Wo sich auch Lehrer als Lernende verstehen: Deutschlands spannendster Schulversuch

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DRESDEN. Deutschlands spannendste Modellschule – die Dresdener Universitätsschule – existiert seit nunmehr zweieinhalb Jahren. Die TU und die Stadt Dresden testen ein einzigartiges Konzept, mit mehr Freiheit und Flexibilität. Und mit Datengewinnung, um den Erfolg der pädagogischen Arbeit messen zu können.

Entdeckendes Lernen steht im Mittelpunkt des pädagogischen Konzepts der Universitätsschule (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

«Hier sieht man gar nichts», ruft Lotta. Matthias Böttinger läuft um die zu Inseln zusammengestellten Tische im Themenraum der Universitätsschule Dresden und hilft. «Stimmt, weil das Licht aus ist», sagt der Pädagoge, den die Kinder mit Vornamen rufen. Manche der Sechs- bis Neunjährigen sind alte Hasen und helfen den Jüngeren der Neptun-Gruppe beim ersten Mikroskopieren.

Das bundesweit einzigartige Bildungsprojekt in einem alten Plattenbau aus DDR-Zeiten in Sachsens Landeshauptstadt funktioniert gut, sagt Projektleiterin Anke Langner. Sie ist Professorin für Erziehungswissenschaften mit Schwerpunkt Inklusive Bildung an der TU Dresden. Projekte und Workshops statt Frontalunterricht, jahrgangs- und fachübergreifend, zugunsten von Freiheit und Flexibilität für Schüler, Lehrer und Eltern. Hier sind Stühle und Tische mobil, nach Bedarf kombinierbar statt streng in Reih‘ und Glied auf die Tafel ausgerichtet – und es steht kein Lehrer vorn und sagt, was auswendig gelernt werden muss.

«Das Besondere ist, dass wir hier mit den Kindern gemeinsam arbeiten, auf einer Ebene, aber auf individuellem Niveau», sagt Böttinger. «Sie sind neugieriger, selbstbewusster und mutiger, manchmal auch überfordert, das fangen wir dann auf», sagt der 37-Jährige. Und die Kinder überraschten mit Vorwissen, «aber auch Fragen, auf die wir Erwachsene nicht mehr kommen». Es gebe viele, die er nicht beantworten könne. «Das machen wir dann gemeinsam.»

Gelernt wird in Teams statt Klassen, Arbeitsräumen statt Klassenzimmern, es gibt Verabredungen statt Stundenpläne, weder Hausaufgaben noch Pausenklingel in der bundesweit einzigartigen Versuchsschule. «Wir lernen alle gemeinsam, sowohl Lehrende als auch Lernende», erzählt die Leiterin der 2019 gegründeten Schule, Maxi Heß. «Da gibt es viele Krisen und tolle Konfetti-Momente.»

«Wir denken Bildung und Lernen von den Schülern aus.» Und: «Wir sind Begleiter statt Wissensvermittler»

Nach den beiden ersten Jahren und Corona als zusätzlicher Herausforderung zieht Langner eine positive Bilanz, auch wenn das im Gegensatz zu anderen Schulversuchen wissenschaftlich begleitete Projekt auf 15 Jahre angelegt ist. Eine speziell entwickelte Lern- und Schulmanagementsoftware begleitet das digital basierte Lernen, die Schüler managen sich selbst. Und die Wissenschaftler bekommen Daten, mit denen sie die invididuelle Lernentwicklung wie auch die Wirksamkeit des pädagogischen Ansatzes überprüfen können.

Ihr Konzept vereint die klassischen Reformansätze aus der Montessori- und Freinet-Pädagogik und Jenaplan. Es setzt auf Beziehung statt Erziehung, individuelle Lernwege, Entfaltung von Talent, Eigenverantwortlichkeit und Selbstverwirklichung. Mit der Einstufung als Gemeinschaftsschule hat das Team gerade einen weiteren Meilenstein geschafft.

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«Wir denken Bildung und Lernen von den Schülern aus», sagt Langner. «Wir sind Begleiter statt Wissensvermittler», sagt Schulleiterin Heß. Aktuell gibt es 500 Unischüler bis Klasse 7, jedes Jahr kommen 100 dazu. Die Leistung wird nicht in Noten gemessen, sondern es wird eingeschätzt, was man schon kann und wo noch Hilfe sinnvoll ist. An der Unischule bleibt niemand sitzen und es gibt keine klassischen Ferien – die Eltern müssen Urlaub beantragen.

In Zukunft sollen Kinder und Jugendliche dort gemeinsam vom ABC und Einmaleins bis zum Abitur lernen, unter einem Dach auf verschiedenen Anforderungsniveaus. «Es ist die logische Konsequenz, denn wir sind pädagogisch eine Einheit, arbeiten jahrgangs- und fächerübergreifend», sagt Leiterin Heß. Auch Studenten sind eingebunden, sie entwickeln die Lernmaterialien für die Unischule mit.

Erziehungswissenschaftler Martin Heinrich von der Universität Bielefeld hält das Dresdner Modell für vielversprechend. Der Professor leitet die Evaluierungskommission, aus deren Sicht die Unischule mehr Förderung in den Bereichen IT, Forschung und Schulbau verdient. 2,5 Millionen Euro eingeworbene Spenden für einen Campus seien sehr beeindruckend, sagt er. «Aber hier müssen Kommune, Land und die TU produktivere Lösungen finden.»

Lotta, Anton, Helena und den anderen in der Neptun-Gruppe ist das egal. Sie sind fasziniert von dem, was sie sehen. «Das ist wieder menschliches Blut», rufen sie aufgeregt. «Das Grüne sind Algen.» Auch Zwiebelzellen oder Darmzotten haben sie mit Stiften in ihre Kladden abgemalt. Niemanden stört es, wenn sie zwischendrin herumlaufen und bei den anderen ins Mikroskop schauen.

„Der Tagesablauf ist sehr stark ritualisiert und damit übertragbar für zu Hause“

Die Art des mehr selbstgesteuerten Lernens, das systematisch aufgebaut wird, hilft auch in der Pandemie. «Der Tagesablauf ist sehr stark ritualisiert und damit übertragbar für zu Hause: Sie wissen, sie müssen sich erstmal einen Plan für den Tag machen, dann gibt es ein Morgenkreis-Zoommeeting, danach beginnt die Arbeitsphase.» Je kleiner die Schüler sind, umso schwieriger sei diese Eigenständigkeit, und in der Absonderung zu Hause fehle den Jüngsten, die stärker über Ältere lernten, die Bezugsperson. «Also der Große weiß schon, was Buchstabe M bedeutet.»

Bei Eltern steht die Unischule hoch im Kurs, die Nachfrage übersteigt das Angebot. Die Auswahl trifft die Wissenschaft, wobei der soziale Mix eine Rolle spielt: über 20 Prozent Mehrsprachigkeit und gleich verteilte Geschlechter sind Ziel. Mit dem neuen Schuljahr bekommt die Unischule mehr Platz durch mobile Raumeinheiten. Und ein zweiter Standort sei jetzt endlich in Planung. Von News4teachers / mit Material der dpa

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Georg
2 Jahre zuvor

Gibt es eigentlich schon Vergleichswerte zu herkömmlichen Schulen mit vergleichbarer Schülerklientel? Nur wenn die signifikant besser sind als die der herkömmlichen Schulen lohnt sich der Aufwand.

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

Mir würden Daten von dieser einen Schule erst einmal schon reichen.

Tina
2 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

Selbst, wenn die Vergleichswerte ähnlich sind und dafür die Kinder mutiger, Selbstbewußter und gestärkter ins Leben gehen, dadurch die Schul – und Studienabrecherzahl, sowie die Anzahl an psychischen Problemen dieser Kinder reduziert, ist es ein Erfolgsprojekt. Das ist nämlich Grundlage für Leistung. Schön das Kinder mal wieder als Kind gesehen werden!

Alla
2 Jahre zuvor

Ich finde solche Kooperationen toll!
Schade, dass es das für GS noch nicht gibt!
Für jede (private) Kooperation müssen wir tausende von Euro an Spenden zusammenbringen. Und manchmal bringen die in der Praxis nicht im Ansatz das, was sie versprechen!

Aber die Unischule klingt gut. Alleine so viele Mikroskope zur Verfügung zu haben, wäre ein Traum.

Palim
2 Jahre zuvor

– Stühle und Tische sind mobil und bei Bedarf kombinierbar
– die Lehrkraft sagt nicht vor, was auswendig gelernt werden muss
– man arbeitet mit Kindern gemeinsam und auf individuellem Niveau
– es gibt Fragen, die nicht beantwortet werden können, bei denen man gemeinsam nach Antworten sucht
– der Tagesablauf ist ritualisiert
– je kleiner die Schüler:innen sind, desto mehr müssen sie die Eigenständigkeit zunächst erlernen
– die Schule benötigt mehr Förderung in den Bereichen IT und Schulbau, Kommune und Land müssen bessere Lösungen finden

Ich verstehe nicht, was an dieser Schule besonders ist.

Ach doch:
„2,5 Millionen Euro eingeworbene Spenden für einen Campus seien sehr beeindruckend, “
Ja, finde ich auch.
Da sind Schulfördervereine an anderen Schulen um jeden Euro glücklich, Schulen im sozialen Brennpunkt um so mehr, da die zahlungskräftigen Mitglieder in der Schulgemeinschaft fehlen und das Klinkenputzen den ohnehin mehrfach belasteten Kollegien überlassen bleibt.

Wobei hilft ein Schulversuch, wenn die Bedingungen niemals an allen Schulen umgesetzt werden?
Warum werden staatliche Schulen nicht besser ausgestattet?
Wie viel Geld ist das Land bereit, in Schulversuche zu stecken, während staatliche Schulen um jedes Blatt Papier bettlen und um jede besetzte Lehrkräftestelle bangen müssen?

Realist
2 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Staatliche Schulen in der Breite werden NIEMALS diese Förderung erhalten. Und ist doch auch klar, warum:
Jede Schule mit Fördergeldern in Millionenhöhe (ob privat oder staatlich) zu überschütten, wird niemand bezahlen. Der Staat schon gar nicht (Stichworte: Schuldenbremse, außerdem sind Schüler immer noch keine Wähler, da gibt es andere Interessengruppen, die eher mit staatlichen Geldern bedacht werden), und die Wirtschaft fördert gerne mal „Leuchtturmprojekte“ (macht sich gut für die Öffentlichkeitsarbeit), aber natürlich nicht in der Breite: Wenn man jeden fördern würde, kann man es auch gleich sein lassen. Was wäre dann das Besondere, mit dem man werben könnte?
Also warum das Ganze? Man überschüttet eine ausgewählte Schule mit Geldern, Personal, Ausstattung, großzügiger baulicher Ausstattung? Damit man sich hinstellen kann und sagen kann: Seht her, so könnte es überall sein! Dann wächst der Druck auf die „normalen“ Schulen es auch so zu machen, aber OHNE zusätzliche Gelder, OHNE zusätzliches Personal, OHNE zusätzliche Ausstattung, OHNE zusätzliche Räume. Und man kann wieder schön mit dem Finger auf die f… Säcke zeigen: Zu f… und zu bl… es so zu machen, wie es gehen würde. Nicht bereit, ihre Freizeit für das „große Ganze“ zu opfern, nicht bereit, auf ihrer „Überbezahlung“ zu verzichten, um eine Verbesserung der Lernbedingungen für alle zu ermöglichen!

Lakon
2 Jahre zuvor

Es klingt eigentlich genauso wie bei den anderen Schulvisionen auch: Jena-Plan, Gemeinschaftsschule Wutöschingen, David-Precht-Schule (gibt es die eigentlich schon?).

Emara
2 Jahre zuvor

Und wieder mal ist man blind im eigenen System und bezeichnet sich als einzige Schule dieser Art bundesweit.
Demokratische Schulen in ganz Deutschland machen bereits seit Jahrzehnten vor, dass Bildung auch anders geht. Aber klar: links und rechts und rundum vom Tellerrand guckt man nicht, man hat da schließlich grad ganz alleine was Tolles erfunden….

Gitta Meichsner
2 Jahre zuvor

@Palim, wollen wir keine besseren Schulen? Warum wird, in dem Fall durch Sie, sofort negativ diskutiert und aufgerechnet, was andere nicht haben, statt sich zu freuen, dass ein Anfang in die richtige Richtung gemacht wird? Mich freut diese Nachricht, so würde ich auch gern arbeiten und lernen, wäre ich ein Kind!
Ja, das kostet viel Geld und Mut zum Risiko und wissenschaftliche Begleitung, wenn man ganz neu heran geht. Aber nur so kann man doch auch nachweisen, ob es funktioniert und was letztlich dabei heraus kommt. Nur so ist man dann doch bereit, es für alle umzusetzen und wirklich zu investieren! Wir brauchen doch immer erst den Beweis, dass etwas geht, ehe wir bereit sind, selbst aktiv zu werden! Sollten wir da nicht wenigstens aushalten können, wenn eine kleine Gruppe den Versuch macht, uns genau diesen Beweis zu geben?
Ich würde gerne wissen, wie das Experiment ausgeht und würde mich riesig freuen, wenn erste gute Erfahrungen schon vor dem Ende der 15 Jahre auf die Schule im Rest des Landes „abfärben“ würden. Gerade im Bereich wirklich neuer Lernmethoden (entdeckendes Lernen mit Begleitung, ohne Druck, ohne 45min – Takt… ) und Aufbereitung in digitalen Formen, die ein Kind dann befähigen, auch selbständig, selbstdiszipliniert zu arbeiten, sind doch etwas, was man allen Kindern gönnen sollte. Aber das funktioniert eben nicht per Gesetz/ Erlaß, dafür braucht es eben neue Herangehensweisen, die auch eine gute Fehlerkultur einschließen. Nötig sind nicht nur kosmetische Veränderungen oder materielle Verbesserungen, wenn wir in Zukunft eine Schule haben wollen, in der Kinder gern lernen, in ihrem Tempo wachsen dürfen und ohne Druck ihre Begabungen ausschöpfen lernen, egal aus welchem Umfeld sie kommen. Warum wird schon wieder zerredet, was gerade als hoffnungsvolle Version einer neuen Art des Lernens an den Start geht? Sollten wir nicht offen und neugierig darauf sein, wie all die jetzigen Probleme des Schulalltages ggf. lösbar wären? Vielleicht sind einige dieser Kinder, die als erste Schule ganz anders erleben, die Lehrer von morgen, die eben aus eigenem Erleben und nicht nur theoretisch den Umbau des Bildungssystems hinbekommen? Wäre das nicht toll?

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Gitta Meichsner

Um zu testen, ob so etwas funktioniert, sollte man aber als Standort nicht erlesene Kinder aus Dresden, sondern eine echt üble Brennpunktschule in Berlin Kreuzberg/Neukölln oder Duisburg Marxloh oder so nehmen. Alles, was dort funktioniert, funktioniert überall. Mit erlesenen Kindern funktioniert ohnehin alles.

Lera
2 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

… und mit den anderen entsprechend wenig bis nichts.

Aber bis diese Wahrheit offen ausgesprochen wird, müssen noch viele Lehrer in die Depression getrieben werden.

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Lera

Eben drum. Daher muss man ergebnisoffen alles versuchen, die Kinder vom anderen Ende der Möglichkeiten, zu erreichen. Allerdings müsste man dazu auch die Eltern schonungslos zur Verantwortung ziehen, wenn die ihrem Auftrag nicht so nachkommen, wie das im Land Deutschland erwartet wird.

Anonymous
2 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

Das sind keine erlesenen Kinder. Bei der Universitätsschule gehört es zum Schulkonzept, dass die Schülerschaft die Demographie der gesamten Schulbevölkerung in Dresden (oder war es ganz Sachsen?) wiederspiegeln soll. D. h. es wird darauf geachtet, dass die Schule den gleichen Anteil an Jungen, Mädchen, leistungsstarken Schülern, leistungsschwachen SChülern, Schülern aus reichen und armen Familien et cetera hat wie eine durchschnittliche Schule. Die Wahrung dieses demographischen Proporz ist an der Universitätsschule Aufnahmevorraussetzung.

Palim
2 Jahre zuvor
Antwortet  Gitta Meichsner

Sofern niemand bereit ist, die Investitionen flächendeckend zu gewähren, passiert genau das, was @Realist oben auf meinen Post geantwortet hat: Die Erwartungen werden an andere Schulen herangetragen, denen die Mittel verwehrt bleiben.
Das geschieht bei solchen großen Projekten ebenso wie in der Nachbarschaft zu privaten Schulen und schürt das Ungleichgewicht zwischen guter Finanzierung und Sparkonzept und damit auch die Segregation.

Dazu verwundert mich die Einschätzung, dass Veränderungen durch solche großartig finanzierten und begleiteten Projekte kämen.
Zum einen kann es ja nicht geschehen, wenn das, was dort mit vielen Personen möglich wird, an anderen Orten allein mangels Personal und Ausstattung nie für andere Kinder möglich wird und sich deshalb in der Breite nicht durchsetzen kann. Da ist das „Ja, aber“ schon vorab gegeben, das man dann als Jammerei abtun kann, für die Schelte, die @Realist beschreibt, oder als Forderung, dass Schulen das umsetzen, WENN sie zuvor entsprechend ausgestattet werden – aber wir alle wissen, dass es Luftschlösser sind.

Zum anderen gibt es unzählige KollegInnen, die trotz Einsparungen und Mangelverwaltung tagtäglich Schule verändern, Neues mit Blick auf die Kinder erproben, sehr genau evaluieren und Schlüsse ziehen,
das geht als Schulteam, wenn der 45 min Takt aufgelöst und durch eine andere Ritualisierung ersetzt wird oder wenn Projekte oder Vorgehensweisen nach und nach etablierter werden ( das was oben beschrieben ist und was ich im ersten Post erwähnt habe, ist alltäglich in unzähligen Schulen, ich kann das Besondere wirklich nicht erkennen).
Es geht auch im Kleinen der Einzelklasse, ein Raum, keine Gruppenräume, keine Fachräume, kein zusätzliches Personal, wenn KollegInnen Methoden an Klassen anpassen, Materialien selbst erstellen, wo Verlage keines bieten, den Mangel überbrücken, indem sie immer wieder aufs Neue kreative Lösungen suchen.
Dazu hätten Lehrkräfte sicher erheblich mehr Luft und auch Lust, wenn sie nicht völlig überarbeitet die nächst fehlende Stelle an der Schule überbrücken, die nächste Aufsicht, die nächste Klassenleitung, die nächste Fachleitung, die nächste Beauftragung übernehmen müssten, die nächste Abordnung fahren oder einweisen, die nächste ungelernte Kraft instruieren und Materialien für weitere Stunden zusätzlich zum üblichen Deputat bereitstellen. Da fehlt einem schlicht die Kraft und die Zeit am Tag, zusätzlich innovativ zu werden, womit der Beruf selbst einen Teil seines Reizes verliert. Wer wird denn Lehrkraft, um den Mangel zu verwalten? Das Land täte gut daran, seine Schulen flächendeckend besser auszustatten und Lehrkräfte zu entlasten, wenn es Wert auf guten Unterricht und Initiativen legen möchte.

Dieses Engagement im Kleinen, die Innovationen in einzelnen Schulen werden gar nicht gesehen. Alles Neue muss sich der Kritik der Umgebung stellen, die Althergebrachtes kennt, es muss direkt überzeugen und den Mehrwert erkennen lassen, in einem Kollegium und einer Elternschaft, die sich nicht speziell für ein innovatives Projekt unter herausragender Ausstattung melden, in einer Umgebung, die den Mangel verwaltet und dennoch Unterricht samt Förderung und Herausforderung bewerkstelligt.
Das alles wird nicht gefördert, keine Exzellenzinitiative, die Ansätze aus Schulen sammelt oder wahrnimmt oder Lehrkräften an der Basis die notwendigen Entlastungen schafft, um Projekte voranzubringen. Darum sollte man jedoch nicht den Schluss ziehen, dass es diese Innovationen gar nicht gibt. Auch das ist außerunterrichtliche Arbeit des Alltags, die nicht anerkannt und nicht entsprechend entlohnt wird.(vgl. z.B. Norwegen, die, staatlich finanziert, durch Lehrkräfte eine Datenbank digitaler Materialien aufbaut).
Es gibt unzählige Lehrkräfte, die ohne Entlohnung solche Veränderung bewirken, die sich mühsam an staatlichen Schulen den Weg mit der Eingangsklasse und jahrgangsübergreifendem Lernen erschlossen haben, die täglich Kinder anderer Herkunftssprache alphabetisieren und Grundkenntnisse vermitteln, die Inklusion quer durch alle Unterstützungsbedarfe in ihren Klassen der staatlichen Schulen leben.
An welcher Stelle würdigt das Land das Engagement dieser vielen Lehrkräfte, nutzt ihr professionelles Wissen und Können und unterstützt diese Initiativen? Ich kann es nicht im Kleinen und nicht im Großen erkennen, dass den Ländern derzeit im Bildungsbereich die Finanzierung des Allernötigsten gelingt, von Entlastung oder Unterstützung bei besonderen Herausforderungen oder zur Entwicklung von Unterricht im Alltag ganz zu schweigen.

Das Land gängelt die staatlichen Schulen mit vielen Vorgaben und spart sich die reguläre Ausstattung, die nicht einmal die Pflichtstunden mit Lehrkräften besetzt und von einer Ausstattung mit Mikroskopen oder Tablets für die Klassen oder zusätzlichen Räumen und kleinen Lerngruppen nur träumen lässt, ein Traum bleiben dann auch entsprechende Umsetzungen im Unterricht.

Gleichzeitig finanziert das Land Projekte, die zeigen, wie viel besser es sein könnte, wenn die Ausstattung besser wäre. Seht her! So toll kann Unterricht sein, wenn sich wirklich alle Mühe geben. Alle. Das schließt das Land selbst mit ein.

Ich empfinde es immer wieder als Schlag ins Gesicht derer, die sich an staatlichen Schulen engagieren, Kinder, Eltern und Lehrkräfte.

Klugscheisser
2 Jahre zuvor
Antwortet  Gitta Meichsner

Es ist zu teuer, alle Schulen so zu pampern.
Es wird einfach ein Prestigeprojekt gestartet, und keiner weiss wie kange das Geld dafür reicht. Ich vermute, dass das Projekt nach zwei Jahren leise wieder versandet und keinerlei Welleneffekt auf andere Schulen haben wird.

Palim
2 Jahre zuvor
Antwortet  Klugscheisser

Sie sind bereits im 2. Jahr und haben ja Unterstützung von Land, Stadt, Uni…, hochkarätigem Kuratorium, jemand, der IT und Werbung übernimmt etc.
Das ist anders als bei anderen Projekten, die sich über mehrere Jahre selbst finanzieren müssen.

Elly
2 Jahre zuvor

Ein Schritt in die richtige Richtung! Pädagogik geht auch ohne Angst und Zwang. Kinder lernen naturgemäß gerne. Ich freue mich, dass es dieses Projekt gibt, obwohl ich glaube, dass es Jahrzehnte dauern wird, bis man in Deutschland fähig ist, Schüler (und Schulbeteiligte) auf Augenhöhe zu sehen.

BB
2 Jahre zuvor

Ich glaube, genau darum geht es. Genau das wollte Palim ausdrücken. 20 Prozent der Kinder sollen aus mehrsprachigen Familien kommen.
Ist das die Realität. In meinen Klassen habe etwa 50% Schüler mit Migrationshintergrund, 1-3 Schüler mit Lernstörungen, 3-5 Kinder aus Familien, wo das Jugendamt schon einbezogen werden musste. Das ganze bei einer Klassenstufe von 24 bis 26 Schülern. Ich würde mir wünschen, dass genau an einer Schule wie unserer, 1000Schüler im sozialen Brennpunkt der Stadt, solche Projekte durchgeführt werden. Dann und nur dann, wenn sie auch hier funktionieren, kann dieses Projekt ein Wegweiser für eine längst fällige Bildungsreform sein. Solange solche Projekte jedoch Bedingungen erhalten von denen wir alle nur träumen können, freue ich mich für diese Kinder und wünsche ihnen viel Spaß beim Lernen-aber nicht mehr. Den Glauben, dass solche Projekte in der Masse umgesetzt werden, habe ich schon lange aufgegeben. Dafür gab es schon zu viele solcher Projekte. Warum wurden sie nicht nach erfolgreicher Erprobung umgesetzt? Diese Frage kann sich jeder selbst beantworten.

Palim
2 Jahre zuvor
Antwortet  BB

Ja, danke,
das Land kann doch gleich dort beginnen, wo der Lehrkräftemangel am höchsten ist. Dann werden dort die Teams aufgestockt und die Arbeitsbedingungen erheblich verbessert. Im folgenden Jahr geht es an den Schulen weiter, deren Stellen nicht besetzt werden konnten.
Das wird dann eine Leuchtfeuer-Kette, die sich quer durchs Land zieht und zuerst dort Verbesserungen bringt, wo die Not am größten ist.

Und weil das Land es gut unterstützen möchte, gibt es Möglichkeiten der digitalen Vernetzung und des Austausches unter den einzelnen Schulen, deren Probleme vielfältig, aber eben oft auch gleich oder hausgemacht sind: kein Personal, keine Räume, keine Ausstattung, keine Zeit
Man darf ja Träume haben…

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  BB

Nur 20% mehrsprachige Kinder sind unrealistisch wenig, weil der bundesweite Migrantenanteil in jeder Altersgruppe bis unter 45 Jahren höher ist, bei schulpflichtigen Kindern sind wir bei über einem Drittel, Vorschulkinder nähern sich den 40%, Tendenz vermutlich immer weiter steigend. In Großstädten sind wir bei weit über 50%, nur auf dem Land dürften die 20% an den Gymnasien noch erreichbar sein, an jeder anderen Schulform sind es mehr. Daraus folgt unmittelbar, dass der Schulversuch alles mögliche ist, aber nicht auf die Realität übertragbar.

Alla
2 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

Was heißt eigentlich ‚mehrsprachig‘?
An Nicht-Brennpunktschulen sieht es in einer Klasse schon mal so aus:
55% der Kinder sprechen zu Hause ausschließlich Deutsch.
20% der Kinder sprechen zu Hause überhaupt kein Deutsch.
25% der Kinder wachsen 2-sprachig auf, da ein Elternteil noch überwiegend Polnisch, Russisch, Vietnamesisch, Japanisch, Englisch, Dänisch, Französisch, Serbisch, Thai oder Spanisch spricht. Diese Kinder sprechen dann 2 Sprachen, sind also ‚mehrsprachig‘, sind aber eben auch des Deutschen zu 100% mächtig.
‚Mehrsprachig heißt also erst einmal gar nichts.

Julia
2 Jahre zuvor

Statt hier ewig viel Zeit mit dem Lecken der eigenen Wunden zu verbringen oder einzuwenden, warum was wie nicht geht, zu meckern und zu klagen- Kollegen und Kolleginnen, packt an und bringt euch ein. Besser wissen reicht nicht, besser tun. Es gibt genug Gelegenheiten. Jetzt.

Palim
2 Jahre zuvor
Antwortet  Julia

Erwarte Sie morgen früh um 7.20 Uhr unter 2G+ am Haupteingang zur unentgeltlichen Projekterfahrung im sozialen Brennpunkt.
Bitte bringen Sie ausreichend Zeit mit, der Arbeitstag umfasst flexible 10-12 Stunden.

Julia
2 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Qed!

Lera
2 Jahre zuvor
Antwortet  Julia

Tschakka!

Yeah!

Carpe diem!

Probleme sind dornige Chancen!

Strukturen, Systeme und Ressourcen gibt es nicht.

Wenn was falsch läuft: Du bist schuld!

Optimiere dich!

Mach ne Fortbildung!

Julia
2 Jahre zuvor
Antwortet  Lera

Qed!

Klugscheisser
2 Jahre zuvor
Antwortet  Julia

Qed bringt einem keine weitere Zeit und Personal für Umsetzung. Schön, dass Sie den totalen Überblick über das faule Lehrervolk haben, und ja, klar…
Ich schreibs schon selbst…

QED…
Nennt man auch Totschlagargumente.

GB
2 Jahre zuvor

Vielleicht sollten sich einige erstmal genauer mit dem Versuch befassen, diese Schule wird eben nicht mit Mitteln oder Personal zugeschüttet, vielmehr sind die zu großen Teilen ebenso schlapp finanziert wie jede staatliche Schule und auch das Personal wird zugeteilt wie an staatlichen Schulen. Einzig die Uni im Rücken ist ein größerer Bonus, der gewisse Vorteile bietet, aber eher wissenschaftlicher als finanzieller oder personeller Natur.

Meiner Auffassung nach macht v.a. das Personal die Sache aus. Das ist in meiner Einrichtung nicht anders und wir arbeiten ebenfalls mit freien Konzepten und neuen Formaten und da geht viel wenn man denn nur will. Mit meckern kommt man aber nicht weit – letztlich muss man sich entscheiden, will ich wirklich was ändern oder das mehr oder weniger bequeme Standard-Programm eines Lehrers führen?! Dank darf man übrigens nicht erwarten, wer darauf wartet sollte es wohl lassen.

Palim
2 Jahre zuvor
Antwortet  GB

„ Vielleicht sollten sich einige erstmal genauer mit dem Versuch befassen, diese Schule wird eben nicht mit Mitteln oder Personal zugeschüttet,“

Ich bin beeindruckt, wenn an allen Schulen in Sachsen eine gute, vollständige Lehrkräfteversorgung bereitgestellt wird, flächendeckend in jeder Lerngruppe zusätzlich eine ausgebildete Erzieherin sitzt, es BuFDis gibt, Sozialpädagogen und einen Laptop für jedes Kind ab Klasse 3.
Mir war so, als hätte ich auch aus Sachsen über Lehrkräftemangel und Protestaktionen vor dem Landtag gelesen. Sollte ich das verwechselt haben?

Und bevor Neid unterstellt wird:
Darum geht es nicht. Es geht schon vorab darum, was @Realist oben deutlich dargestellt hat:
Am Ende wird erwartet, dass andere Schulen mit 50% Lehrkräfte-Versorgung, zuhauf Ämtern ohne Entlastung, ohne Fachräume und IT-Abteilung das leisten, was hier mit viel Personal und Unterstützung über Jahre in Ruhe wachsen kann. Ja, da ist viel Engagement. Das aber gibt es an anderen Schulen auch.

Lehrkräfte, denen es einfach nicht gelingen mag, die individuellsten Lernzugänge zu ermöglichen, werden als „faul“ oder „unqualifiziert“ oder „unwillig“ dargestellt, da können sie noch so innovativ sein oder über Jahre Schule und Schülerschaft im Brennpunkt retten wollen, allen Widrigkeiten zum Trotz.

Politik macht es sich seit Jahrzehnten zu einfach, auf „die Schulen“ und „die Lehrkräfte“ zu zeigen, alles Mögliche von „den Schulen“ zu fordern, dabei die zwingend notwendige Unterstützung zu vernachlässigen, aber bei Leuchtturmprojekten auf dem Foto zu glänzen.
Lasst euch doch auch mal am anderen Ende der Fahnenstange blicken, macht ein Foto in der Schule mit der niedrigsten Lehrkräfteversorgung, dem höchsten Unterrichtsausfall, dem höchsten Anteil an Zusatzbedarfen, der zum xten Mal mangels Lehrkräften gestrichen wurde, lächelt dort in die Kamera und sagt ehrlich: Auch an diesem Standort haben wir es nicht geschafft, die staatliche Schule in den vergangenen Jahren mit dem Allernotwendigsten auszustatten. Doch obwohl wir unseren Teil nicht eingehalten haben, sind Eltern, Schüler und Lehrkräfte daran an den meisten Tagen nicht verzweifelt, sondern haben das Unmögliche möglich gemacht, Kinder gebildet und erzogen. Deshalb garantieren wir in den kommenden 10 Jahren an dieser Schule einen Personalschlüssel von 120%, ersetzen zudem unbürokratisch innerhalb von 14 Tagen jeden Ausfall und finanzieren auch zusätzliches Personal in Stundenhöhe des halben Lehrkräfte-Deputates, damit diese Schule sich vom Mangel erholen und dann wieder an ihren Stärken wachsen kann.

Universitätsschule Dresden
2 Jahre zuvor

Tatsächlich hat sich in den letzten 100 Jahren sehr wenig am öffentlichen deutschen Schulsystem geändert. An Schulen in freier Trägerschaft gibt es aber inzwischen viel Erfahrung mit reformpädagogischen Ansätzen, an anderen Schulen den erfolgreichen Einsatz von digital gestütztem Lernen.
Die Universitätsschule Dresden ist genau aus diesem Grund an den Start gegangen: gemeinsam mit den Forscher:innen der TU Dresden will der öffentliche Schulversuch als #SchuleFürAlle zeigen, wie die #SchuleDerZukunft funktionieren kann – mit einem Ansatz, der jede Schülerin und jeden Schüler in den Mittelpunkt stellt und das in kooperativen Lernprozessen. Das gelingt z.B. mit dem Einsatz der Lern- und Schulmanagement-Software und einem Professionsverständis als Lernbegleiter:innen bei den Lehrkräfte und Erzieher:innen.

Die Erkenntnisse aus dem Schulversuch Universitätsschule Dresden wollen zur Modernisierung der Schulen und der Lehrkräfteausbildung beitragen. Das Projekt steht nach 3 Jahren noch am Anfang, aber es gibt schon erste Veröffentlichungen und viele Interviews, in denen die Leiterinnen Auskunft geben.

Die Universitätsschule Dresden ist als öffentliche Schule eine Schule für alle, die den Bevölkerungsdurchschnitt abbilden will. Deshalb ist es auch wichtig, dass es sich um eine Schule in städtischer Trägerschaft ohne Schulgebühren handelt.
Bei der Auswahl der angemeldeten Schülerinnen und Schüler hilft ein Algorithmus, der eine repräsentative Gruppe als Durchschnitt der Bevölkerung, auswählt. Das geht nur, weil die Eltern aus Dresden und dem Umland sehr großes Interesse haben.
Auf der TU Dresden-Seite informiert das Forschungsteam über die Zusammensetzung der Schüler:innenschaft nach den Eigenschaften Geschlecht, Förderbedarf & Mehrsprachigkeit, Bildungs- & Berufsabschlüsse der Eltern: https://tu-dresden.de/gsw/unischule/forschung-an-der-universitaetsschule#section-4

An der Universitätsschule Dresden ist das Lernen mit starkem Lebens- und Arbeitsweltbezug ein wichtiger Bestandteil des Konzepts. Das wird einerseits im gebundenen Ganztag ohne Trennung von Hort und Schule umgesetzt, wenn viele Partnerorganisationen (bald hoffentlich wieder mehr, wenn externe Partner wieder in die Schule kommen können) in Ganztagsangeboten relevante Lerninhalte und Methoden vermitteln; andererseits ist mit der Jugendschule in der Oberschule im Schuljahr 2021/22 ein gemeinsames Projekt mit dem Institut für Institut für Berufspädagogik und Berufliche Didaktiken der TU Dresden gestartet: https://tu-dresden.de/gsw/forschung/projekte/unischule/news/selbstaendigkeit-arbeit-orientierung-start-der-jugendschule-universitaetsschule-dresden

Lernstandsmessung ohne Noten und Vergleichbarkeit mit anderen Konzepten – geht das?
Auch das will der Schulversuch empirisch herausfinden. An wenigen anderen Schulen wird so genau hingesehen, ob das Konzept funktioniert. Die Unischule will ja die Frage beantworten, wie Lernen für alle Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihren Ausgangsvoraussetzungen gelingen kann. Noten und Zeugnisse sind zwar auf den ersten Blick ein leicht vergleichbarer Maßstab, aber auf den zweiten doch sehr subjektiv. Seit dem Schuljahr 2020/21 gibt es eine Notenbefreiung und statt Zeugnissen einen individuellen Entwicklungs- und Fortschrittsbericht, der sich direkt an die Schülerinnen und Schüler richtet, ihnen zeigt: Was kann ich schon?
In der Lern- und Schulmanagement-Software werden u.a. die individuellen Lernpfade abgebildet. Das Erstellen eines Ziffernzeugnisses bei Schulwechsel oder Abschluss ist jederzeit möglich.
Dieser Artikel erkärt das ausführlicher: https://tu-dresden.de/gsw/forschung/projekte/unischule/news/lernen-ohne-noten-universitaetsschule-dresden-360-schueler-starten-ins-schuljahr
Digital gestütztes Lernen – bedeutet das ganz ohne Bücher?
Es gibt eine Schulbibliothek als gemeinsames Projekt mit den Städtischen Bibliotheken Dresden – ehrenamtlich betreut durch die wunderbaren Leselotsen. In dieser Bibliothek sind ganz unterschiedliche Bücher vorhanden, denn an der Unischule gibt es keine Lehrbücher. Die Schülerinnen und Schüler lernen den Umgang mit ganz unterschiedlichen Quellen – analog und digital – und erstellen viele Lernmaterialien auch selbst: Die Ergebnisse der Projektarbeit können auch Modelle und Artikel sein. Diese sind dann für die Mitschüler:innen verfügbar.

Zeitgemäße Schule in einem DDR-Plattenbau? Wie sieht das aus?
Der Raum als „3. Pädagoge“ hat einen großen Einfluss auf das Lernen. An der Unischule gibt es weniger Tische und Stühle, dafür können sich die Schüler:innen in Absprache mit den Lernbegleiter:innen im Gebäude an verschiedenen Orten aufhalten. So wird der Platz, der wahrscheinlich in allen Schulen knapp ist, ganz unterschiedlich genutzt und dadurch „größer ohne größer zu werden“.
Tatsächlich platzt das Gebäude schon jetzt aus allen Nähten und die Schule kämpft um ein zeitgemäßes Lernhaus. Mehr Details dazu finden Sie auf de Webseite universitaetsschule.org/lernhaus und unter #LernhausUnischule #PixelSpenden.

Kurzportrait und Links zur Universitätsschule Dresden
Der gemeinsame Schulversuch Universitätsschule Dresden von Landeshauptstadt Dresden und Technischer Universität ist eine öffentliche und kostenfreie Grund- und Oberschule in städtischer Trägerschaft, an der unter wissenschaftlicher Begleitung innovative Formen des Lehrens und Lernens erprobt werden. Darüber hinaus ist sie Ausbildungsschule für zukünftige Lehrkräfte und künftig auch Weiterbildungsschule für Lehrer:innen.

Informationen zum Forschungsprojekt an der TU Dresden: https://tu-dresden.de/gsw/unischule
Informationen zur Universitätsschule Dresden: https://universitaetsschule.org

Auf verschiedenen Social-Media-Kanälen finden Sie unter @unischuleTUD Einblicke in den Schulalltag und das Forschungsprojekt:
https://facebook.com/unischuleTUD
https://twitter.com/unischuleTUD
https://youtube.com/unischuleTUD
https://instagram.com/unischuleTUD
https://linkedin.com/groups/8932369

Palim
2 Jahre zuvor

„Tatsächlich hat sich in den letzten 100 Jahren sehr wenig am öffentlichen deutschen Schulsystem geändert.“

Tatsächlich?

Allein in den letzten 20 Jahren hat sich sehr vieles verändert, davor auch schon. Kooperative und offene Lernformen gehören in den Alltag einer jeden Schule. Die Schulen setzen um, was die Gesellschaft ihnen aufträgt. Digitale Angebote gibt es in vielen Schulen, wenn auch nicht umfassend und unterstützt genug. Noch stärker geht es um die Integration von Kindern anderer Herkunftssprachen und unterschiedlicher Vorbildung ebenso wie um die Umsetzung der Inklusion unterschiedlichster Unterstützungsbedarfe im Alltag der öffentlichen Schulen. Eingangsstufen haben ebenso dazu beigetragen wie die Umsetzung des Ganztages, wenn auch noch immer nicht an allen Standorte (KMK-Statistik 2018/19: 67,8 %), oder Ansätze der Reformpädagogik, die in den Schulen und Klassenzimmern in unterschiedlicher Ausprägung umgesetzt werden und ja, auch mit dem Raum als vorbereiteter Umgebung oder 3. Pädagoge – im Rahmen der vom Schulträger finanzierten und innerschulisch daraus resultierenden Möglichkeiten bei bis zu 30 und mehr Lernenden in einem Raum. Es gibt Gesamtschulen mit und ohne Notengebung, Berichtszeugnisse bis Klasse 7 oder mehrseitige Zeugnisse mit Kriterien. Bundesländer haben in manchen Jahrgangsstufen die Förderschulen bestimmter Schwerpunkte aufgehoben, um alle Kinder in den Regelunterricht zu integrieren, manchmal gibt es Kooperationen, andernorts bestehen die Förderschulen nebenher, aber jedes Kind kann an nahezu jede Regelschule wechseln. Die Schullandschaft ist vielfältig und bietet in weiterführenden Schulen in manchen Bundesländern bis zu 7 unterschiedliche Schulformen. (https://www.bpb.de/fsd/schulformen/schulformen.html)

Die Behauptung, es habe sich im öffentlichen Schulsystem wenig getan, ist erneut eine Bloßstellung der Lehrkräfte, die sich über Jahrzehnte vielfältig und vielfach in den staatlichen Schulen engagiert haben. Schule ist eben nicht wie vor 100 Jahren und Lehrkräfte verstehen sich auch nicht so, wie um 1922. Wie nur kommen Sie darauf? Es ist beschämend, von jemandem, der einer Uni und der Pädagogik nahe steht, eine solche Aussage zu lesen, die Lehrkräfte aller Schulen diskeditiert.

„Die Erkenntnisse aus dem Schulversuch Universitätsschule Dresden wollen zur Modernisierung der Schulen und der Lehrkräfteausbildung beitragen.“

Genau darin besteht die bereits genannte Kritik: Derartige Schulversuche unter besten Voraussetzungen schaffen Begehrlichkeiten und Erwartungen, die nachfolgend als Optimierung ohne Ressourcen an staatlichen Schulen verordnet werden.

Woher die Sorge kommt? Die Anforderungen der letzten Jahre zeigen deutlich, dass Schulentwicklung und das Einbinden und Umsetzen neuer Aufgaben ohne jeglichen Ausgleich erfolgen muss. Mir ist kein Bundesland bekannt, in dem es Entlastungen für Lehrkräfte gibt, die sich hinsichtlich der Digitalisierung, der Integration und Inklusion und anderem mehr engagieren und neue Wege gehen, täglich im ganz normalen System diese Aufgaben an ihren Schulen übernehmen.

Da Sie noch am Anfang stehen, berücksichtigen Sie doch bei Ihren Forschungen jegliche Zuwendung und jegliche Unterstützung und benennen Sie diese klar und deutlich, machen Sie sie transparent, statt sie hinter Sätzen wie „Die Schule erhält die übliche Zuwendung an Lehrpersonal“ zu verstecken, wissend, dass der Schulalltag im Schulversuch durch weiteres Personal im Klassenraum wie auch außerunterrichtlich Unterstützung erfährt.

Schreiben Sie auf, was es braucht, um Schule auf einen guten Grund zu stellen und Veränderungen zu erwirken. Legen Sie offen, wo die gesammelten Spenden bleiben und in welchem Umfang sie auch im Alltag der Schule sinnbringend eingebracht werden. Stellen Sie dar, welche Kooperationen am Standort der Unistadt möglich sind und genutzt werden können, die in der Peripherie nicht in erreichbarer Nähe sind. Zählen Sie die Stunden all jener, die an diesem Projekt mitarbeiten und zum Gelingen beitragen, neben Schulleitung und Lehrkräften, wie sonst an staatlichen Schulen, alle anderen die hinzukommen, neben Uni-Dozierenden auch FSJler und BuFDis, Erzieherinnen, Ehrenamtliche, Studierende wie Betreuende, ITler, Administrierende, Unterstützende der Fördervereine, Medienbetreuende, uvm. und beziffern Sie diesen Aufwand.

Und wenn es schon um Forschung und Vergleich geht: Suchen Sie sich eine andere Gemeinschaftsschule, gerne weit ab der Stadt, im gleichen Bundesland mit gleichen Vorgaben in den gleichen Jahren und – wie von mehreren hier angesprochen: im Brennpunkt und mit Lehrkräftemangel. Diese Schulen gibt es auch in Sachsen. Werten Sie aus, wie viel Arbeitsaufwand dort betrieben wird, um im ganz normalen staatlichen Rahmen den Schulalltag zu bewerkstelligen, ohne Uni im Rücken, ohne offene Türen beim Schulträger, ohne Spenden im Millionenbereich, ohne Eltern, die sich aktiv und bereitwillig um die Teilnahme an einem außergewöhnlich gut ausgestatteten Schulprojekt bewerben, …

Bedenken Sie bei jeder Veröffentlichung: Jede Aufgabe, die zusätzlich erwartet wird, übernimmt in der staatlichen Schule eine Lehrkraft zusätzlich zu ihrem Deputat und zusätzlich zu den schon jetzt zu hohen außerunterrichtlichen Aufgaben.

Natürlich ist es sinnvoll, Schule zu entwickeln.
Natürlich ist es sinnvoll, die Entwicklung von Schule durch Ressourcen zu unterstützen.
Diese muss dann aber bekannt und benannt sein und sollte jeder weiteren Schule ebenso zuteilwerden.

Und es ist und bleibt falsch, anderen Schulen die Entwicklung von 100 Jahren (!) abzusprechen, selbst wenn ihnen die Förderung und Aufmerksamkeit versagt bleibt.

Alla
2 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Danke @Palim,
dass Sie darauf hinweisen, dass sich in den letzten 100 Jahren schon viel verändert hat, auch ohne großzügige Unterstützung!
Ich bin immer wieder schockiert, wie das Engagement der vielen Lehrkräfte, die sich immer wieder auf neue Aufgaben einlassen, ohne Unterstützung von Unis (Software/Studenten) und Millionenspenden, kleingeredet wird!
Jede (Grund)Schule bringt tolle Projekte auf den Weg, Musical/Theater-AGs, Chöre, Geschichtsprojekte, Mathe-Knobel-AGs, Natur- und Umweltprojekte, und das Ganze ganz ohne finanzielle und personelle Hilfen! Nur mit „Bordmitteln“ ( dem Lehrerpotemonnaie) und trotz katastrophaler personeller Unterbesetzung.
Es macht mich sprachlos, dass das alles nicht zählt, nur weil die einzelnen Lehrer die Werbung nicht auch noch stemmen können.

Realist
2 Jahre zuvor
Antwortet  Alla

Eine Schule, die sich alleine auf den Weg macht, also keine offizielle „Leuchtturmschule“ mit wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Unterstützung ist, kann aus Sicht der universitärischen Forschung nur unvollkommen sein, denn sie verfehlt das wichtigste Kritierium: Sie schafft keine Arbeitsplätze für universitäre Forschungsgruppen.