Familienministerin Paus: Kalte Progression erhalten – den Kitas zuliebe

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Bundesfamilienministerin Lisa Paus hat die Pläne von Finanzminister Christian Lindner zur Abschaffung der sogenannten kalten Progression bei der Einkommensteuer kritisiert. «Die Abschaffung der kalten Progression nützt vor allem den Top-Verdienern und ist eben kein geeignetes Instrument, um Familien in unteren und mittleren Einkommen zielgenau zu unterstützen», sagte die Grünen-Politikerin der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Sie plädiere klar dafür, «die Finger von der kalten Progression zu lassen und andere Hebel für zielgerichtete Unterstützung, wie ein höheres Kindergeld, anzusetzen».

Legt sich mit dem Finanzminister an: Bundesfamilienmnistrerin Lisa Paus. Foto: Foto: Laurence Chaperon / Bundesregierung

Als kalte Progression bezeichnet man eine Art schleichende Steuererhöhung, wenn eine Gehaltserhöhung durch die Inflation aufgefressen wird, aber dennoch zu einer höheren Besteuerung führt. FDP-Chef und Finanzminister Lindner hat die Beseitigung dieses Effekts als Ziel ausgegeben.

Paus warnte, dies würde zu Mindereinnahmen vor allem bei Ländern und Kommunen «in zweistelliger Milliardenhöhe» führen. «Das schwächt insbesondere die Mittel für Kitas, Erzieherinnen und Erzieher oder den günstigen Nahverkehr», sagte sie. Die aktuelle Krise habe eine Dimension, die vom Staat nicht komplett ausgeglichen werden könne. «Wichtig ist, dass wir diejenigen unterstützen, die existenziell bedroht sind. Das sind vor allem einkommensschwache Familien und Rentnerinnen und Rentner.»

Die Hartz-IV-Regelsätze, das Kindergeld und das Wohngeld müssten erhöht werden. «Auch den Kinderzuschlag für Familien, die aufstocken müssen, können wir erhöhen», sagte Paus. Die Ministerin plädierte für eine «relevante Erhöhung des Kindergeldes». Davon würden auch Familien mit mittlerem Einkommen sehr profitieren. «Das halte ich für das bessere Instrument. Es geht nicht um eine Einmalzahlung, sondern um eine dauerhafte Erhöhung des Kindergeldes.»

Lindner hatte neben dem Vorstoß zur kalten Progression auch Vorschläge für einen höheren Grundfreibetrag und eine Erhöhung des Kindergelds angekündigt. News4teachers / mit Material der dpa

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4 Kommentare
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Teacher Andi
1 Jahr zuvor

Was hat jetzt die kalte Progression mit der Finanzierung der Kitas zu tun? Es kann doch wohl nicht sein, dass alle Arbeitnehmer, die eh schon horrende Abgaben zahlen, für die Kitas aufkommen sollen, die von jungen Eltern in Anspruch genommen wird, damit sie gut dazuverdienen können. Die kalte Progression betrifft tatsächlich nicht nur Reiche, schon in den unteren Verdienstklassen greift diese ungerechte Besteuerung und wurde nie den Teuerungen und Inflationen angepasst. Das muss erfolgen, das ist lange überfällig. Die großen Gehälter werden dadurch nach wie vor stärker besteuert. Also was soll dieser Vorstoß?
Mehr Kindergeld? Wieder mal Gießkanne? Wo landet das Kindergeld? Ist es nicht ein Anreiz für manche Familien, möglichst viele Kinder in die Welt zu setzen, da sie eh vom Staat bezahlt werden? Ich weiß nicht, ob das der richtige Ansatz ist. Die Gelder wären in einer besseren pädagogischen Betreuung besser aufgehoben.
Tut mir leid, das sagen zu müssen, ich hätte mir auch mehr erwartet, aber das ist typisch grün.

Carsten60
1 Jahr zuvor

Die kalte Progression schadet vor allem den mittleren Verdienern. Man muss sich mal die Kurve der Steuerprogression ansehen: Nach dem Grundfreibetrag geht sie von null senkrecht (!!) nach oben und beschreibt dann einen Buckel, bis sie am Ende beim Spitzensteuersatz in die Waagerechte übergeht. Wer den Spitzensteuersatz zahlt, für den ist es egal, wer aber nicht den Spitzensteuersatz zahlt, für den zählt die Progression auf den letzten hinzuverdienten Euro (z.B. auch Urlaubs- oder Weihnachtsgeld oder eben Gehaltserhöhungen).
Jeder normal denkende Mensch würde wohl einen linearen Anstieg favorisieren. Die dem entsprechende Kurve der Steuerprogression (von null bis zum Spitzensteuersatz) könnte man als authentische Modellierungsaufgabe stellen, das geht auch in der Mittelstufe.

vhh
1 Jahr zuvor

Tja, Frau Ministerin, einfach mal die ideologischen Scheuklappen absetzen und überlegen, statt möglichst schnell per Reflex zu reagieren. Seit Jahren werden immer mehr mittlere bis leicht(!) überdurchschnittliche Einkommen durch die Progression stärker belastet als ursprünglich steuersystematisch vorgesehen war. Aber das hat sie scheinbar nicht verstanden oder die Abneigung gegen Lindner (die ich teile) reicht ihr, um jeden FDP-Ansatz abzulehnen. Wie einfach wäre Politik zu vermitteln, wenn nicht jede Idee sofort mit den eigenen Maximalpositionen beantwortet würde.
@Carsten60: Der „Mittelstandsbauch“ existiert im Steuertarif nicht mehr, wir haben zwei verschiedene lineare Bereiche https://www.sozialpolitik-aktuell.de/files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Finanzierung/Datensammlung/PDF-Dateien/abbIII21a.pdf

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  vhh

Natürlich hat die Kurve trotzdem eine Art „Buckel“ nach oben, was dazu führt, dass auch der Durchschnittssteuersatz bei unteren Einkommen besonders schnell steigt (rote Kurve in Ihrem Link). Der Effekt ist ähnlich wie beim klassischen „Mittelstandsbauch“ (den ich gar nicht genannt hatte). Allein der senkrechte Anstieg von null auf 14 % beim Grundfreibetrag sieht pervers aus, der steile Anstieg von 14 % auf 24 % auch. Und der Spitzensteuersatz wird als Grenzsteuersatz schon bei relativ niedrigen Einkommen fällig. Man sollte meinen, dieses „Spitzeneinkommen“ müsse wenigstens 6-stellig sein, es liegt aber noch unter 60000 p.a. Das ist ein Bereich, in den auch Lehrer kommen können.
Der Grenzsteuersatz müsste linear ansteigen von null auf 42 %, dann würde die Kurve für die gesamte zu zahlende Steuer einen leichten Buckel nach unten haben und am Ende linear werden. Wäre das nicht sinnvoll? Als Matheaufgabe ist sowas durchaus mit schulischen Mitteln lösbar.