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Eltern kritisieren: “Das Maskenthema spaltet unsere Gesellschaft – und es sorgt auch an den Schulen für Spaltung”

DÜSSELDORF. Maske adé auf den Sitzplätzen im Klassenraum – die Lockerung der Corona-Auflagen in den Schulen des bevölkerungsreichsten Bundeslands seit heute dürfte manche Schüler erfreuen. Aber es gibt in Nordrhein-Westfalen auch massive Kritik und Sorgen, dass die Inzidenzen insbesondere unter Kindern noch weiter steigen. Die SPD hat eine Sondersitzung des Landtags beantragt.

Die Maskenpflicht im Unterricht fällt in immer mehr Bundesländern, obwohl die Inzidenzen gerade unter Kindern und Jugendlichen steigen. Foto: Shutterstock

Mit gemischten Gefühlen hat an vielen Schulen in Nordrhein-Westfalen am Dienstag der Unterricht ohne Mund-Nasen-Schutz begonnen. Nach mehr als einem Jahr Maskenpflicht ist diese auf den Sitzplätzen im Klassenraum zum 2. November in NRW nun abgeschafft. «Wir sind etwas zwiegespalten», sagte die Leiterin einer Gesamtschule in Münster. Die Landeselternkonferenz NRW sprach von Risiken und einer Spaltung an den Schulen.

Der Philologen-Verband NRW kritisierte ein «unkalkulierbares Risiko für Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler».

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Für die Schülerschaft bedeute die Lockerung eine große Erleichterung, erläuterte die Leiterin der Gesamtschule Münster Mitte, Kathrin Kösters. «Aber weil die Infektionszahlen so hochschnellen, habe ich insgesamt schon ein komisches Bauchgefühl.» Bisher habe es aber an ihrer Schule keine belastenden Corona-Fälle gegeben. Man werde auch weiterhin dreimal wöchentlich testen und sich strikt an alle Vorsichtsmaßnahmen halten.

Drei von vier News4teachers-Lesern hatten sich in einer Blitz-Umfrage für die Maskenpflicht im Unterricht ausgesprochen

Schüler müssen den Mund-Nasen-Schutz allerdings nach wie vor im übrigen Gebäude tragen oder auch anlegen, wenn sie ihren festen Sitzplatz verlassen. Für den Außenbereich war die Maskenpflicht schon vor einiger Zeit abgeschafft worden. Für Lehrkräfte entfällt die Pflicht, so lange ein Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden kann.

Sie gehe davon aus, dass viele Schulen die Lockerung im Klassenraum auch nutzen werden, sagte die Vorsitzende der Landeselternkonferenz (LEK), Anke Staar. Aber voraussichtlich nicht alle Schulen würden diesen Schritt mitgehen. Es sei denkbar, dass manche auf Freiwilligkeit setzten oder wieder andere Schulen einen Mund-Nasen-Schutz am Sitzplatz ganz untersagen. «Das Maskenthema spaltet unsere Gesellschaft und es ist auch an den Schulen in der Spaltung.»

In einer Blitz-Umfrage von News4teachers unter mehr als 8.000 Lesern, die meisten davon Lehrkräfte oder Eltern, hatten sich am Wochenende drei von vier Teilnehmer für die Beibehaltung der Maskenpflicht im Unterricht ausgesprochen, wie News4teachers berichtete. 

Der Mund-Nasen-Schutz sei unangenehm, schwierig vor allem für jüngere Schüler. Staar kritisierte aber: Nachdem die Maske über viele Monate von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) als wichtiges Mittel zum Schutz von Schülern und Lehrern angepriesen worden sei, heiße es plötzlich, die Schulen seien auch ohne Mund-Nasen-Schutz sicher. Und das trotz steigender Infektionswerte.

Die LEK-Landesvorsitzende verwies darauf, dass es für Kinder unter zwölf Jahren noch keine Impfmöglichkeit gebe. Vor allem für eine vulnerable Gruppe von vorerkrankten Schülern, die sich aus medizinischen Gründen auch künftig nicht impfen lassen könne, sei das Fallen der Masken im Klassenraum gefährlich, meinte Staar. «Diese Minderheit scheint der Politik egal zu sein.» Schulen seien trotz aller Beteuerungen in der Pandemie noch nicht ausreichend sicher. Auf anhaltendes Dauerlüften auch in den kommenden kalten Monaten zu verweisen, sei unverantwortlich.

«Aufhebung der Maskenpflicht bei steigender Inzidenz – verfrüht, riskant und gefährlich!»

Seit Dienstag gelten auch erweiterte Quarantäne-Regeln. Tritt in einer Klasse ein Corona-Fall auf, wird die Quarantäne auf die nachweislich infizierte Person und jetzt auch auf den unmittelbaren Sitznachbarn ausgedehnt. Geimpfte oder genesene Schüler ohne Symptome sind von der Isolation weiterhin ausgenommen. Das Schulministerium hatte das Auslaufen der Maskenpflicht am Sitzplatz damit begründet, dass es an den Schulen keinen übermäßigen Anstieg bei den Corona-Infektionen gebe. Die Impfquote steige zudem und liege bei Lehrkräften schon über 90 Prozent. Der neue NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte als «Philosophie» betont: «So viel Schutz wie nötig und so viel Freiheit wie möglich.» Zahlreiche Verbände hatten die Lockerung als zu riskant und vorschnell kritisiert.

Die SPD-Fraktion beantragte eine Aktuelle Stunde im Landtag. «Aufhebung der Maskenpflicht bei steigender Inzidenz – verfrüht, riskant und gefährlich!», hieß es in dem Antrag. Masken blieben ein zentrales Mittel zum Schutz der ohnehin besonders stark von Corona gefährdeten Kinder und Jugendlichen, zumal regelmäßiges Durchlüften der Klassenräume in der kalten Jahreszeit immer schwerer werde, hieß es in dem Antrag.

Der wäre allerdings glaubwürdiger, wenn er auch die eigene Partei in die Pflicht nähme: Im benachbarten, von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) regierten Rheinland-Pfalz hat vergangene Woche der Unterricht nach den Herbstferien wieder begonnen – ohne Maskenpflicht im Unterricht. News4teachers / mit Material der dpa

Erste Amtshandlung von Wüst: Warnungen von Ärzten und Wissenschaftlern ignorieren – Maskenpflicht im Unterricht abschaffen!

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