufen müssen.

Das Coronavirus kann sich über Aerosole in einem ganzen Raum verteilen – dagegen helfen mobile Luftfilter. Foto: Shutterstock

»Mittel wurden bislang nicht abgerufen«, so heißt es aktuell in einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag, über die die »Neue Osnabrücker Zeitung« berichtet. Gemeint ist das Förderprogramm in Höhe von 200 Millionen Euro, aus dem Geld für die Anschaffung von mobilen Luftfiltern für Klassenräume und Kita-Gruppenräume besorgt werden kann – allerdings übernimmt der Bund nur maximal 50 Prozent der Kosten.

»Die Verzögerung zeigt, dass die Politik der Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie anscheinend nicht wirklich interessiert«

Die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion und Sprecherin für Gesundheitspolitik, Maria Klein-Schmeink, kritisiert das »erneute Versäumnis«: »Die Schule hat schon längst wieder begonnen«, kritisiert sie dem Bericht zufolge. «Die Bundesregierung hat es auch im zweiten Jahr der Corona-Pandemie nicht zustande bekommen, die Schulen während der Sommerferien zu sichern.» Die Verzögerung zeige, dass die Politik der Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie »anscheinend nicht wirklich interessiert«. Das Programm für mobile Luftfilter sei viel zu spät gekommen.

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Das Bundeswirtschaftsministerium, federführend bei dem Ausstattungsprogramm, war bereits im Sommer vergangenen Jahres darüber informiert worden, dass mobile Luftfilter in Kitas und Schulen bei der Eindämmung der Pandemie helfen können. Prof. Christian Kähler, Leiter des Instituts für Strömungsmechanik und Aerodynamik an der Universität der Bundeswehr München, hat in großen Studien gezeigt, wie wichtig die Geräte zum Schutz der Schüler und Lehrkräfte sind – wurde mit seinen Ergebnissen aber ignoriert.

„Es gab vor mehr als einem Jahr eine Expertenrunde im Bundeswirtschaftsministerium, zu der ich eingeladen worden war. Damals hatte ich meine Untersuchungen noch nicht veröffentlicht – habe aber erklärt, dass ich zu sehr ermutigenden Ergebnissen gekommen bin. Sofort kam allerdings die Reaktion vom Robert-Koch-Institut und vom Umweltbundesamt: Wir werden diese Geräte nicht empfehlen“, so berichtet Kähler im Interview mit News4t4eachers. Er spricht von einer „extrem ablehnenden Haltung“, die er zu spüren bekommen habe.

Die setzte sich bis weit ins Jahr 2021 fort: zunächst vom Umweltbundesamt, das monatelang die Geräte schlechtredete (mittlerweile aber umgeschwenkt ist), jetzt von Kommunen, die sich unwillig zeigen, in die Technik zu investieren, obwohl weniger als 50 Euro pro Schüler und Jahr dafür aufzubringen wären, wie Wissenschaftler der Goethe Universität Frankfurt / Main ermittelt haben.

Das Bundeskabinett beschloss dann endlich Mitte Juli, die Länder bei der Beschaffung der Geräte zu unterstützen. In der Ministeriumsantwort auf die Grünen-Anfrage heißt es laut »Neue Osnabrücker Zeitung«, das Ziel der Förderung sei, »dem Infektionsrisiko in Innenräumen im Herbst und Winter entgegenzuwirken und die Kinderbetreuung sowie den Präsenzunterricht an den Schulen aufrechtzuerhalten«. Das dürfte kaum mehr gelingen.

Ein einziges Bundesland in Deutschland wird bis Oktober zumindest die Schulen mit mobilen Luftfiltern vollversorgt haben

Zwar haben mittlerweile einige Bundesländer angekündigt, Programme (gespeist zum Teil aus den Bundesmitteln) aufzulegen. Der Erfolg ist aber überschaubar. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte im Juni noch versprochen, alle Klassenräume und Kita-Gruppenräume im Freistaat mit mobilen Luftfiltern ausstatten zu wollen uletzt musste – nun musste er einräumen, dass von den zur Verfügung gestellten Mitteln an den Schulen bisher nur 18 Prozent, an den Kitas sogar nur 1,6 Prozent abgerufen wurden.


In den meisten anderen Bundesländern sieht die Lage sogar noch schlechter aus. Ein einziges wird bis Oktober zumindest die Schulen vollversorgt haben: Hamburg hat unlängst gemeldet, die ersten von insgesamt 21.000 Geräten seien eingetroffen. News4teachers / mit Material der dpa

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