Website-Icon News4teachers

Bündnis fordert einklagbares Recht auf digitale Bildung – VBE meint: unnötig

Anzeige

BERLIN. In der Corona-Krise hieß es an vielen Schulen in Deutschland: keine Laptops, keine Tablets und auch keine Konzepte. Ein Bündnis aus Schülerinnen und Schülern, Eltern und Digitalwirtschaft fordert nun ein einklagbares Recht auf digitale Bildung über die Pandemie hinaus. Der VBE hält das für unnötig – und verweist auf das Bundesverfassungsgericht.

Die Digitalisierung in Deutschlands Schulen hat im vergangenen Jahr einen kräftigen Schub bekommen, ist aber noch lange nicht abgeschlossen. Foto: Shutterstock

Ein breites Bündnis aus Bundesschülerkonferenz, Bundeselternrat und dem Digitalverband Bitkom fordert ein Recht auf digitale Bildung. Der Anspruch auf digitale Teilnahme am Schulunterricht und weiteren Bildungsangeboten müsse einklagbar sein, erklärten die drei Organisationen in Berlin. «Dafür bedarf es auch keiner Änderung des Grundgesetzes», sagte Bitkom-Präsident Achim Berg. Das Recht solle sich nicht nur auf den Schulbetrieb beziehen, sondern auch auf Hochschulen und Weiterbildungsangebote.

«Es existieren keine bundesweiten Mindeststandards und auch ein langfristiges Finanzierungskonzept fehlt»

Berg verwies darauf, dass Kinder und Jugendliche einen Anspruch auf schulische Bildung haben. «Die Realität in der Pandemie sah anders aus: Statt Distanzunterricht gab es in vielen Fällen überhaupt keinen Unterricht. Es existieren keine bundesweiten Mindeststandards und auch ein langfristiges Finanzierungskonzept fehlt.» Es gehe nicht darum, den Schulbesuch vor Ort zu ersetzen, sondern mit einem zusätzlichen Angebot zu flankieren. «Schülerinnen und Schüler haben auch dann ein Recht auf Bildung, wenn sie krank sind oder aus anderen Gründen nicht am Unterricht teilnehmen können», sagte Katharina Swinka, Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz.

Anzeige

Christiane Gotte, Vorsitzende des Bundeselternrates, beklagte, dass es während der Pandemie nicht nur an technischer Ausstattung gefehlt habe. «Es waren auch keine pädagogischen Mindeststandards für den Distanzunterricht festgelegt. Somit konnte in Deutschland kein flächendeckend qualitativ hochwertiger Distanzunterricht stattfinden.» Ziel müsse es sein, Defizite gar nicht erst entstehen zu lassen. «Dazu kann ein Recht auf digitale Bildung unbedingt beitragen, in dem Teilhabe im Vorfeld sichergestellt wird, wo Präsenz nicht möglich ist, nach der Pandemie zum Beispiel durch digitale Beschulung bei Unterrichtsausfällen und Krankheit.»

Ein vom Bitkom in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten der Sozietät Redeker Sellner Dahs kam zum Ergebnis, dass für ein Recht auf digitale Bildung weder Grundgesetz noch Landesverfassungen geändert werden müssten. Die Vorgaben des Grundgesetzes stünden dem neuen Anspruch nicht entgegen, sofern der Grundsatz des Präsenzunterrichts nicht infrage gestellt, sondern ergänzt werde. Auch das Bundesverfassungsgericht habe im Kontext der Pandemie-Schutzmaßnahmen so argumentiert und ein Recht auf digitale Bildung befürwortet. «Aber außerhalb der Pandemiesituation gibt es das Recht bislang nicht», sagte Gutachter Cornelius Böllhoff.

«Ich bin der Auffassung, dass wir einen eigenen Rechtsanspruch auf digitale Bildung nicht brauchen»

Die drei Organisationen sprachen sich einhellig dafür aus, die Umsetzung des Digitalpakts Schule zu vereinfachen. Schulen und Schulträger scheiterten oft an den bürokratischen Hürden, vor allem an der geforderten Erstellung von komplizierten Medienplänen. Rund drei Jahre nach dem Start des Programmes für die Digitalisierung von Deutschlands Schulen sind nur rund 1,2 von mittlerweile 6,5 Milliarden Euro abgeflossen.

«Ich bin der Auffassung, dass wir einen eigenen Rechtsanspruch auf digitale Bildung nicht brauchen», erklärte VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann. «Entscheidend ist der grundsätzliche Rechtsanspruch auf Bildung, den das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung zu den Schulschließungen während des Lockdowns ausgestaltet hat. Es muss geklärt werden, was ‚gute‘ Bildung bedeutet beziehungsweise, wie es das Bundesverfassungsgericht formuliert, was den ‚unverzichtbaren Mindeststandard von Bildungsangeboten‘ kennzeichnet. Dieser Standard hat dann für alle Bildungsangebote zu gelten, egal ob analog oder digital.»

Ohne Frage brauche es eine «flächendeckende, nachhaltige und alle relevanten Aspekte mitdenkende fortschreitende Digitalisierung» von Schule. Beckmann: «Viel zu viele Ungleichheiten und Bildungsungerechtigkeiten hat die Pandemie unter das Brennglas gerückt. Unverzichtbare Standards, wie es das Bundesverfassungsgericht nennt, haben dann auch für die digitale Bildung zu gelten, und zwar in allen Dimensionen, bei Technik, Infrastruktur, Pädagogik und Didaktik genauso wie bei digitalen Anwendungen und (Weiter-)Bildungsangeboten für Lehrkräfte. Nur so lässt sich qualitativ hochwertige digitale Bildung für Schülerinnen und Schüler realisieren.» News4teachers / mit Material der dpa

Hintergründe zum BVG-Urteil: Warum Schulen geschlossen werden durften

Anzeige
Die mobile Version verlassen